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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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möchte der
Bischof mit dem höchsten Kirchturm in ganz England sein.«
    »Philemon muss das
wissen«, erwiderte Caris nachdenklich.
    »Vielleicht tut er
nur so, als wollte er eine Marienkapelle errichten, um den Verdienst für den Versuch
einzustreichen, während er das Scheitern auf jemand anderen schiebt.«
    »Möglich wäre es«,
sagte Caris zweifelnd.
    Merthin ging eine
viel wichtigere Frage durch den Kopf. »Aber worauf hat er es wirklich
abgesehen?«
    »Alles, was
Philemon tut, ist von dem Bedürfnis bestimmt, sich wichtig zu machen«, sagte
Caris voll Überzeugung. »Ich vermute, er ist auf eine Beförderung aus.«
    »Welches Amt könnte
er im Sinne haben? Der Erzbischof von Monmouth scheint im Sterben zu liegen,
aber Philemon kann doch nicht hoffen, sein Nachfolger zu werden?«
    »Er muss etwas
wissen, was uns unbekannt ist.« Ehe sie noch mehr sagen konnten, kam Lolla
herein.
    Merthins erste
Reaktion war eine so starke Erleichterung, dass ihm die Tränen in die Augen
stiegen. Sie war wieder da, und sie war gesund.
    Er besah sie von
oben bis unten. Sie zeigte keine offensichtlichen Blessuren, sie ging
beschwingten Schrittes, und ihr Gesicht zeigte nur die übliche mürrische
Unzufriedenheit.
    Caris ergriff als
Erste das Wort. »Du bist wieder da!«, rief sie. »Was bin ich froh!«
    »Wirklich?«,
entgegnete Lolla. Sie gab oft vor zu glauben, dass Caris sie nicht leiden
konnte. Merthin ließ sich davon nicht täuschen, aber Caris fiel manchmal in
Zweifel, denn es führte ihr schmerzlich vor Augen, dass sie nicht Lollas leibliche
Mutter war.
    »Wir sind beide
froh«, sagte Merthin. »Du hast uns einen Schreck eingejagt.«
    »Wieso?«, fragte
Lolla. Sie hängte ihren Mantel an einen Haken und setzte sich an den Tisch.
»Mir ging es wunderbar.«
    »Aber das wussten
wir nicht, und deshalb haben wir uns große Sorgen gemacht.«
    »Braucht ihr
nicht«, erwiderte Lolla. »Ich kann auf mich allein aufpassen.« Merthin
unterdrückte eine ärgerliche Entgegnung. »Da bin ich mir nicht so sicher«,
sagte er, so milde er konnte.
    Caris schritt ein,
um die Gemüter abzukühlen. »Wo warst du?«, fragte sie. »Du bist zwei Wochen
fort gewesen.«
    »Ich bin
herumgekommen.«
    Merthin fragte
gepresst: »Könntest du uns ein, zwei Beispiele nennen?« »Mudeford Crossing.
Casterham. Outhenby.« »Und was hast du dort gemacht?« »Willst du mich
aushorchen?«, fragte sie bockig. »Muss ich denn alle Fragen beantworten?« Caris
legte Merthin die Hand auf den Unterarm, damit er sich zügelte, und sagte zu
Lolla: »Wir wollen nur sicher wissen, dass du nicht in Gefahr gewesen bist.«
Merthin fügte hinzu: »Außerdem möchte ich wissen, mit wem du unterwegs warst.«
»Mit niemand Besonderem.«
    »Heißt das, mit
Jake Riley?«
    Sie zuckte mit den
Schultern und wirkte verlegen. »Ja«, sagte sie, als handle es sich um eine
banale Einzelheit.
    Merthin war bereit gewesen,
ihr zu vergeben und sie in die Arme zu nehmen, aber sie machte es ihm nicht
leicht. Um einen ruhigen Ton bemüht sagte er: »Wie viele Decken hatten Jack und
du denn dabei?«
    »Das ist meine
Sache!«, schrie Lolla.
    »Nein, das ist es
nicht!«, brüllte Merthin zurück. »Es ist meine Sache und die deiner
Stiefmutter. Wenn du schwanger bist, wer sorgt dann für dein Kind? Bist du dir
sicher, dass Jake schon eine Familie gründen und Ehemann und Vater spielen
möchte? Hast du mit ihm darüber gesprochen?«
    »Lass mich in
Ruhe!«, schrie sie ihn an. Dann brach sie in Tränen aus und stürmte die Treppe
hoch.
    »Manchmal«, sagte
Merthin, »wünschte ich mir, wir lebten in nur einem Zimmer — dann könnte sie
das nicht machen.«
    »Du warst nicht
sehr sanft mit ihr«, sagte Caris mit gelinder Missbilligung.
    »Was sollte ich
denn tun?«, erwiderte Merthin. »Sie redet, als hätte sie nichts falsch
gemacht!«
    »Sie weiß es aber
besser. Deshalb weint sie ja.« »Ach, zum Teufel«, sagte er.
    Es klopfte, und ein
Novize steckte den Kopf durch die Tür. »Verzeiht, wenn ich Euch störe,
Ratsältester«, sagte er. »Sir Gregory Longfellow ist in der Priorei und wäre
Euch verbunden, wenn er Euch möglichst bald sprechen könnte.«
    »Verdammt«, sagte
Merthin. »Sagt ihm, ich bin in ein paar Minuten dort.« »Danke«, erwiderte der
Novize und ging.
    Merthin sagte zu
Caris: »Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir ihr ein wenig Zeit lassen, um sich
zu beruhigen.« »Und du brauchst das auch«, erwiderte

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