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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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ihn an, die Erwähnung ihres toten Gatten hatte sie tief getroffen. »Warum bist du so, Heinrich? Es macht dir Vergnügen, mich im Staub zu sehen, nicht wahr? Hast du gar keine Angst vor der Strafe Gottes?«
    Er lachte schrill. »Angst vor Gott? Deinetwegen? Du hältst dich für so wichtig, dass Gott sich an mir rächt, nur weil ich mich nicht von deiner Sturheit beeindrucken lasse? Wohlan, sein Zorn komme über mich und meine Kinder!«
    Elisabeth prallte vor ihm zurück. Nein, am Hof dieses Menschen würde sie nicht mehr leben können. »Ich will die Abschichtung«, flüsterte sie.
    »Bist du völlig verrückt geworden?« Seine Augen wurden zu zwei schmalen Schlitzen. »Nie, niemals werde ich dir ludowingische Güter überlassen, nur damit du alles verschleuderst.«
    Sie hob bittend die Hände. »Tu’s im Andenken an deinen Bruder, Heinrich. Lass mir mein eigenes Leben, um seinetwillen. Er hätte es so gewollt.«
    »Mein Bruder ist tot.« Heinrichs Worte fielen wie Schläge auf Elisabeth herab. »Ich bin ihm nichts schuldig. Dir und deinen Zofen lasse ich ab morgen im Obergeschoss des Palas einen Raum zuweisen, wo ihr bleiben könnt. Das Frauenzimmer wird neu ausgestattet. Ich hoffe«, fügte er höhnisch hinzu, »dass der Umzug nicht deinem Gelübde widerspricht.«
    Elisabeth schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. Es wäre ohnehin sinnlos.
    Heinrich tat einen tiefen Atemzug und breitete die Arme aus. »Das hätten wir nun wohl geklärt, Schwägerin.« Er ging zur Tür, öffnete sie. Doch dann drehte er sich noch einmal um. »Ach, beinahe hätt ich’s vergessen: Ich habe heute früh Befehl gegeben, das Hospital zu schließen. Wenn meine Braut auf die Wartburg kommt, soll sie nicht vom abstoßenden Anblick der Siechen empfangen werden.«
    Elisabeth stand stumm, hilflos, verzweifelt. Doch dann stieg ein unbändiger, glühender Zorn in ihr hoch. Dieser Mann zerstörte ihren Lebenstraum, machte alles zunichte, wofür sie gearbeitet hatte, ihren ganzen Stolz und ihre ganze Hoffnung! Mit drei Schritten war sie bei Heinrich, schrie ihn an: »Wer bist du, dich zwischen mich und meinen Gott zu stellen?«
    Da hob er die Hand und schlug zu.
    Elisabeth taumelte gegen die Wand. Die Haube war ihr vom Kopf gerutscht, und das Haar hing ihr wirr ums Gesicht. Auf ihrer Unterlippe bildete sich langsam ein kleiner Blutstropfen. Ungläubig starrte sie ihren Schwager an.
    »Ich bin der Landgraf von Thüringen«, fauchte er, »und hier geschieht, was ich sage.«
    Sie richtete sich auf, immer noch zitternd vor Zorn. »Dann werde ich gehen.«
    Er legte den Kopf schief. »Ist das dein Ernst?«
    »Ja«, sagte sie. »Ich verlasse die Burg.« In ihren Augen stand die blanke Entschlossenheit.
    »Nun, ich sagte ja schon, du kannst dir ein Kloster aussuchen. Das ist ohnehin für alle das Beste.«
    »Kein Kloster«, erwiderte sie und ging an ihm vorbei zur Tür.
    »Wohin dann? Und wovon willst du leben?« Spöttisch zog er eine Augenbraue hoch.
    »Gott wird für mich sorgen.«
    Heinrich Raspe nickte. »Na, dann ist ja alles wunderbar.« Er lächelte. Und dann brüllte er: »Gut! Wenn du das willst, nur zu! Verschwinde, ganz gleich wohin! Keiner wird dich vermissen! Aber eins sage ich dir: Falls du gehst, gehst du für immer. Dann brauchst du dich nie wieder hier blicken zu lassen!«
    »Das werde ich auch nicht«, gab Elisabeth mit bebender Stimme zurück, »du kannst dich darauf verlassen! Und mein Wittum fordere ich ein, sobald Konrad von Marburg hier ist.«
    Mit einem Schrei stürzte sich Heinrich Raspe auf sie. Er zerrte sie am Handgelenk aus dem Zimmer, die Treppen hinunter bis in den Hof, wo dichtes Schneetreiben herrschte. »Dort geht’s hinaus!«, zischte er und schleuderte sie auf das Tor zu. »Willst du wirklich fort, du elendes Weibstück? Dann mach dich davon! Jetzt sofort!«
    Elisabeth stürzte hin und schürfte sich auf den vereisten Pflastersteinen die Hände auf. Einen Augenblick blieb sie benommen liegen. Dann raffte sie sich auf und stolperte zum Tor. »Öffne!«, befahl sie dem Wächter. Der sah erst sie an, dann Heinrich Raspe, dann wieder sie. »Öffne!«, sagte sie noch einmal. Da schob er den großen Riegel hoch und drückte beide Torflügel mit einem hässlichen Knarren auseinander.
    Elisabeth zog ihren Mantel fester, straffte den Rücken und schritt entschlossen durch den steinernen Bogen. Der Wind wirbelte ihr Schnee ins Gesicht, es stach wie Nadeln, und sie rutschte immer wieder auf den

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