Die Toechter Egalias
noch ein, er sehe wie ein kleiner Sonnenstern aus. „Liebste, laß doch den Jungen in Ruhe...“ Ja, ja, und jetzt meinte Kristoffer plötzlich, sie behandle die Kinder ungleich. „Ba ist eigentlich ziemlich stark, sogar ziemlich fett. Warum bestehst du nie darauf, daß sie abnehmen soll?“ hatte er gefragt. Da hatte sie es für nötig gehalten, ihren Mann zurechtzu weisen. „Das Aussehen einer Frau spielt doch keine Rolle“, hatte sie ihm erklärt, „wir sagen nie, sie ist hübsch oder häßlich, wir beurteilen eine Frau nicht nach ihrer Figur, reden nie darüber, ob sie zu dick oder zu dünn ist. Das ist eine natürliche Folge davon, daß Frauen schwanger werden und sich ihr Aussehen verändert. Es wäre absurd, Idealmaße für Frauen zu haben.“ Rut beendete die Diskussion mit der Bemerkung, daß Kristoffer, was seinen Sohn betreffe, an einer Art Beschützermanie leide, das sei sein Fehler, sie aber müsse der Realität ins Auge blicken. Und die Realität sei nun einmal, daß dem Aussehen von Frauen eine untergeordnete Bedeutung zukomme.
Eines stand jedoch für Direktorin Bram unweigerlich fest: Wenn Petronius kein Vaterschaftspatronat bekam, mußte er eine Arbeit haben. Dies zwang sie in neue Gedankenbahnen. Was für Chancen hatte eigentlich ein alleinstehender Mann? Die Gefahr, in einem Etablissement zu landen, war bei Petronius allerdings nicht sonderlich groß. Er würde nicht kräftig genug sein. Doch für die Reinigungstrupps würde er sich ausgezeichnet eignen, falls er einfach weiterwuchs.
Rut Bram schlug auf den Arbeitstisch, daß die Platten mit den Haifischen hochsprangen und ihre Zähne in der Nachmittagssonne blitzten. Das durfte nicht passieren. Sie würde, wenn es sein mußte, dafür sorgen, daß Petronius eine anständige Ausbildung erhielt. Eigentlich war Rut Bram eine Frau mit ausgesprochenem Familiensinn. Das hatte sie an diesem Nachmittag an den Schreibtisch getrieben, obwohl sie stapelweise Papier, Anträge und neue Verordnungen für die nächsten Tage hätte durcharbeiten müssen. Es war diese Idee, die sie gehabt hatte, zunächst mehr als Scherz, doch dann als Produkt ihrer schöpferischen Phantasie und jetzt bereits als eine todernste Sache: ein Taucheranzug für Männer. Wenn es schon so verrückt läuft, dachte sie, soll Petronius auch seinen Willen bekommen. Er sollte in die Tiefen des Taucherfachs vorstoßen dürfen! Bis in alle Lagen — dabei ließ sie ein wieherndes Grunzen hören — , um schließlich in die Führungsschicht aufzusteigen. Außerdem wäre das eine Sensation. Würde der Taucheranzug ein Erfolg, könnte sie an dem Patent eine Menge verdienen.
Mit großem Eifer beugte sie sich über ihre Aufzeichnungen. Dam müßte die Kieferstärke und die Schärfe der Zähne des Speerbeißers genauer vermessen. Das war aber noch nie gemacht worden. Dam hatte es nie geschafft, einen absolut beißfesten Speer zu konstruieren, wie sollte dam es dann schaffen...? Diese Aufgabe würde sie lösen. Eine ihrer besten Freundinnen war Truppführerin der sechsten Taucherinnenabteilung. Sie würde wahrscheinlich morgen mit ihren Frauen hinausfahren. „Kristoffer!“ brüllte sie.
„Was ist, meine Liebe? Ich habe den Bart voll Shampoo.“
„Das Telephon! Kannst du mir vielleicht das Telephon bringen?“
„Ich kann jetzt nicht. Ich würde in der ganzen Wohnung Schaum verkleckern.“
„So beeil dich, in Göttins Namen!“ Eine kleine Pause entstand. Bram sah ungeduldig zur Terrassentür.
„Rut?“
„Ja.“
„Auf der Gebrauchsanweisung steht, daß dann die ganze Prozedur umsonst sein würde. Wenn ich jetzt spüle, wird der Bart schön kraus, und ich will doch morgen zum Herrenkränzchen.“ Bram schüttelte den Kopf. Frau Göttin, daß so etwas so wichtig sein konnte! Männern fiel immer soviel Sonderbares ein. Obwohl sie zugeben mußte, daß er mit dem schönfrisierten Bart vorteilhaft aussah — weich und stets wohlriechend. „Schon gut“, rief sie, „ich hole mir das Telephon selbst.“ Sie war natürlich keine unvernünftige Frau. Sie wählte EG 5 und hatte den Herrn von der Vermittlung an der Strippe.
„Ich möchte Lis Ödeschär sprechen, habe aber leider ihre Nummer vertan.“
„Augenblick.“
Bram wartete ungeduldig. Die Herren von der Vermittlung hatten ja auch nicht gerade das Schießpulver erfunden. Der diensttuende Herr hatte trotzdem die Nummer gefunden und die Verbindung hergestellt.
„Herr Cheftaucherin Ödeschär. Ja, bitte?“
„Hallo. Hier ist
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