Die Toechter Egalias
Tunnels. Sie kam näher, war schwarzgekleidet. Er konnte die Konturen gegen die Öffnung sehen. Sie kam mit langen Schritten auf ihn zu. Er erkannte sie wieder. Es war die Gestalt vom Strand. Sie kam näher. Er konnte das Gesicht sehen. Es war ein schönes Gesicht mit hohen Wangenknochen. Das Gesicht wurde größer. Schließlich war es nur noch ein Gesicht ohne Körper. Es veränderte sich allmählich beim Näherkommen. Plötzlich stürzte das Gesicht auf seines, wie ein Komet. Es war Gro! Er schrie und fuhr mit Schrecken hoch. Dann legte er sich wieder hin. Es war nur ein Traum.
Als Petronius sich am nächsten Morgen aus der Wohnung schleichen wollte, mit fünfzig Matraken und seiner Schultasche bewaffnet, lugte Bas Kopf aus dem Badezimmer. Petronius legte den Finger auf den Mund. „Pscht!“
„Hallo, Petronius!“ rief Ba. „Gehst schon vor dem Frühstück los?“ Petronius zischte wütend „Blödfrau!“ und versuchte, die Tür aufzukriegen. „Warum hast du denn deinen PH nicht um? Neue Baumelkampagne?“ fragte Balaut. Er packte sie am Handgelenk und schaute ihr bedeutungsvoll in die Augen. „Nicht ein Wort zu Mama und Papa, verstehst du? flüsterte er eindringlich. „Wenn du die Klappe hältst, kauf ich dir auch etwas.“
„Was denn?“ fragte Ba, diesmal nicht ganz so laut.
Petronius brauchte nicht nachzudenken. Er wußte, was sich Ba brennend wünschte. „Ein Messer“, sagte er. Ba nickte eifrig. Die Lippen waren zusammengekniffen. Sie legte ihren Zeigefinger drauf und schlich sich ins Schlafzimmer. Petronius glitt aus der Tür.
Petronius kam am Nachmittag mit einem neuen PH, einer exakten Kopie des alten. Er hatte auch ein Messer für Ba gekauft. Das Geld dafür hatte er sich von Baldrian geliehen. Aber das nützte alles nichts, die Katastrophe war bereits geschehen. Kristoffer hatte Bruchstücke des Gesprächs am Morgen aufgeschnappt, und als Rut zum Frühstück kam, hatte sie Ba alles entlockt, was diese wußte.
Bram wartete, bis alle saßen. Dann nahm sie Petronius mit in ihr Arbeitszimmer. „Was hat das zu bedeuten, daß du dich morgens um halb sieben ohne Frühstück und halb angezogen davonschleichst?“ Petronius schaute auf den Teppich. Er hatte es geahnt. Als er in Bas Zimmer gegangen war, um ihr das Messer zu geben, hatte sie nur den Kopf geschüttelt und wollte es nicht nehmen.
„Antworte!“ Petronius starrte auf das Muster im Teppich. Es war ein schwarzes Zickzackmuster mit einem dunkelroten Sechseck dazwischen. Er antwortete nicht. „Petronius“, sagte Bram etwas milder, „es ist sinnlos, mich anzuschwindeln. Ich sehe doch, daß du einen neuen PH hast.
per gleicht zwar haargenau dem alten, den hast du aber gestern abend verbrannt. Stimmt’s, Petronius?“
petronius nickte und starrte auf das Sechseck. Die ganze Geschichte fand sich im Muster des Teppichs wieder. Er verfolgte es mit den Augen hin und zurück, immer und immer wieder.
,Was ist gestern abend passiert, Petronius?“
Petronius schüttelte den Kopf. Er schämte sich. Sie durfte es nicht wissen. Um alles in der Welt nicht. Er würde es ihr nie im Leben erzählen. „Du warst draußen und hast einen Spaziergang gemacht, stimmt’s ?“ Petronius nickte.
„Warum bist du draußen gewesen? Warum kannst du nicht zu Hause bleiben? Was willst du draußen in der Nacht?“
„Ich wollte zum Strand...“
„Was wolltest du dort? Sei ehrlich! Wolltest du irgendwen treffen?“ „Nein.“
„Bist du sicher?“
„Nein... ich meine, ja.“
„Da haben wir’s. Du wolltest irgendeine treffen. Du hast sie getroffen, und dann überfiel sie dich. Riß dir den PH runter. Zwang dich, mit ihr zu schlafen. Gib es nur zu, Petronius. Ich will doch nur dein Bestes.“
„Aber so war es doch gar nicht. Sie hat mich nicht überfallen.“
„Was?! Dann hast du also freiwillig mitgemacht! Und nach einer Weile hast du es dir anders überlegt und versucht abzuhauen, und dann nahm sie dich mit Gewalt! Ja, ich kenne diese Geschichten. Als Direktorin der Sozialfürsorge sind mir Hunderte solche Geschichten vorgekommen, wo hysterische Mannspersonen mir erzählen wollten, sie seien zu dem einen wie zu dem anderen gezwungen worden, was sie sich doch in Wirklichkeit selber eingebrockt haben. Was erwartest du eigentlich, Petronius, wenn du abends um zehn ganz allein zum Strand gehst?“
„Ich wollte doch nur mit der Sta...“
„Nur reden! Ja, das sagen alle. Nur reden. Du solltest aber nicht vergessen, Petronius — und das ist ein
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