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Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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wirkte im Umfeld einer Katastrophe irgendwie deplatziert, mit seiner Robe in den Farben von Federwolken und dem silbernen Medaillon von Talanas, das seine Brust schmückte. Sie musste dem Impuls widerstehen, ihr eigenes Medaillon zu polieren, so matt wirkte es neben dem hellen Strahlen seines Anhängers.
    Der Heiler selbst schien seinen Diener allen anderen vorzuziehen, denn vor dem Bullauge der Messe verzog sich eine Wolke. Die Sonne badete den Priester in ihrem Licht und legte einen Umhang aus Gold über seine Garderobe.
    Der Unparteiische räusperte sich, und sie sah ihn verlegen an. Sein Lächeln genügte, um einen nervösen Tick in ihrem Gesicht auszulösen.
    »Fühlst du dich vielleicht schuldig, weil du hier unten bist«, meinte er sinnend und lehnte sich zurück, »und einem alten Mann die Zeit vertreibst, während deine Gefährten dort oben bluten?«
    »Es ist keine Schande, sich um den Lord Emissär zu kümmern«, erwiderte sie und überlegte einen Moment, bevor sie stammelnd hinzusetzte: »Natürlich seid Ihr nicht so gebrechlich, dass Ihr diese Art von Aufmerksamkeit benötigen würdet … Ich meine, Ihr seid überhaupt nicht gebrechlich.« Sie räusperte sich. »Und es sind nicht nur meine Geschäftspartner, ich meine Gefährten, Ihr wisst schon, die da oben bluten und sterben. Ich bin eine Dienerin des Heilers und versuche in aller Demut das Fleisch zu heilen und die Leiden aller Lebewesen zu lindern, nicht nur das meiner …«
    »Atme«, schlug er vor.
    Sie nickte, holte rasch Luft und hielt kurz den Atem an.
    »Manchmal kommt es mir irgendwie falsch vor«, setzte sie dann erneut an, »fern von dem eigentlichen Kampf auf die Chance zu warten, Wunden zu verbinden und Kratzer zu säubern, während alle anderen kämpfen.«
    »Verstehe.« Er stieß ein nachdenkliches Brummen aus. »Aber habe ich nicht eben gehört, wie du deine Gefährten mit Worten förmlich in der Luft zerrissen hast, weil sie Leben nehmen?«
    »Immerhin hören sie es nicht«, murmelte sie und senkte den Blick. »Die Wahrheit ist…« Sie atmete heftig ein und setzte sich auf die Bank ihm gegenüber. »Ich weiß nicht, was ich hier Gutes bewirken soll, Lord Emissär.«
    Er antwortete nicht. Nur seine Augen leuchteten kurz auf, und er presste die Lippen zusammen.
    »Ich habe meinen Tempel vor zwei Jahren verlassen«, begann sie.
    »Um auf eine Pilgerreise zu gehen.« Er nickte.
    Sie neigte zustimmend den Kopf, während sie sich tadelte, nicht daran gedacht zu haben, dass er so etwas natürlich wusste. Alle Diener des Heilers verließen nach zehn Jahren des Gebetes und der Kontemplation ihre Klöster, um auf Wanderschaft zu gehen. Das war die Gelegenheit, ihre Schwüre zu erfüllen.
    Sie hatte viele Wunden verbunden und Krankheiten geheilt, hatte trauernde Witwen getröstet und geholfen, den Seuchen zum Opfer gefallene Kinder zu begraben, und sie hatte für viele Sterbende die letzten Riten vollzogen. Und seit sie zu den Gefährten gestoßen war, hatte sich die Zahl dieser Gelegenheiten mindestens verdoppelt.
    »Aber es gibt immer mehr und mehr«, flüsterte sie wie zu sich selbst.
    »Hm?«
    Sie sah hoch. »Verzeiht, es ist nur …« Sie verzog das Gesicht. »Es ist mir sehr schwergefallen, meine Bestimmung in alldem zu finden, Lord Emissär. Meine Geschäftspartner dagegen …«
    »Du meinst sicher deine Gefährten.«
    »Verzeihung, Lord Emissär, aber sie sind eher so etwas wie Geschäftspartner.« Sie schnaubte. »Ich habe ansonsten wenig mit ihnen gemein.«
    »Und genau das bereitet dir Kopfzerbrechen.«
    »Irgendwie … irgendwie ja.« Sie räusperte sich und riss sich zusammen. »Ich habe vielen geholfen und hege keinerlei Groll gegen den Gott, dem ich diene, oder gegen das, was er von mir verlangt … ich wünsche mir nur, dass ich mehr tun könnte.«
    Er trank noch einen Schluck Tee.
    »Wir haben in dieser Zeit viel gekämpft, meine Gefähr… sie und ich. Manchmal haben wir sicherlich nicht das Werk des Heilers verrichtet, aber ich habe gesehen, wie weit üblere Kreaturen, manchmal auch Menschen, von ihnen getötet wurden.«
     
    Und dabei hat der Tag so gut angefangen …
    Lenk hatte nicht viel geplant; ein Frühstück aus hartem Schiffszwieback und Bohnen, ein bisschen Zeit an Deck, und vielleicht vor dem Abendessen ein bisschen über die Reling zu kotzen. Nichts davon würde passieren.
    »Das ist unfair!«
    Die Stimme klirrte wie Stahl auf Eis. Sein Kopf schmerzte.
    »Betrüger! Sie sind dazu berufen!«
    »Wozu?«, stieß

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