Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
viel lernen, vorausgesetzt, wir werden einer Leiche habhaft.«
»Es wird schwerlich eine von ihren Leichen sein, derer du habhaft wirst.« Denaos warf einen Blick über die Schulter auf Gariath. »Und du?«
Der Drachenmann antwortete mit einem Schnauben.
»Vermutlich das Klügste, was bisher dazu gesagt wurde.« Denaos seufzte frustriert und blickte zum Ende des Tisches, wo Lenk saß. Er hatte den Kopf auf die Ellbogen gestützt und starrte ins Leere. Sein Gesichtsausdruck blieb nicht unbemerkt.
»Ich bitte dich«, drängte Denaos ihn, »du als die einzige andere anwesende Person, die Verstand besitzt und weder spitzohrig noch schwachsinnig noch schuppenhäutig ist, du denkst doch wohl nicht ernsthaft über diesen Vorschlag nach?«
Lenk streifte Denaos mit einem kurzen Blick, bemerkte den hoffnungsvollen Ausdruck auf dem Gesicht des Assassinen und wandte sich dann an Miron.
»Woher sollen wir überhaupt wissen, wo sich dieses … Abysmyth aufhält?«
Unter Mirons scharfem Lächeln schwand der letzte Anflug von Gelassenheit bei den Anwesenden.
»Wir sind gerade dabei, das herauszufinden.« Er sah den dunkelhäutigen Mann am anderen Ende des Tisches an. »Kapitän, bringt ihn freundlicherweise herein.«
Argaols Gesicht hatte die Farbe einer abklingenden Prellung, als er den Kopf hob. Er war blass vor Furcht und grün
vor Übelkeit und sah von der Tür zu dem Priester, als wisse er nicht genau, was von beiden ihn nervöser machte.
»Was denn …?«, stammelte er. »Jetzt?«
»Jetzt.« Miron nickte.
»Ist das denn wirklich …?« Der Kapitän zögerte, schauderte und holte dann vernehmlich Luft. »Also gut.« Er stand auf, ging zur Tür, öffnete sie und beugte sich in den Gang. »Sebast! Bringt ihn rein!«
Der Erste Maat tauchte auf, als würde er von Furien verfolgt, und seine Hände zitterten unter dem Gewicht eines großen zylinderförmigen Gefäßes. Darüber lag ein schwarzes Tuch, auf das mit Kreide die Symbole von Talanas, Zamanthras und weniger verbreiteten Glaubensrichtungen gezeichnet waren. Er stellte den Zylinder auf den Tisch, als wäre er ein Kadaver, während er hastig unverständliche Gebete murmelte und sich die Hände wiederholt an seiner Hose abwischte.
»Also …« Denaos pfiff vor sich hin, als er dem Ersten Maat nachsah, der förmlich aus der Messe flüchtete. »Das hier wird wohl nicht besonders angenehm, was?«
»Was diese Kreaturen betrifft, existiert ein solches Wort nicht.«
Miron streckte die Hand aus und zog an dem Tuch. Es glitt mit einem leisen Geräusch von dem Zylinder. Laute des Würgens und Erbrechens ertönten bei dem Anblick dessen, was in dem Messingkäfig hockte und die Gefährten mit großen, starren Augen anblickte.
Lenk war sich nicht ganz sicher, ob diese Kreatur tatsächlich zu dem weiß gefiederten Chor vom Vortag gehört hatte, und er wusste auch nicht, ob er es wirklich erfahren wollte. Die Kreatur war jedenfalls höchst sonderbar. Sie hatte den Körper einer fetten Möwe und war schon aus der Ferne widerlich genug. Als sie jetzt in dem Käfig langsam im Kreis herumwatschelte und den Blick ihrer hervortretenden Augen auf die Versammelten richtete, wurde mehr als nur ein Blick gesenkt.
Dennoch schien man ihrem Starren nicht entkommen zu können. Die riesigen Augen glotzten über einer gekrümmten Nase wie der einer alten Frau, und um ihr klaffendes Maul legten sich gepunktete Falten. Die Zähne in diesem Maul waren lang, gelb und nadelscharf, und die Kreatur stieß wortlose Flüche aus, während sie drohend in dem Käfig hin und her schaukelte.
»Was … ist das?«, fragte Asper und schluckte schwer gegen den bitteren Klumpen in ihrer Kehle an.
»Ein Parasit«, antwortete Miron, der die Kreatur ohne jede Emotion betrachtete. »Er kündigt das Auftauchen des Abysmyth an, nährt sich von dem Leiden und den Resten, die es zurücklässt.« Er beugte sich höhnisch dichter an den Käfig. »Sein richtiger Name lautet … Omen.«
»Omen …«, wiederholte Lenk, der ganz offensichtlich der einzige andere unter den Anwesenden war, dem es nicht vor lauter Ekel die Sprache verschlagen hatte.
»So benannt wegen ihres Auftauchens vor irgendwelchen tödlichen und widerlichen Ereignissen. Sie sind die Boten und die Ausrufer von Ulbecetonth, die Cherubs, die um ihre Krone herumfliegen.« Miron ließ sich zurücksinken und legte die Finger aneinander. »Es ist zutiefst beunruhigend, dass sie den Himmel in einer so großen Zahl verdunkeln.«
»Ach was!«, knurrte
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