Die Toechter Egalias
zu sitzen und das Brausen des...“
„Kristoffer, mein ein und alles! Du bist doch ein romantisches Gemüt!“
„Du nicht auch? Ich weiß doch, du bist doch eins. Komm!“ Er griff nach ihrer Hand und wollte sie mit sich ziehen. Er spürte, daß sie zögerte.
„Kristoffer, ich...“
„Sag nur nicht, daß du nicht willst!“
„Kristoffer, ich habe eine Verabredung.“ Sie wußte, daß die Stimmung durch ihre Worte sofort verdorben sein würde. Deshalb blieb sie hart und unnahbar. Sie ließ ihn los. Er sagte nichts. Sie war etwas verärgert. „Du weißt sehr wohl, daß ich es mir nicht leisten kann, einen ganzen Abend freizunehmen.“ Das klang so vernünftig. Jetzt bekam sie den richtigen Märtyrerzug. Sie mußte immer arbeiten, damit es ihnen allen gutging. Nie frei. Nie richtig frei. Das konnte sie sich nicht erlauben. Das mußte er doch verstehen. Er sagte noch immer nichts.
„Diese Idee, ich muß sie erst zu Ende bringen. Es ist für Petronius, weißt du.“ Er drehte sich um und sah ihr direkt ins Gesicht.
„Handelt es sich um den Taucheranzug?“
„Ja.“ Sie schöpfte Hoffnung. Nun verstand er vielleicht, wie wichtig es war.
„Hat deine Verabredung etwas damit zu tun?“
„Ja, genau“, antwortete sie froh und stolz.
„Wird dir Lis dabei helfen?“
„Ja, ich werde sie im Klub treffen.“
Kristoffer ging quer durchs Zimmer, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich aufs Sofa. „Ich habe lange darüber nachgedacht“, sagte er. „Seitdem wir mit Ba und Petronius darüber gesprochen haben. Der PH ist das Problem, nicht wahr?“
„Klar. Das ist eine echte Herausforderung, wirklich.“ Sie wiederholte Lis’ Worte, ohne jedoch sich dessen bewußt zu sein. Sie bewunderte Lis mehr als irgendeine andere. Was sie sagte, war immer goldrichtig.
„Ja”, sagte Kristoffer, „eine Herausforderung.“
„Ein wirklich reißfestes Material zu finden, da liegt das Problem“, meinte Rut aufgeräumt, als könne sie ihren Mann auch wirklich dazu bringen, über das Problem nachzudenken.
„Eine Herausforderung in der Tat“, wiederholte Kristoffer, blies trotzig den Rauch aus und warf den Kopf in den Nacken. „Hast du nie daran gedacht, daß sich das ganze Problem von selber lösen würde, wenn dam einen Taucheranzug ohne PH konstruiert?“
Rut Bram erschrak. Es kribbelte in ihrem Kopf. Sie spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte. Hastig zündete sie sich ein Zigarillo an und lief hin und her. Sie ging auf die Terrasse und blickte auf den Strand hinunter. Die Sonne versprengte ihre Farben am Horizont, und der Himmel war hellblau im Halbdunkel.
„Nein“, rief sie, „nein, daran habe ich nicht gedacht. Und es gibt auch einen Grand dafür, daß ich nicht daran gedacht habe. Einen einzigen Grand, mein kleiner Kristoffer. Ganz einfach, das ist unvorstellbar!“ Sie hatte die ganze Zeit über ziemlich laut gesprochen, doch ihre letzten Worte klangen wie eine Explosion. „Ein Männeranzug wird immer mit PH konstruiert. So ist es immer gewesen und so wird es immer bleiben. Das einzige, was verändert werden kann, ist die Schritthöhe, und das ist eine Modefrage, die von den Modeschöpferinnen in Pax entschieden wird. Das Ding abzuschaffen — und das weißt du genausogut wie ich — kommt niemals in Frage. Egal, ob sich Männer über oder unter Wasser, in der Luft oder unter der Erde befinden. Außerdem wäre es unanständig, Kristoffer. Und das ist schlimmer. Ich möchte meinen Sohn nicht mit diesem Ding da lose zwischen den Beinen baumelnd herumlaufen sehen. Nur über meine Leiche!“
Der Frauenklub „Freiheit“
Der Frauenklub „Freiheit“ lag auf halber Höhe des Plattenbergs, der sich steil aus dem Wasser der Egalsbucht erhob. So hatten die Mitglieder des Klubs eine prächtige Aussicht über den Hafen, die Stadt und die Insel. Im Prinzip konnte jede Mitglied werden. Praktisch jedoch waren die Mitglieder vor allem die Direktorinnen und Unterdirektorinnen der staatlichen Kooperative, Cheftaucherinnen, Taucherinnen, Rektorinnen, Volksvertreterinnen, Forscherinnen, Künstlerinnen und die Leiterinnen der Handelsorganisationen.
Als Rut Bram auf dem Wege dorthin über die Nordbrücke fuhr, hatte sie schlechte Laune. Sie mochte diese Auseinandersetzungen nicht. Kristoffer war ein guter Ehemann. Das wußte sie. Sie wußte, er liebte sie. Und er zeigte ihr, daß er sie liebte. Er interessierte sich für ihre Arbeit, inspirierte sie. Bisweilen arbeitete er sich in das ein, womit sie sich
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