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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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liebte, stolz und glücklich. Seit über einem Jahr waren wir nun zusammen. Wir trafen uns heimlich, außer seinem Diener wusste niemand von unserer Liebe. Oh, natürlich hatten wir oft über unsere Zukunft gesprochen. Aber es war nicht so einfach. Heinrich war überzeugt davon, dass seine Mutter niemals freiwillig ihre Einwilligung zu einer Hochzeit geben würde, und damit hatte er sicher recht. »Lass uns warten, bis der Zeitpunkt günstig ist und sie nicht nein sagen kann«, hatte er mich immer wieder gebeten. »Außerdem will ich erst Graf von Hessen sein, mit eigenen Einkünften und einem Territorium. Wie kann ich vorher eine Frau nehmen?« Oh, ich verstand ihn. Er hatte seinen Stolz. Und wie musste er mich lieben, dass er keine andere heiraten wollte, eine mit Erbe und Lehen und mit gutem Namen. Also ließ ich mich vertrösten und wartete.
    Ich biss mir ein paarmal auf die Lippen, damit sie rot würden, dann pochte ich an die Tür und trat ein.
    Er sprang auf, und ich flog in seine Arme. »Endlich!«, flüsterte er und küsste mich leidenschaftlich. Mein nasser Mantel flog zur Seite, und ich streifte die Schuhe samt Trippen ab, die laut auf den Boden polterten. Dann lagen wir auf seinem Bett. Er schlüpfte aus Wams und Hemd und warf beides achtlos hinter sich. Er löste mein Haarband, lachte mich an und sagte: »Wie schön du aussiehst, sogar wenn du nass bist wie ein Fisch!« Ich liebte sein strahlendes Lachen, den festen Griff seiner Hände, den Duft seiner Haut. Voller Begehren nestelte er mein Hemd auf, zog mir den Surkot aus. Ich spürte seine Hände auf meinen Brüsten, meinen Hinterbacken, und ich vergaß die Welt um mich herum.
    Er hatte einen makellosen Körper, und wenn er sich nackt auf den Laken räkelte, hätte sein Anblick eine Heilige zur Sünde verführen können. Ich sah ihn gar zu gern an; er schämte sich seiner Nacktheit so wenig wie Adam, bevor er vom Baum der Erkenntnis genascht hatte. Ich konnte mich nicht gut so zeigen. Vielleicht lag es an meinem mangelnden Selbstbewusstsein, vielleicht aber auch an seinem Blick, der mich manchmal zu verschlingen schien und mich verlegen machte. Dabei versicherte er mir stets, dass ich die schönste Frau im ganzen Reich sei. Oh, wie gut er schmeicheln konnte! Und wie gut er darin war, mir – und damit sich selber – Lust zu bereiten. Die Liebe war fast zu vollkommen mit ihm, der Himmel auf Erden.
     
    Zwei Stunden später ging ich noch ganz erfüllt von unserem Treffen wieder zurück auf die Burg. Wenigstens hatte der Regen inzwischen aufgehört, und manchmal blitzte sogar ein kleiner Sonnenstrahl durch die Wolken. Auf den Dächern glitzerte die Nässe, und kleine Bächlein bahnten sich züngelnd ihren Weg bergabwärts durch den Schlamm. Ich passierte das Tor zur Burgfreiung, als mir plötzlich siedendheiß einfiel, dass ich das Püppchen vergessen hatte! Ich hatte es ausgepackt und Heinrich gezeigt, und nun lag es wohl noch auf dem kleinen Tisch vor dem Fenster.
    Noch war Zeit bis zum Nachtmahl, also ließ ich meine Einkäufe derweil beim Torwart, machte kehrt und beeilte mich, in die Waaggasse zu kommen.
    Als ich vor Heinrichs Zimmertür stand und schon die Hand zum Anklopfen gehoben hatte, drangen Stimmen an mein Ohr. Herrje, das hatte mir gerade noch gefehlt, er hatte Besuch! Jetzt konnte ich nicht einfach hineinmarschieren, um die Puppe zu holen. Vorsichtig spähte ich durch das offene Fenster neben der Tür, um zu sehen, wer denn drinnen war.
    Heinrich saß auf dem inzwischen wieder glattgestrichenen Bett, eine hölzerne Daube mit Wein in der Hand. Ihm gegenüber stand ein Mann mit dem Rücken zu mir, edel gekleidet und weißhaarig. Ein zweiter Besucher saß auf dem kleinen Hocker am Tischchen, wenn ich mich nicht täuschte, war es Graf Gerhard von Diez, einer der engsten Vertrauten des jungen Königs. Und den vierten Mann, der lässig an der Wand lehnte und mit seinem Dolch spielte, den kannte ich nun ganz bestimmt: Es war der Herzog von Bayern, Ludwigs Onkel, der ihn vor Jahren in Eisenach zum Ritter geschlagen hatte. Sein dichtes dunkles Haar war inzwischen von grauen Strähnen durchzogen, aber sonst war er noch dieselbe eindrucksvolle Erscheinung wie damals.
    »Sie glauben es also?«, sagte der Weißhaarige.
    Der Herzog grinste. »Dafür habe ich gesorgt. Alle haben es geschluckt, sogar die Schwaben. Der Reichsverweser Engelbert von Köln wurde im Streit von einem seiner eigenen Verwandten schändlich erschlagen. Der vermeintliche Mörder

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