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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Schule für Jungen.
    Papa schaute stur
drein. »Rose hat beide Mädchen das Schreiben gelehrt«, sagte er, »und Caris
kennt ihre Zahlen genauso gut wie ich.
    Sie hilft mir im
Geschäft.«
    »Sie sollte mehr
lernen als das. Ihr wollt doch sicher nicht, dass sie ihr ganzes Leben als Eure
Dienerin verbringt, oder?«
    Petronilla warf
ein: »Sie braucht nichts aus Büchern zu lernen.
    Sie wird
ausgesprochen gut heiraten. Bei beiden Mädchen werden die Freier Schlange
stehen. Söhne von Kaufleuten, ja sogar Söhne von Rittern werden nur allzu gern
in diese Familie einheiraten. Aber Caris ist ein eigensinniges Kind: Wir müssen
dafür Sorge tragen, dass sie sich nicht weg wirft, an irgendeinen mittellosen
Bänkelsänger oder dergleichen.«
    Caris bemerkte,
dass Petronilla von der gehorsamen Alice solchen Ärger nicht erwartete, die
vermutlich heiraten würde, wen auch immer man für sie bestimmte.
    Cecilia sagte:
»Vielleicht wird Gott Caris ja in seinen Dienst berufen.« Mürrisch erwiderte
Papa: »Gott hat bereits zwei aus dieser Familie in seinen Dienst berufen:
meinen Bruder und meinen Neffen. Man sollte annehmen, dass er jetzt zufrieden
ist.« Cecilia schaute Caris an. »Was denkst du?«, fragte sie. »Möchtest du Wollhändler
werden, das Weib eines Ritters oder Nonne?« Die Vorstellung, Nonne zu sein, entsetzte
Caris. Jede Stunde ihres Lebens würde sie den Befehlen anderer gehorchen
müssen. Das war, als würde man sein ganzes Leben lang Kind bleiben und
Petronilla zur Mutter haben. Das Weib eines Ritters oder sonst jemandes zu sein
war jedoch fast genauso schlimm, denn Frauen mussten ihren Männern gehorchen.
Papa zu helfen und vielleicht irgendwann das Geschäft zu übernehmen, wenn er zu
alt dafür war, schien die am wenigsten abschreckende Möglichkeit zu sein, aber
andererseits war auch das nicht gerade ihr Traum. »Gar nichts davon«,
antwortete sie.
    »Gibt es denn
etwas, was du gerne sein möchtest?«, fragte Cecilia.
    Das gab es, obwohl
Caris das noch niemandem gesagt hatte.
    Tatsächlich war es
ihr noch gar nicht bewusst geworden, doch nun hielt der Ehrgeiz sie gepackt,
und sie kannte ihr Schicksal ohne jeden Zweifel. »Ich werde Arzt«, verkündete
sie.
    Es folgte ein
Augenblick des Schweigens; dann lachten alle.
    Caris errötete. Sie
wusste nicht, was daran so komisch sein sollte.
    Papa hatte Mitleid
mit ihr und erklärte: »Nur Männer können Ärzte werden. Hast du das nicht
gewusst, Butterblume?«
    Caris war verwirrt.
Sie drehte sich zu Cecilia um. »Aber was ist mit Euch?« »Ich bin kein Arzt«,
antwortete Cecilia. »Natürlich kümmern wir Nonnen uns um die Kranken, aber wir folgen
dabei den Anweisungen ausgebildeter Männer. Die Mönche, die bei den Magistern
studiert haben, kennen sich mit den Körpersäften aus. Sie wissen, wie sie bei
Krankheit aus dem Gleichgewicht geraten und wie man sie wieder ins richtige
Verhältnis bringen kann, damit der Betroffene gesundet. Sie wissen, welche Ader
sie gegen Kopfschmerz, Aussatz oder Kurzatmigkeit bluten lassen, wo sie schröpfen
und wo sie ausbrennen müssen. Sie wissen, ob ein Umschlag oder ein Bad dem
Kranken hilft.« »Könnte eine Frau denn solche Dinge nicht lernen?« »Vielleicht,
doch Gott hat es anders bestimmt.« Die Art, wie Erwachsene sich dieser
Binsenweisheit bedienten, wann immer sie um eine Antwort verlegen waren,
ärgerte Caris maßlos. Bevor sie etwas sagen konnte, kam Bruder Saul herunter.
Er trug eine Schüssel Blut in den Händen und ging durch die Küche in den
Hinterhof, um sie zu entleeren. Der Anblick trieb Caris die Tränen in die
Augen. Alle Ärzte verwendeten den Aderlass als Heilmittel, also musste er wohl
wirken. Trotzdem hasste sie es, dass die Lebenskraft ihrer Mutter in einer
Schüssel weg geschüttet wurde.
    Saul kehrte ins
Krankenzimmer zurück, und ein paar Augenblicke später kamen er und Joseph
herunter. »Ich habe für sie getan, was ich kann«, sagte Joseph ernst zu Papa.
»Und sie hat ihre Sünden gebeichtet.«
    Ihre Sünden
gebeichtet! Caris wusste, was das bedeutete. Nun brachen sich die Tränen Bahn,
und sie begann zu weinen.
    Papa holte sechs
Silberpennys aus seiner Börse und gab sie dem Mönch. »Danke, Bruder«, sagte er
mit heiserer Stimme.
    Als die Mönche
gegangen waren, stiegen die beiden Nonnen wieder die Treppe hinauf.
    Alice saß auf Papas
Schoß und vergrub ihr Gesicht an seinem Hals. Caris weinte und drückte Scrap an
sich. Petronilla

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