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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sich stets
geweigert und sich dabei auf ihre Armut berufen. Und als sein Bruder, Edmund,
ihm gesagt hatte, dass der Markt irgendwann schlicht verschwinden würde, hatte
Anthony nur geantwortet: »Gott wird für uns sorgen.«
    Godwyn sagte: »Nun,
dann wird er vielleicht auch für das Geld sorgen, damit ich nach Oxford gehen
kann.« »Vielleicht wird er das.«
    Godwyn fühlte sich
schmerzlich enttäuscht. Es drängte ihn danach, aus seiner Heimatstadt
fortzugehen und andere Luft zu atmen. Natürlich würde er sich im Kingsbridge
College der gleichen Klosterdisziplin unterwerfen müssen; aber er wäre auch
weit weg von seinem Onkel und seiner Mutter, und diese Aussicht war in der Tat
verlockend.
    Er war noch nicht
bereit aufzugeben. »Meine Mutter wird sehr enttäuscht sein, wenn ich nicht
gehe.«
    Anthony wirkte
nervös. Er wollte nicht den Zorn seiner bisweilen so furchterregenden Schwester
heraufbeschwören. »Dann lass sie dafür beten, dass das Geld gefunden wird.«
    »Vielleicht kann
ich es ja anderswo bekommen«, improvisierte Godwyn.
    »Und wie willst du
das anstellen?«
    Godwyn suchte nach
einer Antwort und hatte tatsächlich eine Idee. »Ich könnte tun, was Ihr immer
tut, und Mutter Cecilia bitten.« Das war durchaus möglich. Cecilia machte ihn
zwar nervös — sie konnte genauso einschüchternd sein wie Petronilla —, aber sie
war anfälliger für seinen jungenhaften Charme. Sie könnte in der Tat dazu überredet
werden, für die Ausbildung eines klugen jungen Mönchs zu bezahlen.
    Der Vorschlag
überraschte Anthony. Godwyn sah, wie sein Onkel nach einem Einwand suchte. Doch
bis jetzt hatte Anthony hauptsächlich mit Geld argumentiert, und nun konnte er
nicht einfach den Ansatzpunkt wechseln.
    Während Anthony
noch zögerte, kam Cecilia herein. Sie trug einen schweren Mantel aus feiner
Wolle. Das war der einzige Luxus, den sie sich gönnte; sie hasste die Kälte.
    Nachdem sie den
Prior begrüßt hatte, wandte sie sich Godwyn zu. »Eure Tante Rose ist
sterbenskrank«, sagte sie. Ihre Stimme war ausgesprochen melodiös, und sie
sprach sehr präzise. »Womöglich wird sie die Nacht nicht überstehen.«
    »Möge Gott ihrer
Seele gnädig sein.« Godwyn empfand einen Hauch von Mitleid. In einer Familie,
wo jeder ein Anführer war, war Rose der einzige Gefolgsmann. Ihre Blüten
wirkten umso zerbrechlicher, da sie von Dornen umgeben war. »Das kommt nicht
unerwartet«, fügte er hinzu. »Doch meine Basen, Alice und Caris, werden sehr
traurig sein.«
    »Glücklicherweise
haben sie Eure Mutter, die sie trösten wird.«
    »In der Tat.« Trost
war nicht gerade Petronillas Stärke, dachte Godwyn. Seine Mutter verstand es
weit besser, jemanden davon abzuhalten, auf die falsche Bahn zu geraten. Aber
er korrigierte die Priorin nicht. Stattdessen schenkte er ihr einen Kelch
Apfelmost ein.
    »Ist es vielleicht
ein wenig zu kalt für Euch hier drin, Ehrwürdige Mutter?« »Geradezu eisig«,
antwortete Cecilia rund heraus. »Ich werde das Feuer schüren.« Hinterhältig
sagte Anthony: »Mein Neffe Godwyn ist so fürsorglich, weil er will, dass Ihr
ihm sein Studium in Oxford bezahlt.« Godwyn funkelte ihn wütend an. Er hätte
lieber eine entsprechende Rede vorbereitet und den geeigneten Zeitpunkt dafür
abgewartet. Nun jedoch war Anthony auf geradezu unmögliche Art einfach damit
herausgeplatzt.
    Cecilia sagte: »Ich
glaube nicht, dass wir es uns leisten können, für zwei weitere Scholaren zu
bezahlen.«
    Nun war es an
Anthony, überrascht zu sein. »Es hat Euch noch jemand um Geld für Oxford
gebeten?«
    »Vielleicht sollte
ich das nicht sagen«, erwiderte Cecilia. »Ich will niemandem Schwierigkeiten
bereiten.«
    »Das ist nicht von
Bedeutung«, erklärte Anthony verärgert; dann riss er sich wieder zusammen und
fügte hinzu: »Wir sind Euch für Eure Großzügigkeit stets sehr dankbar.«
    Godwyn legte noch
ein wenig Holz aufs Feuer und ging dann hinaus. Das Haus des Priors lag auf der
Nordseite der Kathedrale. Der Kreuzgang und alle anderen Gebäude befanden sich
im Süden der Kirche. Fröstelnd ging Godwyn über den Kathedralenvorplatz zur
Klosterküche.
    Er hatte damit
gerechnet, dass Anthony mit Haarspaltereien auf seinen Wunsch reagieren würde,
nach Oxford zu gehen. Er hatte gedacht, der Prior würde argumentieren, er solle
warten, bis er älter sei oder bis die jetzigen Studenten ihren Abschluss
gemacht hatten — denn Anthony war von Natur aus

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