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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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das Wochenende nutzen, um nachzudenken und die Sache auf ein binäres System zu reduzieren.
    »Auf ein was?«
    »Schon gut.«
    Sie beendeten das Gespräch, aber Rebus fuhr nicht los - noch nicht. Dempsey und McCullough als Bonnie und Clyde. Er hatte es im Scherz gesagt, aber nun kam er doch ins Grübeln, nicht über Bonnie und Clyde, sondern über die Beziehung zwischen McCullough und Dempsey und darüber, ob sie womöglich mit etwas in Zusammenhang stand, dessen Tragweite sogar Siobhans Vorstellung überstieg.
    »Scheiß drauf«, sagte er schließlich, als es ihm partout nicht gelingen wollte, das Gedankenknäuel in seinem Kopf zu entwirren. Dann wendete er und fuhr gen Süden.
     
    Bei Jean brannte noch Licht.
    Als sie die Tür öffnete, stand er mit einer Packung Fish & Chips und einer Flasche Rotwein vor ihr.
    »Reicht für zwei«, sagte er. Sie trat zur Seite, um ihn reinzulassen.
    »Ich fühle mich geschmeichelt. Erst ein Abendessen im Number One und jetzt das hier ... «

    Er küsste sie auf die Stirn. Sie ließ es geschehen. »Hast du am Wochenende schon was vor?«, fragte er.
    »Nichts, was ich nicht absagen könnte.«
    »Ich hab gedacht, wir könnten vielleicht ein bisschen Zeit miteinander verbringen. Es gibt eine Menge Dinge, die ich dich fragen muss.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, damit ich zukünftig Bescheid weiß: Magst du lieber Parfüm, Blumen oder Fish & Chips mit Wein?«
    »Schwer zu sagen«, erwiderte sie und schloss die Tür.

27
    Das Wochenende verging wie im Flug. Am Samstagmorgen schlug Rebus einen Ausflug an die Westküste vor. Sie aßen am Loch Lomond zu Mittag und fuhren anschließend auf der Touristenroute durch Tarbet und Crianlarich. Kurz hinter Taynuilt hielten sie an einem Hotel und machten, als sie sich an der Rezeption anmeldeten, Witze über ihr fehlendes Gepäck.
    »Wie willst du das aushalten?«, fragte er. »Hier gibt’s weit und breit keine Filiale von Napier’s the Herbalist.« Aber sie kniff ihn nur in den Arm und ging los, um in einer Drogerie Zahnbürsten und Zahnpasta zu besorgen. Nach dem Abendessen machten sie noch einen kurzen Verdauungsspaziergang zur Airds Bay und zogen sich dann auf ihr Zimmer zurück. Sie ließen Vorhänge und Fenster offen, so dass ihr Blick beim Aufwachen als Erstes auf Loch Etive fallen würde. Dann schlummerten sie eng umschlungen ein.
    Sie schliefen bis um neun und gaben zwischen Umarmungen und Küssen der Landluft die Schuld dafür. Da beide keinen Hunger verspürten, begnügten sie sich mit Tee und Orangensaft. Einige der anderen Hotelgäste saßen in der Lounge und lasen Zeitung. Rebus und Jean wünschten
ihnen guten Morgen und gingen dann nach draußen. Das Gras war feucht vom Tau, und am Himmel ballten sich dicke, graue Wolken. Das andere Ufer war in Nebel gehüllt, aber sie marschierten trotzdem los. Jean konnte viele Vogelarten am Gesang erkennen und wusste auch die Namen unzähliger Pflanzen. Rebus sog die Luft tief ein und fühlte sich an die Spaziergänge seiner Kindheit rund um seinen Geburtsort in Fife erinnert, einer Gegend, die durch das friedliche Nebeneinander von Kohlegruben und Bauernhöfen geprägt war. Er war längere Fußmärsche nicht mehr gewohnt und spürte, wie sein Herz pochte und er etwas kurzatmig wurde. Er hatte an diesem Wochenende bisher nur acht Zigaretten geraucht. Vielleicht machte ihm der Nikotinmangel zu schaffen.
    Zurück im Hotel bezahlten sie die Rechnung und setzten sich ins Auto. »Wohin jetzt?«, fragte Jean.
    »Nach Hause?«, schlug Rebus vor, weil ein Teil von ihm große Lust hatte, den Nachmittag in einem verrauchten Pub zu verbringen. Jean machte ein enttäuschtes Gesicht. »Auf Umwegen«, fügte er hinzu - und ihre Miene hellte sich auf.
    Nach Zwischenstopps in Callander und in Stirling machte Rebus noch unfreiwillig einen Abstecher, weil Jean Tulliallan sehen wollte.
    »Ich hatte eigentlich einen Wachposten erwartet«, meinte sie, als sie mitten in der Auffahrt anhielten. »Aber ein schönes Gelände.«
    Rebus nickte, hörte allerdings nur mit halbem Ohr zu. Morgen würde er wieder hier sein. Vier Tage musste er noch durchhalten. Vielleicht hatte Strathern Recht, und er sollte aus dem Lehrgang aussteigen. Gray, McCullough und Ward würden sich wahrscheinlich hintergangen fühlen und mit ihm abrechnen wollen, aber würden sie auch etwas unternehmen?
    Nur wenn sie ihn für eine Gefahr hielten. Und Rebus hatte
den Verdacht, dass ihnen Siobhan momentan als die größere Bedrohung

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