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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Bauvorhaben sprach. »Mein
älterer Sohn scheint das Blut von Jack Builder geerbt zu haben, meinem einzigen
Ahnherrn von niederem Stand«, sagte Gerald und klang eher   erstaunt als stolz.
»Aber jetzt erzähl uns, Ralph, wie kommst du am Hof des Grafen voran?«
    Unglücklicherweise
war es Ralph bisher nicht gelungen, in den Adelsstand aufzusteigen, während
Merthin seinen Eltern neue Kleider und erlesene Speisen kaufte. Ralph wusste,
dass er eigentlich dankbar hätte sein sollen, dass wenigstens Merthin Erfolg
hatte und dass seine Eltern ein gutes Leben führten; doch während sein Verstand
ihm sagte, er solle sich freuen, schwelte der Groll in seinem Herzen.
    Und nun musste er
seinen Bruder davon überzeugen, den Bau der Brücke aufzugeben. Allerdings war
Merthin nicht wie die Ritter und Junker, mit denen Ralph die letzten sieben
Jahre verbracht hatte: Diese Männer waren Krieger. In ihrer Welt war Treue unverbrüchlich
und Tapferkeit eine Tugend, und stets ging es um Leben und Tod. Für sie bestand
keine Notwendigkeit, tiefschürfenden Gedanken nachzuhängen. Merthin jedoch
dachte über schlichtweg alles nach. Er konnte nicht einmal eine Partie Dame
spielen, ohne ein Änderung der Regeln vorzuschlagen.
    Nun erklärte er
seinen Eltern, warum er die vier Morgen kahlen Fels als Teil seiner Bezahlung
für die Arbeit an der Brücke haben wolle: »Jeder hält das Land für wertlos,
weil es eine Insel ist«, sagte er. »Dabei vergessen die Leute, dass die Insel
Teil der Stadt sein wird, wenn die Brücke erst gebaut ist. Und vier Morgen
Stadtland sind sehr wertvoll. Wenn ich Häuser auf der Insel baue, ist die Pacht
ein Vermögen wert.«
    Gerald sagte: »Bis
dahin wirst du aber noch ein paar Jahre warten müssen.«
    »Die Insel bringt
mir jetzt schon etwas ein. Jake Chepstow hat einen halben Morgen gepachtet. Er
will das Land als Holzlager nutzen. Sein Holz kommt aus Wales.«
    »Warum aus Wales?«,
fragte Gerald. »Der New Forest liegt doch viel näher. Das Holz von dort müsste
wesentlich billiger sein.«
    »Ja, müsste. Aber
der Graf von Shaftesbury erhebt Zoll und Steuern auf jede Furt und jede Brücke
in seinem Gebiet.«
    Das war ein nur
allzu vertrautes Ärgernis. Viele Herren fanden Mittel und Wege, Waren zu
besteuern, die durch ihre Ländereien transportiert wurden.
    Beim Essen sagte
Ralph zu Merthin: »Übrigens gibt es da eine ganz große Gelegenheit für dich!
Der Graf lässt dir mitteilen, dass er in Earlscastle einen neuen Palast bauen
will!«
    Merthin schaute ihn
misstrauisch an. »Und er hat dich geschickt, damit du mich fragt, ob ich ihm
den Palast entwerfe?«
    »Ich habe dich
vorgeschlagen. Lady Philippa hat den Grafen wegen des alten Wohnturms getadelt,
und da habe ich gesagt, ich kenne genau den Richtigen, mit dem man reden
müsse.«
    Maud freute sich.
»Ist das nicht wunderbar!« Merthin blieb skeptisch. »Und der Graf hat gesagt,
dass er mich haben will?« »Ja!« »Seltsam. Noch vor ein paar Monaten konnte ich
überhaupt keine Arbeit finden, und jetzt weiß ich sie kaum zu schaffen. Nun,
Earlscastle liegt zwei Tagesreisen von hier. Ich weiß nicht, wie ich gleichzeitig
dort einen Palast und hier eine Brücke bauen soll.« »Oh, die Brücke wirst du
aufgeben müssen«, sagte Ralph.
    »Was?«
    »Natürlich hat eine
Arbeit für den Grafen Vorrang vor allem anderen.« »Da bin ich mir nicht so
sicher.« »Du kannst mir ruhig glauben.« »Hat der Graf das gesagt?« »Ja, hat
er.« Ihr Vater mischte sich ein. »Das ist eine wunderbare Gelegenheit,
Merthin«, sagte er. »Ein Palast für einen Grafen!« »Natürlich ist das
ehrenvoll«, erwiderte Merthin. »Aber eine Brücke für eine Stadt zu errichten
ist mindestens genauso wichtig.« »Sei doch nicht dumm«, mahnte sein Vater.
    »Genau das versuche
ich«, erwiderte Merthin.
    »Der Graf von
Shiring ist einer der größten Männer im ganzen Land. Im Vergleich zu ihm ist
der Prior von Kingsbridge ein Niemand.«
    Ralph schnitt sich
eine Scheibe Gänseschenkel ab und schob sie sich in den Mund, doch er konnte
kaum schlucken. Merthin war schwierig, und genau davor hatte er Angst gehabt.
Er würde auch keinem Befehl seines Vaters gehorchen. Merthin war nie gehorsam
gewesen, nicht einmal als Kind.
    »Ich gebe dir einen
guten Rat«, sagte Ralph. »Der Graf will nicht, dass eine neue Brücke gebaut
wird. Er meint, das würde dem Handel in Shiring schaden.«
    »Siehst du?«, sagte
Gerald. »Du willst dich

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