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Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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hätte es für ironisch gehalten, hätte es die Fähigkeit besessen, sich unter einem solchen Begriff etwas vorzustellen. Dieses hier war bereits vor langer Zeit dem entwachsen, an das es sich dunkel als »Bedürfnisse« erinnerte. An den Trost einer Familie, an sein Fleisch und Blut, an Gesellschaft dachte es nicht mehr; Familien starben, Fleisch war schwach, und die Gesellschaft mied es.
    Und dennoch, Fragmente dieser Bedürfnisse klammerten sich auf frustrierende Weise an dieses hier; Klauen der schwachen und erbärmlichen Kreatur, die dieses hier vor langer Zeit zu töten versucht hatte. Während andere Froschwesen den Segen der Abgründigen Mutter erhalten hatten und nicht mehr länger das Verlangen nach Nahrung, Luft oder Wasser verspürten, außer dem des Körpers, in den sie sich versenkten, fühlte dieses hier noch Knoten im Bauch, konnte nicht unter Wasser bleiben.
    Ebenso wenig konnte es, dachte dieses hier gereizt, den wachsenden Druck in seinen Lenden noch länger ignorieren.
    Lautlos kroch dieses hier in eine Wandnische, die entstanden war, als die Mauern des Turms einstürzten und das Endlose Blau hereinrauschte. Dieses hier warf einen Blick über
die Schulter; es wusste, welche Schande über es käme, welcher Schmerz, wenn eines der anderen es sehen würde; und am Ende würde die Barmherzigkeit der Abgründigen Mutter an diesem hier vorübergehen.
    Und sie würde erst recht jetzt an diesem hier vorübergehen, das wusste es auch, als es den Lendenschurz fallen ließ und sein Wasser in das flache Becken abschlug, das sich in der Ecke der Nische gebildet hatte. Wasser zu entweihen, das die Hirten gesegnet hatten, missfiel der Abgründigen Mutter. Trotzdem machte sich dieses hier keine allzu großen Sorgen; die Abgründige Mutter war freundlich, die Abgründige Mutter war verzeihend, die Abgründige Mutter hatte diesem hier die Gnade des Vergessens und eines neuen Lebens tief unten im Endlosen Blau gewährt.
    Dies machte sich keine Sorgen, als es sich mit einem lauten Seufzer in das Wasser entleerte.
    Und dieses hier machte sich auch keine Sorgen, als die Luft ein wenig kühler wurde.
    Erst als dieses hier das Seil bemerkte, das von oben heruntersank, verspürte es ein Bedürfnis, das Bedürfnis zu schreien.
    Über seine Lippen jedoch kam nur ein ersticktes Gurgeln, als das dünne, scharfe Seil tief in seinen Hals schnitt und es hochzog. Dieses hier fühlte, wie es gegen eine unnachgiebige Oberfläche geschlagen wurde, es fühlte, wie sich der Knoten in seinem Nacken zuzog. Die Stimme von diesem hier verstummte, als der gelbe Strom aus seinen Lenden zu einem schwankenden Bogen wurde, und seine Klauen fühlten sich schwach und nutzlos an, als dieses hier an dem Seil zerrte.
    »Shhh«, zischte etwas hinter diesem hier.
    Diesem hier verschwamm alles vor den Augen, die aus ihren Höhlen traten, als wollten sie flüchten. Dieses hier trat gegen Leder, tastete vergeblich nach dem Messer, das an dem Lendenschurz hing, der in einem Häufchen unter seinen Füßen lag. Erst als dieses hier spürte, wie seine Lungen
sich zu rosa Fäusten in seiner Brust zusammenkrampften, erinnerte dieses hier sich an das Bedürfnis zu atmen.
    Ein Bedürfnis, das dieses hier nie wieder verspüren würde.
    Denaos fing die Leiche des Froschwesens auf, als sie zu Boden sank. Lautlos ließ er sie in die stinkende gelbe Pfütze hinab und versetzte ihr angewidert einen kurzen Stoß. Die Leiche rollte über den Rand und glitt mit einem leisen Plätschern in das schwarze Becken. Ganz gleich, wie flach dieses Becken sein mochte, das Froschwesen war nicht mehr zu sehen, und Denaos verspürte nicht das Verlangen, nachzusehen, wie tief dieses Becken wohl war.
    Stattdessen erhob er sich und sah sich in der Nische um, musterte prüfend die Gänge. Ein Hauch von Sonnenlicht kroch durch winzige Lücken in der Außenhaut von Eisentrutz, aber selbst diesem spärlichen Licht war es nicht gewährt, allzu lange im Turm zu überleben. Es wurde von dem dunklen Wasser aufgesogen, hinabgezogen, erlosch lautlos in den brackigen Tiefen, welche die Gänge überfluteten.
    Die Poesie dieses Gedankens war an Denaos nicht verschwendet, würde aber bis auf Weiteres warten müssen, bis er darüber nachsann. Im Augenblick begeisterte es ihn nur, weder auf Froschwesen, Abysmyths noch auf etwas anderes zu stoßen, das ihn daran hinderte, den anderen zu winken. Schritte, so laute Schritte, dass er zusammenzuckte, hallten durch den Gang, als zwei Schatten um eine Ecke in

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