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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Männern, die sich auf so etwas mit Frauen einließen. Keine durfte es sehen, keine durfte es wissen. Er hörte die beiden gleichzeitig stöhnen. Sie standen auf, suchten ihre Hemden und Kittel zusammen und zogen sich an.
    „Mach’s gut, du“, sagte die eine und feixte. Die drei verschwanden im Wald. Petronius lag da und hörte das Rascheln der Blätter unter ihren Füßen, hörte, wie sie miteinander brabbelten und dazwischen ein bißchen lachten. Er wartete, bis es völlig still war. Er atmete tief aus, stand auf und klopfte seine Sachen ab. Er wollte nicht denken. Nie daran denken. Nie etwas sagen. Er hatte etwas erlebt, was nie geschehen war. Sein Penis schmerzte. Er sah auf ihn herunter, wie er hilflos zwischen den Beinen baumelte, und sammelte den zerfetzten PH auf, dessen Reste verstreut auf dem Waldboden lagen. Was würden die Leute denken, wenn sie morgen früh auf ihrem idyllischen Spaziergang vorbeikamen und die kläglichen Fetzen sahen?
    Würden sie eine Suche nach dem Besitzer veranstalten? Wie könnten sie es rauskriegen? Es gab hunderte von demselben Modell. Aber die Größe, die Farbe? Das könnte sie auf die Spur bringen. Er stopfte ihn unter die Bluse. Dann ging er nach Hause.
    Er schlich, so leise er konnte, durch die Tür. Es war zehn. Der Fernseher plärrte im Zimmer. Er hatte die erste Stufe erreicht, als die Stimme des Vaters aus dem Zimmer tönte: „Bist du es, Petronius?“ Er spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte, wollte weinen, wollte nur die Arme um den Hals des Vaters legen und weinen. Nichts sagen. Nichts erklären. Er schluckte.
    „Ja. Ich geh’ rauf ins Bett.“
    „Was ist denn los, Petronius? Bist du traurig?“ Petronius spürte, wie ihm die warmen Tränen in die Augen schossen. „Nein, ich bin nur so... müde. Ich gehe ins Bett.“
    „Willst du nicht noch etwas trinken, bevor du ins Bett gehst? Ich bin hier allein. Mama ist im Klub.“
    „Ich gehe ins Bett. Gute Nacht.“ Er stürzte die Treppen hoch, rannte in sein Zimmer und drehte den Schlüssel herum. Tränen kullerten über seine Wangen. Er zog die Reste des PHs hervor, leerte den Papierkorb, schmiß den PH zusammen mit einigen Schnipseln Papier hinein und zündete alles an. Die Flammen züngelten über den Rand des Papierkorbes, und das Zimmer füllte sich mit schwarzem Rauch. Er weinte die ganze Zeit. Schließlich öffnete er das Fenster. Für einen Augenblick fürchtete er, es könnte einen Brand geben, doch die Flammen ließen nach. Er starrte auf die verkohlten Reste, schüttete sie in Zeitungspapier und ging nach unten, um sie in die Mülltonne zu werfen. Kristoffer kam ihm bis zum Treppenabsatz nach.
    „Was machst du denn da?“
    „Leere den Papierkorb“, murmelte Petronius und wurde puterrot, als er die Mülltonne öffnete und das Paket fallen ließ.
    „Ich fand, es hat so komisch gerochen...“
    Das Herz schlug Petronius bis zum Halse. „Ich habe ein paar Sachen verbrannt, Gedichte und so.“ Verlegen sah er zu Boden. Kristoffer schaute ihm mitten ins Gesicht.
    „Was hast du denn mit deinem PH gemacht? Trägst du ihn nicht mehr?“
    „Nee, bin schon beim Ausziehen.“ Er ging an ihm vorbei.
    „Willst du dich nicht noch ein bißchen mit mir unterhalten, ehe du zu Bett gehst?“
    „Nee. Muß die Aufgaben noch ansehen.“ Er verschwand wieder in seinem Zimmer. Wie sollte er erklären, daß sein PH weg war? Er hatte nur zwei. Der andere, den er auf den Einführungsball getragen hatte, war der aus Tüll. Mit dem konnte er nicht in die Schule gehen. Und ein PH war teuer, wenigstens fünfzig Matraken. Er öffnete die Schreibtischschublade. Dort lag das Geld, das er für einen Taucherspeer gespart hatte. Er wußte, was er zu tun hatte. Er mußte sich morgen früh, ehe die anderen aufgestanden waren, hinausschleichen und noch vor Schulbeginn einen neuen PH kaufen. Es gab keine andere Möglichkeit.
    Petronius zog sich aus und legte sich hin. Er hatte Angst einzuschlafen, hatte Angst davor, das Grenzland zwischen Wachen und Schlafen zu erreichen, dort, wo die Bilder auftauchen. Er würde all die dunklen, schweigenden Gestalten sehen, die sich an ihm zu schaffen machten und um ihn herum standen. Er merkte, daß sie kamen. Er schloß die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Sein Körper schmerzte, er war müde. Im Schritt tat es weh. Der Penis tat weh. Die Dunkelheit schlich sich in seinen Kopf. Es sauste. Und dann sah er eine Gestalt, die weit, weit entfernt war — am anderen Ende eines langen

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