Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
wurde blass.
»Die Talanischen Verse. Absatz vierunddreißig, wenn du so freundlich wärest.«
»›Der Heiler Spricht Zu Den Massen?‹ Aber … aber wozu?« »Erlaube mir, die Fragen zu stellen, bitte.« Er deutete auf die Kreatur. »Rezitiere sie einfach.«
»Ja … gewiss.« Asper räusperte sich und zog damit die Aufmerksamkeit der Kreatur auf sich. Sie wandte den Blick ab und begann zu sprechen. »Und es war zur sechsten Mittagsstunde, die sechste Zerstückelung des Heilers, als Er sich erneut erhob, heil und unversehrt. Er sah über die Leute, die Fackeln und Sicheln gegen Ihn erhoben und verlangten, Ihn erneut abzuschlachten …«
Die Kreatur stieß ein leises Gurren aus, wie eine Taube, die erwürgt wird. Sie raschelte mit den Federn, und ihre Zähne klapperten etwas heftiger. Die gelben Füße bewegten sich, als sie auf der Stelle marschierte, als wollte sie angreifen.
»Hör nicht auf«, befahl Miron Asper, während er das Omen beobachtete. »Sprich, Ungeziefer! Wohin ist dein Herr verschwunden?«
»Und Er sprach zu ihnen: Fürchtet ihr Wunder? Habt ihr euer Vertrauen in die Götter dermaßen verloren?«, fuhr Asper schwer atmend fort. »Dann betrachtet mich voller Furcht, denn in der Angst werdet ihr das Verlangen nach Antworten finden. Und es sind Antworten, die ich euch geben werde.«
Das Omen kreischte plötzlich und warf sich gegen die Gitterstäbe. Das Messing des Käfigs klapperte auf dem Holz, und die Anwesenden fuhren zurück, alle bis auf Miron. Die Kreatur zischte, biss mit den gelben Zähnen auf den Stäben seines Gefängnisses herum und versuchte, sich zu befreien, den Gebeten ein Ende zu bereiten.
»Euer Leiden ist mir nicht unbekannt, sagte er. Und euer Tod
ist jetzt bei mir, an einem Ort von endloser Sonne und Frieden. Weint nicht um sie. Ich werde um euch weinen. Denn ich sage euch: Das Leben ist heilig.«
Die Kreatur warf sich heftig gegen die Stäbe. Ihr Schädel blutete, und ihre weißen Federn färbten sich rot, während sie kreischte und gutturale Jammerlaute ausstieß. Sie drehte sich im Kreis, wand sich auf dem Boden des Käfigs. Miron sah Asper an, hob die Hand und beugte sich dann dicht zu dem Käfig.
»Wo?«, flüsterte er.
»Norden!« , keuchte die Kreatur mit ihren inneren Lippen. »Norden.«
Miron nickte ernst, holte tief Luft und beendete dann das Gebet. »Hii lat Udun.«
»Und so ist der Tod«, übersetzte Asper. »Das ist… Altes Talanisch. Uraltes Talanisch. Es wurde nie außerhalb der hymnischen Verse benutzt…«
»Und nicht, seit die Menschheit aus vielen Sprachen eine einzige entwickelt hat«, beendete Miron ihren Satz.
Die Kreatur verdrehte sich noch einmal, dann lag sie still da, und das Leben entwich aus ihrem Leib mit einem einzigen gurgelnden, erstickten Seufzer. Die Anwesenden konnten nur fassungslos zusehen, wie Miron das Tuch nahm und es über den Käfig legte.
»Die wahre Schwäche eines Dämons ist sein Gedächtnis«, murmelte er. »Es erinnerte sich an die Gesänge, die das Haus in die Schlacht begleiteten, und es fürchtete sie.« Er hob den Käfig vom Tisch und stellte ihn auf den Boden. »Aber wichtiger ist, dass wir unsere Antwort haben. Wir wissen, wohin sie sich wenden.«
»Das kann nicht Euer Ernst sein«, flüsterte Denaos.
»Wie könnte ich anders als ernst sein?«
»Ihr zaubert einen fliegenden Ziesel-Dämon aus dem Hut, wendet ein paar Tricks an und erwartet von uns, dass wir daraufhin dem Abysmyth nachjagen?« Der Assassine wedelte mit den Händen. »All das überzeugt mich nur davon,
dass wir auf keinen Fall irgendwelche Dämonen verfolgen sollten! Lenk und Gariath zusammen konnten diesem Ding nicht mal einen Kratzer verpassen! Und Ihr wollt uns in den Kampf gegen etwas schicken, dem man nichts anhaben kann!«
»Es kann nicht von den Werkzeugen Sterblicher verletzt werden«, antwortete Miron rasch, »aber es gibt Waffen, die die Dämonen fürchten. Feuer ist ihr Verderben. Selbst die kleinste Hitzequelle verbrennt sie gnadenlos, und sie können nicht einmal Rauch ertragen.«
»Dreadaeleon ist ein Magus«, sagte Asper nachdenklich. »Er kann Feuer wirken.«
»Wie schade, dass er kein Feuer gespuckt hat, als ein Dämon an Bord war«, meinte Denaos verächtlich.
»Wenn ich es gewusst hätte, dann hätte ich vielleicht…«, begann Dreadaeleon.
»Ruhe!«, fuhr Lenk dazwischen.
»Ungeachtet dessen«, fuhr der Priester mit einem Seufzer fort, »habe ich Euch als Abenteurer gedungen. Ihr könnt jederzeit meine Gesellschaft
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