Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
Vom Netzwerk:
jetzt - andere Leute aus dem zwanzigsten Jahrhundert, und aus irgendeinem Grund sind sie mir feindlich gesonnen. Ich frage mich, was, zum Teufel, sie gegen mich haben.
    Und er überlegte, wer, zum Teufel, sie sein konnten.
    Er hatte die Borough High Street erreicht. Zu seiner Rechten lag die düstere Masse des St. Thomas-Krankenhauses, und zur Linken schwang sich die London Bridge durch das Dämmerlicht auf, die breite Themse zu überspannen, deren bleigraues Antlitz bereits mit den ersten Lampen des Abends zu zwinkern begann. Die Gegend jenseits des Flusses schien ihm mehr zu versprechen, und er wandte sich nach links.
    Warum aber, fragte er sich, als er die Richtung zum Fluß einschlug, sollten Zeitreisende sich im London des Jahres 1810 herumtreiben? Und warum sollten sie es auf sein Leben abgesehen haben, wäre es doch viel einfacher, ihn nach 1983 mitzunehmen, statt hier Jagd auf ihn zu machen? Glaubten sie vielleicht, er sei freiwillig geblieben?
    Ein neuer Gedanke kam ihm. Vielleicht hatte es damit zu tun, daß er Ashbless suchte. Vielleicht wäre er im Jamaica-Kaffeehaus erschienen, aber sie hatten ihn entführt; und da er selbst aus der Zukunft war, mußte ihm die Abwesenheit des Dichters auffallen. Folglich mußten sie mich daran hindern, jemandem davon zu berichten.
    Auf der Höhe des sanften Bogens der London Bridge blieb er stehen, lehnte sich an das noch warme steinerne Brückengeländer und blickte über den Fluß hin nach Westen zu dem bereits dunkelnden Sonnenuntergang, der die fünf Bogen der Blackfriars Bridge eine halbe Meile flußaufwärts zu einem Schattenriß machte. Vielleicht sollte er einen weiteren Versuch unternehmen, mit Dr. Romany zu sprechen. Wahrscheinlich war es eine hoffnungslose Sache, doch durfte er von dem Bemühen, in seine Zeit zurückzukehren, nicht ablassen. Er seufzte, gestattete sich ein paar Augenblicke des Selbstmitleids. Wenn es nur seine Bronchitis oder Lungenentzündung gewesen wäre, oder was es auch war, hätte er bleiben und versuchen können, sie zu überwinden und sich im Hier und Jetzt einzurichten; aber wenn zwei augenscheinlich mächtige Gruppen über ihm im Streit lagen und die eine ihn umbringen wollte, während die andere sich damit begnügen würde, ihn zu foltern, war es schwierig, eine Stellung zu bekommen und zu halten. Er wandte sich vom Geländer ab und ging zur nördlichen Brückenrampe hinunter. Natürlich stand ihm noch eine Möglichkeit offen: Er konnte die Stadt einfach verlassen. Einfach zum Ufer hinuntergehen, ein Boot losbinden und abstoßen - mochte die Strömung ihn nach Gravesend oder sonstwohin tragen. Anderswo ließe sich ein neues Leben beginnen.
    Als er aus seinen Träumereien erwachte, lag die Brücke hinter ihm, und er überquerte die Thames Street. Er blickte die lampenbeschienene Straße hinauf und hinab und gedachte des Tages vor zweieinhalb Wochen, als er sich von diesem angeblich blinden Bettler beinahe hätte zu Horrabin führen lassen und dann von Roller-Benjamin gerettet worden war.
    An diesem Dienstagabend waren wenige Leute auf den Straßen, und aus den Wirtshäusern und Schenken entlang der Gracechurch Street drang Licht, aber wenig Lärm hinaus auf die gepflasterten Straßen. Doyle hörte das Pfeifen, als es noch ein gutes Stück entfernt war. Wieder Yesterday.
    Als der erste Augenblick blinder Panik verstrichen war, lächelte Doyle in grimmiger Heiterkeit. Wie rasch hatte er einen Pawlowschen Reflex auf diese verdammte Beatles-Melodie entwickelt! Sofort war er in einen Hauseingang gesprungen, hatte die ruinierte Pistole aus der Rocktasche gezogen und wie eine Keule über den Kopf gehoben. Nun, als er merkte, daß die Quelle des Geräuschs wenigstens einen Block entfernt war, ließ er die Waffe sinken und atmete auf, obwohl sein Herzklopfen nicht nachließ. Vorsichtig spähte er aus dem Eingang, den er aus Furcht, Aufmerksamkeit zu erregen, nicht zu verlassen wagte. Nach einigen Sekunden bog der Pfeifer um die Ecke der Eastcheap Street und ging die Gracechurch Street entlang, in Doyles Richtung, aber auf der anderen Straßenseite.
    Der Mann war groß und schien betrunken zu sein. Er hatte einen breitkrempigen Hut tief in die Stirn gezogen und taumelte im Gehen von einer Seite zur anderen, obwohl er zwischendurch bisweilen eine unbeholfene Parodie von Tanzschritten einlegte und dazu die Melodie pfiff. Als er ungefähr auf gleicher Höhe mit Doyles Versteck war, bemerkte er mit einer übertrieben ruckartigen Bewegung eine

Weitere Kostenlose Bücher