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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Fischerinnen zu durchschauen. Die Intelligenz kam auch in seinen höchst fortgeschrittenen, ja zivilisierten Fortpflanzungsmethoden zum Ausdruck. Wie bei anderen Fischen auch, wurde die Speerbeißernachkommenschaft gezeugt, wenn Rogen und Milch frei im Wasser umherschwammen und sich miteinander verbanden. Das Besondere dabei war jedoch, daß der männliche Fisch über die Brut wachte und dafür sorgte, daß die kleinen Fische heranwuchsen. Er baute ihnen Schlupfwinkel und umsorgte sie mit unablässiger Wachsamkeit. Jedesmal, wenn sich etwas näherte, entblößte er seine drei furchterregenden Zahnreihen, während das Speerbeißerweibchen aus dem trauten Winkel des Heims verschwand, um nach neuen Abenteuern zu suchen. Daraus folgte, daß der Speerbeißer auf einer sehr hohen Entwicklungsstufe stand, weshalb ihn die Wibschen zum intelligentesten Tier der Meeresfauna erhoben und ihn in das Egalsunder Stadtwappen aufgenommen hatten.
    Auf die Dauer war es den Fischerinnen unmöglich, die Nachfrage nach diesem speziellen Leckerbissen zu decken. Es war einfach zu zeitraubend und ging auf Kosten der allgemeinen Fischerei. Kleine, auf den Haifang spezialisierte Taucherinnentrupps ließen sich auf der Insel nieder. Sie wurden von einer der städtischen Handelsgesellschaften finanziert und waren mit sehr kostspieligen Geräten ausgestattet. Die ortsansässige Bevölkerung wurde zur Seite gedrängt. Sie konnte mit den hochspezialisierten Fischerinnentrupps nicht konkurrieren, die auch bald andere Fischarten zu fangen begannen. Die Fischerinnen setzten ihren traditionellen Fang fort und kamen noch einige Jahre damit zurecht. Aber als die Fangergebnisse zwei Jahre hintereinander schlecht ausfielen, mußten viele die Boote an die Handelsgesellschaften verkaufen und die Insel verlassen.
    Die Gesellschaften übernahmen nach und nach den gesamten Fischfang auf Luksus. Das geschah allmählich, fast unmerklich wie eine Art Naturgesetz. Im Laufe von fünfzig Jahren hatten die meisten Fischerinnen die Insel verlassen. Ihre malerisch gelegenen Hütten und ihr Land wurden vom Staat oder den Handelsgesellschaften aufgekauft. Der Staat zog große Wohnkomplexe hoch mit Wohnungen zu abenteuerlichen Mieten, restaurierte in einigen Fällen die alten idyllischen Fischerhütten und vermietete sie zu noch horrenderen Preisen. Die Handelsgesellschaften teilten parzellierte Grundstücke an ihre leitenden Tauchexpertinnen auf. Die bauten schöne einstöckige Villen darauf und bezogen sie mit ihren Familien. Von hier aus organisierten sie ihre großangelegten Speerbeißerzüge, und viele abenteuerlustige Frauen aus der Stadt ließen sich dazu anwerben. Wenige Jahre später wurde die Insel Luksus durch eine Volksabstimmung der Egalsunder Stadtverwaltung angegliedert.

Direktorin Bram und Gatte bei Kabale und Liebe

    Rut Bram saß auf der Terrasse und blickte auf den Kullersteinstrand im Süden. Sie hatte einige große Platten mit delikat angerichtetem Kleinem Speerbeißer vor sich liegen. Ihr Mann hatte ihr auch noch den kleinen Arbeitstisch hinausgestellt. Sie dachte nach.
    Es war der Tag nach dem großen Einführungsball. Petronius war weggegangen, ohne zu sagen, wohin. Aber sicher war er zur Maibucht auf der Westseite gegangen. Das hatte er sich so angewöhnt. Bram war besorgt. Petronius zeigte ein so merkwürdiges Verhalten, ging meist allein und war so verschlossen. Sie hatte ihren Mann gebeten, nachzufragen, ob es deswegen war, weil dam ihn nicht auf ein Einführungszimmer mitgenommen hatte. Petronius war ja auch nicht gerade eine Offenbarung an männlichem Liebreiz.
    Es hatte sich aber herausgestellt, daß er doch auf einem Einführungszimmer gewesen war. Als sie das hörte, spürte sie vor Eifersucht einen kleinen Stich. Bis dahin hatte sie sich bei dem Gedanken, daß er vermutlich nicht auf einem Einführungszimmer gewesen war, grün und blau geärgert. Jetzt aber wurde sie sauer. Wer war diese Idiotin, die ihrem Sohn die Knabenschaft genommen hatte? Sicher so eine unbrauchbare, taube Nuß von Frau. Oder eine wahre Bestie, die ihn nur als Matratze benutzt hatte. Das hieß aber in keiner Weise, daß er sich ein Vaterschaftspatronat gesichert hatte.
    Bram hatte ihn gewarnt, ihm gesagt, er dürfe sich draußen nicht soviel herumtreiben, und ihn beschworen, mehr zu essen. Aber da kam sofort Kristoffer mit seiner schützenden Hand. „Wenn aber der Junge nun nicht mehr essen kann...“, sagte er abwehrend. Bedauerlicherweise redete er Petronius auch

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