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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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„Ich glaube, es ist Hundsgesicht-Joe! Ergreift ihn und zieht ihm die Handschuhe aus!" Dies geschah trotz der zappelnden Gegenwehr des Betreffenden, und die Hände erwiesen sich als gleichermaßen behaart. Der Anonymus brachte die Lärmenden zum Schweigen und erklärte, daß, wenn diesem notorischen Mörder Gerechtigkeit widerfahren solle, dies sofort geschehen müsse, ohne das langsame Räderwerk der Justiz in Gang zu setzen, und so wurde der Mann auf den Hof hinter dem Wirtshaus hinausgeschleppt und an einem Strick, den man an einen der Lagerhauskräne knüpfte, gehängt.‹« Darrow legte das Papier aus der Hand und lächelte seinen Besucher an.
    »Eine unterhaltende Fiktion«, bemerkte der Mann in Doyles Körper.
    »Ja«, stimmte Darrow zu, »jetzt ist es Fiktion. Aber in ein paar Monaten wird es Tatsache sein - Geschichte.« Er lächelte. »Dies wird eine längere Unterredung, Joe. Möchten Sie etwas Brandy?«
    Und wieder lächelte Doyles Gesicht. »Ich habe nichts dagegen«, sagte Amenophis Fikee.
    In der jäh eingetretenen Stille starrte Horrabin, dessen Tragschlinge von seinen heftigen Gestikulationen der letzten Augenblicke noch hin und her schwang, auf den zerschmetterten Leichnam, der neben dem Tisch auf den Steinplatten lag, und begriff, daß dieses Ereignis die Herrschaft über die Situation wieder in seine Reichweite gebracht hatte. Er lächelte fröhlich, klatschte in die bemalten Hände und rief: »Er hat es nicht ganz zum Tisch geschafft, nicht?« Der Harlekin wußte, daß ihm die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer sicher war, also langte er bedächtig nach einem Stück Keule auf seinem Teller, benagte es nachdenklich und warf es dann bis zum rückwärtigen Teil der Halle, wo die elendsten der Bettlergestalten mit zufriedenstellendem Füßescharren und Geknurr darüber herfielen. »Keiner von euch«, sagte der Harlekin leise, »wird jemals mehr von mir nehmen als ich ihn haben lasse.«
    Er blickte zu den verbliebenen Bettlerherren auf. Ihre Hängematten schaukelten noch immer über dem Abgrund, doch hatten sie aufgehört zu schreien und mit den Armen zu fuchteln und beschränkten sich jetzt darauf, vorsichtig herabzuspähen; ihre Augen glänzten im rauchigen roten Schein der Öllampen. Horrabins Blick fiel auf den Leichnam und wanderte zu den Diebsherren, die an dem langen Tisch saßen. Miller, der in dem meuterischen Aufruhr am lautesten geschrien hatte, wich seinem Blick aus.
    »Carrington«, sagte Horrabin.
    »Zu Befehl.« Sein Leutnant trat vor. Er hinkte noch von den Prügeln, die er in einem der Bordelle am Haymarket bezogen hatte, aber die Verbände waren wieder herunter, was jedoch wenig an seiner üblen Laune hatte ändern können. »Töte Miller!«
    Als der plötzlich erbleichte Diebsherr seinen Stuhl zurückstieß und vor Schreck keuchend aufsprang, zog Carrington eine Pistole aus dem Gürtel, richtete sie beiläufig auf Miller und feuerte. Die Kugel traf Miller in den offenen Mund und fuhr im Genick wieder heraus.
    Miller schlug rücklings auf die Steinplatten, und Horrabin breitete die Hände aus. »Ihr seht«, sagte er mit lauter Stimme, bevor der Tumult von neuem anheben konnte, »ich füttere euch alle... so oder so.«
    Er lächelte. Es war gutes Theater gewesen. Wo aber blieb Dr. Romany? Waren all seine Versprechungen, wie Miller behauptet hatte, Lügen gewesen, um die Londoner Diebe für seine privaten gewinnbringenden Pläne einzuspannen? Horrabin, der mehr als die anderen darüber wußte, was geschehen sollte, verbarg eine innere Unruhe, die größer war als jene, die Miller verspürt hatte. War der König schon dem Anschlag zum Opfer gefallen? Und wenn es sich so verhielt, warum hatte keiner der Beobachter es gemeldet? Oder wurde die Nachricht unterdrückt? Wo steckte Romany?
    Aus dem Korridor näherten sich unregelmäßige, hölzern aufstoßende Schritte. Horrabin blickte auf, doch ohne größeres Interesse, da es nicht Romanys hüpfender Schritt war, und seine Augen wurden rund vor Staunen, als der Ankömmling in die Halle trat, denn es war doch Romany, nur trug er statt seiner gefederten Schuhe Stiefel mit hohen Holzsohlen.
    Der Clown warf einen triumphierenden Blick in die Runde, dann verneigte er sich übertrieben tief vor dem Neuankömmling. »Ah, Euer Gnaden«, quiekte er, »wir haben Eure Ankunft mit für einige...« - und er machte eine lässige Geste zu den zwei Leichen - »unerträglicher Spannung erwartet.«
    Horrabins Lächeln gefror, und er sah genauer hin, denn der

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