Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
müsst zugeben, dass das wirklich nicht meine Schuld war, wisst Ihr…«
Ein knallendes Klatschen ertönte, seine Wange brannte, und eine Wolke aus Angstschweiß stob in die Luft. Er zuckte zurück und berührte den roten Abdruck auf seinem erröteten Gesicht, während er sie erschrocken ansah.
»Wofür war das denn? Ich habe Euch doch gerade gesagt, dass es ein Unfall war!«
»Unfall oder nicht, eine Dame hat immer das Recht, Ohrfeigen zu verteilen, um ihre Tugend zu verteidigen.« Sie schüttelte Schweißtropfen von den Fingern. »Das schreiben die Benimmregeln vor.«
Er hob den Finger, richtete ihn auf sie und stieß zwei unverständliche Worte hervor. Ein winziger elektrischer Funke tanzte seinen Arm hinab, sprang von seiner Fingerspitze und traf die Priesterin mitten zwischen die Brüste. Sie erzitterte und stieß einen spitzen Schrei aus, als sich der Funke ausbreitete und über ihren Körper lief. Ihr standen die Haare zu Berge, und sie stank nach zu kurz gekochtem Schweinefleisch.
»Wofür war das denn?«, erkundigte sie sich mit klappernden Zähnen.
»Für Eure Boshaftigkeit«, antwortete er und schüttelte die Funken von den Fingern.
»Wie überaus typisch!«, fauchte sie und bedachte ihre Gefährten mit einem verächtlichen Blick. »Ihr Leute seid vom gleichen Schlag. Benimmt sich einer von euch wie ein Schuft, tun die anderen es ihm gleich.«
»Wir Leute?«, meinte Lenk höhnisch. »Hast du vergessen, dass du zu uns gehörst, oder was?«
»Genau«, knurrte Kataria. »Immerhin haben wir dich in
die Kämpfe hineingezogen. Und ich sehe hier keinen Miron, der dir ins Gewissen redet, ganz zu schweigen davon, dass er versucht, dir die Augäpfel auszustechen.«
»Du spitzohrige kleine …!«
Der Streit endete schlagartig, als die Laternen an den Balken unter einem mächtigen Aufprall schwankten. Die Gefährten erstarrten und schluckten alle gleichzeitig, als ein riesiger Schatten aus dem Aufgang zu dem Unterdeck des Schiffes auftauchte. Dort stand Gariath und betrachtete sie mit vor Aufregung glitzernden Augen.
»Was geht hier vor?«, fragte er so leise er konnte, was allerdings nicht verhinderte, dass sie alle einen Schritt zurücktraten.
»Gar nichts«, antwortete Lenk und lächelte schwach.
»Sieht für mich nicht nach gar nichts aus«, grollte der Drachenmann und trat einen Schritt vor. »Sondern eher, als würdet ihr versuchen, euch gegenseitig umzubringen.«
Er legte eine kunstvolle Pause ein und ließ seine Zähne in einem morbiden Grinsen aufblitzen.
»Und zwar ohne mich!«
»Was Ihr nicht zu verstehen scheint, ist, dass dies hier pure Höflichkeit ist.« Argaols Stimme, die eigentlich hatte knurren wollen, sich dann entschied zu seufzen, kam letztlich als trockenes Husten aus seinem Mund. »Eure Kooperation mit uns macht den Unterschied zwischen einer netten, gemütlichen Zelle in Toha und der Gesellschaft Eurer Männer in der Tiefe aus.«
Rashodd blickte von dem Stuhl hoch, müde, wie er schon seit Beginn des Verhörs gewesen war, aber noch weniger von dem dunkelhäutigen Kapitän beeindruckt als zuvor. Man hatte ihm den Helm abgenommen; sein Gesicht über dem langen grauen Bart bestand nur aus Narben und Grinsen. Er hob eine Hand, was vom Klirren der Handschellen begleitet wurde, und legte sie vor den Mund, um ein Gähnen zu verbergen, was halb der Höflichkeit geschuldet, halb beleidigend gemeint war. Dann schmatzte er und sah Argaol in die Augen. Er war im Sitzen ebenso groß wie der stehende Kapitän.
»Ich verstehe Euer Verlangen nach Informationen, werter Herr«, erwiderte er brüsk, »ebenso wie ich Euren Mangel an Takt und Geduld verstehe. Dennoch muss ich darauf bestehen, dass Ihr endlich akzeptiert, dass ich nicht das Geringste weiß.« Er verzog in gespielter Unschuld die Lippen.
»Ich könnte Euch um Erlaubnis bitten, darüber zu schlafen, vielleicht in Gesellschaft eines Eurer weiblichen Passagiere. Es war schon immer mein Traum, herauszufinden, wie es sich wohl anfühlt, mit einer wilden Shict zu verkehren.«
Denaos musste bei diesen Worten ein anerkennendes Kichern unterdrücken. Er hatte sich selbst schon oft dasselbe gefragt, in der Hoffnung, ein solches Erlebnis mit seinen bisherigen Erfahrungen mit zivilisierteren Damen vergleichen zu können. Allerdings hatte er sich bislang gehütet, auch nur zu versuchen, Kataria dazu zu überreden. Sehr wahrscheinlich, dachte er, weil sie mir sonst vermutlich meine Herrlichkeit abgebissen hätte. Damit gab er sich zufrieden,
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