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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Achseln. »Wissen wir, ob er schwimmen konnte?«
    »Nein.«
    Sie gingen zu ein paar Bänken, die vor einer Wand mit einem breiten Sichtfenster standen. Hinter dem Fenster liefen Menschen in OP-Kitteln und grünen Gummistiefeln herum. Mitten im Raum standen zwei Edelstahltische mit Abflusslöchern und altmodischen Holzblöcken, die als Kopfstützen dienten. Gates und Curt winkten zur Begrüßung. Curt forderte die Polizisten mit einer Handbewegung auf, sich den Spaß aus nächster Nähe anzusehen. Aber die beiden schüttelten die Köpfe und deuteten auf die Bänke, um klarzumachen, dass sie lieber blieben, wo sie waren. Man hatte den Leichensack bereits entfernt, und nun zog man Dickie Diamond aus und steckte seine Kleidung in mehrere Plastiksäcke.
    »Wie ist es euch gelungen, ihn zu identifzieren?«, fragte Rebus.
    »Wir haben mehrere Telefonnummern in seiner Tasche gefunden. Eine davon war die seiner Schwester. Ich hatte ihn sowieso schon erkannt, aber sie hat ihn dann hier offiziell identifiziert, kurz bevor Sie kamen.«
    »Wie hat sie’s aufgenommen?«
    »Sie wirkte ehrlich gesagt nicht sehr überrascht. Vielleicht stand sie aber auch unter Schock.«

    »Oder sie hat damit gerechnet.«
    Hogan warf ihm einen Blick zu. »Gibt es etwas, das ich wissen müsste, John?«
    Rebus schüttelte den Kopf. »Sie wissen ja: Wir haben den Fall Lomax wieder aufgerollt. Diamond hat von seinem Neffen erfahren, dass wir ihn suchen. Ist prompt hier aufgetaucht und uns in die Arme gelaufen.« Er zuckte mit den Achseln. »Das war’s.«
    »Wohl doch nicht ganz«, sagte Hogan und beobachtete durch die Glasscheibe, wie einer der Männer einen Gegenstand aus dem Kleiderhaufen zog. Den Revolver, den Diamond auf Rebus gerichtet hatte. Der Mann hielt ihn in die Höhe, damit die beiden ihn sich ansehen konnten.
    »Den habt ihr wohl übersehen, Bobby«, stellte Rebus fest.
    Hogan stand auf und rief durch die Scheibe: »Wo war er?«
    »Hinten in der Unterhose«, antwortete der Mann, dessen Stimme durch die Gesichtsmaske gedämpft wurde.
    »Nicht sonderlich bequem«, fügte Professor Gates hinzu. »Vielleicht hatte er Hämorrhoiden und wollte ihnen damit drohen.«
    Als Hogan sich wieder setzte, sah Rebus, dass sein Hals leicht gerötet war.
    »So was kommt vor, Bobby«, tröstete er ihn. Er überlegte, ob Diamond die Waffe schon bei sich gehabt hatte, als er in VR 1 die Fragen beantwortete.
    Als die Leiche ausgezogen war, begann die Autopsie, und zwar mit der Messung der Körpertemperatur. Rebus und Hogan wussten, wofür sich die Pathologen interessierten: Alkoholisierung, Anzeichen auf Verletzungen oder ein Schädeltrauma. Sie wollten herausfinden, ob Diamond noch gelebt hatte, als er ins Wasser fiel. Wenn dem so wäre, könnte es ein Unfall gewesen sein - vielleicht zu viel getrunken. Wenn er aber bereits tot gewesen war, lag ein Verbrechen vor. Jedes Detail, vom Aussehen der Augen bis zum Inhalt der Lunge, lieferte Hinweise. Die Körpertemperatur würde
helfen, den Zeitpunkt des Todes zu ermitteln, auch wenn eine exakte Bestimmung durch den Aufenthalt im Wasser erschwert wurde.
    Nachdem Rebus die Prozedur zwanzig Minuten verfolgt hatte, brauchte er eine Zigarette. Hogan begleitete ihn. Sie holten sich aus dem Aufenthaltsraum zwei Becher Tee und gingen damit nach draußen. Es war eine klare, kalte Nacht. Der Wagen eines Beerdigungsinstituts fuhr vor, um einen der »Normalen« abzuholen. Der Fahrer nickte ihnen müde zu. Um diese Zeit und an diesem Ort fühlte man sich einander irgendwie verbunden. Man erledigte Dinge, mit denen die meisten Menschen - diejenigen, die bequem im Bett lagen und in ihre Träume versunken waren - nichts zu tun haben wollten.
    »Bestatter«, sann Hogan. »Ist irgendwie ein komisches Wort, finden Sie nicht? Was bedeutet bestatten eigentlich?«
    »Ist Ihnen gerade zum Philosophieren zumute, Bobby?«
    »Nein, ich meinte nur... ach, vergessen Sie’s.«
    Rebus lächelte. Seine eigenen Gedanken kreisten um Dickie Diamond. Er hatte ihnen den Namen Chib Kelly präsentiert. Sie hätten dieses Präsent annehmen, an Tennant weiterreichen und es dabei bewenden lassen können. Aber Gray und Jazz - vor allem Jazz - waren unzufrieden gewesen. Rebus hielt es durchaus für möglich, dass sie beschlossen hatten, Dickie erneut unter Druck zu setzen. Sie hatten Rebus am Haymarket abgesetzt, aber vielleicht waren sie anschließend umgekehrt. Trotzdem war Rebus für sie ein ziemlich gutes Alibi. Denn als das Trio zuletzt gesehen wurde,

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