Die Tore zu Anubis Reich
Alle bis auf Sie kehrten wohlbehalten zurück.« Benner schüttelte schwerfällig den Kopf. »Ich begreife nicht, warum Sie hierbleiben wollten, Brendan.«
»Ich wollte nicht. Ich wurde von einem verrückten Zigeuner entführt. Aber was wollen Sie dann damit sagen? Daß Darrow wieder zurückgekommen ist? Wie könnte er? Hat er neue Lücken gefunden?«
»Nein. Warum sollte er? Sehen Sie, die ganze Geschichte mit Coleridges Vortrag war nur eine glückliche Idee, Darrows eigentliches Vorhaben zu finanzieren - nämlich für immer in dieses verdammte 1810 zu ziehen. Er stellte aufgeschlossene, geschichtskundige Leute ein, die sein persönliches Gefolge sein sollten - Ärzte und Leibwächter. Das war der Job, den ich bekommen hatte und über den ich Ihnen nichts sagen wollte, erinnern Sie sich? Und dann bemerkte er, daß der alte Coleridge während der Periode der Lücke in London einen Vortrag halten sollte. Er hatte Schwierigkeiten gehabt, für alles zu bezahlen, und dies war die Lösung - eine Million pro Kopf von zehn reichen Kulturfreaks, um Coleridge persönlich zu sehen und zu hören. Und er fand, daß er dafür einen Coleridge-Sachverständigen brauchte, und deshalb stellte er Sie ein. Aber das eigentliche Ziel war von Anfang an seine Rückkehr, nur er und sein handverlesener Stab, um hier in dieser Zeit zu leben. Als die Coleridge-Reisegruppe nach 1983 zurückgekehrt war, steckte er sie alle in bereitstehende Wagen und ließ sie zu ihrem Hotel fahren, während er sich mit uns für einen neuen Sprung durch dieselbe Lücke bereitmachte. Das taten wir. Diesmal trafen wir aber in der Mitte der Lücke ein, ungefähr eine Stunde nachdem wir das erste Mal gekommen waren, Coleridge zu sehen. Nun räumten wir alle Zeichen unserer Ankunft fort und waren längst weg, als die zwei Kutschen zurückkamen, ohne einen Coleridge-Sachverständigen, und auf das Ende der Lücke warteten.« Benner lächelte. »Es wäre lustig gewesen, zum Krone und Anker zu fahren und einen Blick auf uns selbst zu werfen. Zwei Benner und zwei Darrows! Darrow spielte sogar mit dem Gedanken, Ihre Desertion zu verhindern, entschied aber dann, daß die Veränderung selbst eines so unbedeutenden Vorgangs in der Geschichte zu riskant sein würde.«
»Warum will Darrow mich dann umbringen lassen?« forschte Doyle ungeduldig. »Und wenn er so verdammt besorgt um die Unverletzlichkeit ist, warum hat er William Ashbless entführt?«
»Ashbless? Dieser Dichterheini, über den Sie geschrieben haben? Wir haben uns nicht mit ihm abgegeben. Wieso, ist er nicht da?«
Benner schien aufrichtig zu sein. »Nein«, sagte Doyle. »Und nun hören Sie auf, der Frage auszuweichen. Warum will Darrow mich umbringen lassen?«
»Ich glaube, früher oder später will er uns alle abservieren«, murmelte Benner in sein Bier. »Er hat versprochen, daß sein Personal Gelegenheit erhalten soll, 1814 durch eine Lücke nach 1983 zurückzukehren, aber ich bin ziemlich sicher, daß er vor hat, uns einen nach dem anderen zu erledigen, wenn er uns nicht mehr braucht.
Er hat unsere mobilen Haken in Verwahrung, und er hat Bain und Kaggs bereits getötet - das waren die zwei, die Ihnen vor einer Woche den Garaus machen sollten. Und heute früh hörte ich dann zufällig, wie er Anweisung gab, mich beim ersten Anblick zu erschießen. Es gelang mir, ein hübsches Stück Geld an mich zu nehmen und zu verschwinden, aber nun kann ich mich nicht mehr in seine Nähe wagen.« Benner blickte unglücklich auf. »Sie sehen, Brendan, er will hier keinen anderen, der etwas über die Dinge des zwanzigsten Jahrhunderts weiß - Radio, Penicillin, Fotografie, all dieses Zeug. Er machte sich Sorgen, Sie würden eine Flugmaschine patentieren oder etwas unter Ihrem eigenen Namen veröffentlichen lassen, oder etwas dergleichen. Er war sehr erleichtert, als ich...«
Darauf trat eine Pause ein, die sich unangenehm in die Länge zog, während ein hartes Lächeln die Linien um Doyles Mund vertiefte. »Als Sie ihm meldeten, daß Sie mich durch das Herz geschossen hätten.«
»Mein Gott«, flüsterte Benner und schloß die Augen, »schießen Sie mich nicht nieder, Brendan. Ich mußte, es war Notwehr: er hätte mich umbringen lassen, wenn ich mich geweigert hätte. Außerdem hat es Sie nicht getötet.« Er öffnete die Augen. »Wo hat die Kugel getroffen? Ich habe nicht gefehlt.«
»Nein, es war ein guter Schuß, genau in die Brustmitte. Aber ich trug etwas unter meiner Jacke, das Ihre Kugel aufhielt.«
»Oh.
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