Die Toechter Egalias
wohlgemeinter Rat von Mutter zu Sohn — , daß eine Frau eine Frau ist und das Ihre verlangt. Und letztendlich sieht eine Frau im Mann nur eine Matratze. Sie denkt immer nur an das eine. Du mußt nicht glauben, daß sie sich nur mit Reden begnügt. Du solltest dich mal in ihre Lage versetzen, Petronius, wie dein armer, kleiner Schwanz sie erregt, und wenn dann die Dunkelheit hereinbricht, kannst du einfach nicht erwarten, daß sie sich mit einem Gespräch abspeisen läßt.“
Es war entsetzlich. Sie stand da und sprach ganz ungeniert von seinem
Schwanz. Er schämte sich deswegen und weil er so vor ihr stand — mit seinem neuen PH — , weil sie ihn anschauen und ihm geradeheraus sagen konnte, daß er ihn eigentlich verstecken müßte. Er vergaß darüber fast, daß sie die ganze Geschichte verdreht hatte. Das empfand er beinahe als Erleichterung; so brauchte er wenigstens nicht zu erzählen, wie sich alles wirklich zugetragen hatte. Er starrte nur auf das Teppichmuster und ließ sie weiterreden.
„Normalerweise werden solche Geschichten direkt zum Gewaltdezernat weitergeleitet. Da du aber mein Sohn bist, bleibt dir das erspart. Solche Dinge sind für die betroffenen Männer äußerst peinlich. Und was noch schlimmer ist: Sie haben fast keine Chance, später ein Vaterschaftspatronat zu bekommen. Du kannst froh sein, Petronius, daß du eine Mutter hast, die dich beschützt. Natürlich .wäre es mir im Büro auch sehr unangenehm. Eine Frau in meiner Position. Aber das hätte ich auch noch verkraftet.“
Hier machte sie eine kleine Pause, um ihre Tapferkeit zu unterstreichen. Ja, sie war schon couragiert. Sie hatte schon viele Anfeindungen ertragen. Die würde sie auch noch einstecken können.
„Wir erstatten keine Anzeige, Petronius. Wir wollen die Sache vergessen. Das wird das beste sein. Denn wer will schon ein Mannsbild haben, das auf diese Weise geschändet wurde?! Nein. Am besten, wir vergessen das Ganze. Diesmal lasse ich es noch einmal durchgehen. Doch eins steht fest: Du darfst nicht mehr allein im Dunkeln zum Strand gehen.“
Petronius als Seefrau
Der große, weiße Segelkutter Anders Lovindus lag seeklar im Südhafen. Er bot mit seinen hohen Masten und dem langen, schmalen Bug ein prächtiges Bild. Die Galionsfigur in Gestalt eines jungen Mannes hielt den Kopf hoch, so daß sein Spitzbart den vordersten Punkt des Schiffes markierte. Die Männer hatten sich am Kai versammelt, um Abschied zu nehmen. Petronius fühlte sich ein wenig schwindlig, als er mit seiner rautenförmigen Tasche und dem neuen, hübschen, langen Hemd den Landungssteg hinauftippelte. Das Hemd hatte er extra zu dieser Gelegenheit bekommen. Es war eng, so daß er ziemlich kleine Schritte machen mußte, außerdem führte der Landungssteg unter einem ziemlich steilen Winkel aufs Schiff. Lis Ödeschär empfing ihn oben an der Reling: „Willkommen an Bord, junge Seefrau!“ Sie reichte ihm galant den Arm, so daß er sich stützen konnte, als er an Bord ging. Er empfand Stolz, daß sie ihn Seefrau genannt hatte. Es klang so vertraut.
Rut Bram hatte das mit einigem Glück und Geschick, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, eingefädelt. Sie wollte, daß der Junge einmal etwas Schönes erlebte. Eigentlich fehlte ihr bisweilen jeglicher Realitätssinn. Zudem entstammte sie einem alten Bäuerinnengeschlecht, und da hatten Männer trotz allem noch einen gewissen Status als Jägerinnen. Sie hatte sogar gehört, daß diese Männer in alter Zeit Fischfang in kleineren Binnenseen betrieben. So war sie bei ihren Bemühungen für Petronius auf Vorurteile gestoßen, von deren Existenz sie bislang nicht einmal etwas geahnt hatte.
„Männer zur See? Ist nicht drin!“ wehrte beispielsweise die Kuratorin der sechsten Taucherinnenabteilung ab. „Es gibt nichts als Schwierigkeiten mit ihnen. Sie können uns nie in Ruhe lassen, immer sind Zank, Streit und Eifersucht in der Weibschaft. Wir sind oft drei bis vier Wochen hintereinander draußen. Nein, das geht wirklich nicht“, sagte sie und entblößte drohend ihren tätowierten Arm, auf dem es Dutzende von kleinen nackten Männern mit molligen Bäuchen zu bewundern gab. Doch Lis Ödeschär hatte Bram versprochen, ihr zu helfen, und es auch getan. Sie betonte, daß dies nur eine Probefahrt sei und daß Brams Sohn eine Kajüte für sich allein direkt neben ihrer eigenen bekomme. Sie würde natürlich streng darauf achten, daß keine der Seefrauen ihm ins Netz ging. Und wenn sie sonst irgend etwas an
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