Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
wortwörtlich Magie lautete. Ebenso häufig wurde das »Schicksal« bemüht, oder »der Wille der Götter«, oder »verzeih, dass dein Sohn in einem Krieg gestorben ist, von dem wir behauptet haben, er wäre gerecht; vielleicht hättest du ein paar mehr Münzen in den Klingelbeutel tun sollen.« Wie auch immer die Erklärung lautete, die Priester lebten dafür, die Bemühungen der Magier zunichtezumachen.
Der Grund für die feindselige Haltung des Venarium dem Klerus gegenüber, und zwar ausnahmslos aller Glaubensrichtungen, hatte Wurzeln, die bis in die Geschichte der Erde zurückreichten. Hätten die Magier die größte davon beschreiben wollen, hätte es Jahre gebraucht, bis sie jede kleine Beleidigung und jedes Unrecht aufgeführt hätten, welches sie penibel aufgezeichnet hatten.
Bralston hatte keine Jahre zur Verfügung, also begnügte er sich einfach damit, Miron den Unparteiischen über den Tisch hinweg finster anzusehen.
»Ich mag dich nicht.«
Den Priester seinerseits schien das nicht aus der Fassung zu bringen. Er lächelte einfach nur, ein Lächeln, von dem Bralston zähneknirschend zugeben musste, dass es ihn an seinen geliebten Großvater erinnerte, während er eine Tasse mit dampfendem Tee an die Lippen eines langen Gesichtes unter einer weißen Haube hob.
»Das tut mir leid«, erwiderte der Lord Emissär.
»Eine Entschuldigung geht davon aus, dass es etwas gäbe, was du tun könntest, um meine Meinung zu ändern«, erwiderte Bralston scharf. »Ich versichere dir, dass meine Gründe tief genug in der Geschichte und der Philosophie wurzeln, um einen solchen Vorschlag vollkommen frivol erscheinen zu lassen, fast schon an Beleidigung grenzend. Und dazu noch eine Verschwendung von Zeit und Aufmerksamkeit deinerseits und meinerseits darstellen.«
»Das ist eine Interpretation.« Der Priester nickte. »Es gibt noch andere. Zum Beispiel kann es auch eine tiefe Trauer darüber ausdrücken, dass Geschichte und Philosophie mehr mit Meinung zu tun haben sollten als mit Charakter und persönlicher Erfahrung. Zusätzlich könnte es ein subtiles Begehren implizieren, welches besagt, dass Beziehungen geheilt werden sollten, wenn auch nur durch zwei Menschen mit offenem Verstand, die sich mit der richtigen Haltung im richtigen Moment treffen.«
Bralston schnaubte und verzog höhnisch den Mund. »Das ist albern.«
»Das tut mir leid.«
»Hör zu«, der Magus rieb sich die Augen. »Ich habe mehr als genug philosophische Trivialitäten in Cier’Djaal diskutiert. Ich hatte gehofft, diese Mission würde meine Wertschätzung des Einfachen erhöhen.«
»Du hoffst, dass eine Mission, Leute aufzuspüren, die Feuer aus ihren Fingerspitzen schleudern und sich dabei aufgrund der Hilfe von glühenden roten Steinen nicht beschmutzen, einfach wäre?«
»Was habe ich gerade gesagt?«
»Tut mir leid.« Miron lächelte und hob friedfertig eine Hand. »Entschuldige mich. In Wahrheit hatte ich gehofft, dass es dein Verlangen nach Einfachheit stärken würde, wenn ich dich hierherrufe.«
Bralston kommentierte das mit einem Grunzen. Bis jetzt waren die beiden Stunden, die er mit dem Lord Emissär verbracht hatte, alles andere als einfach verlaufen.
Er war wie geplant in Port Destiny eingetroffen, kurz nachdem der Tag über dem blauen Horizont des Meeres angebrochen war. Er hatte vorgehabt, sich nur so lange aufzuhalten, wie es dauerte, eine Mahlzeit einzunehmen. Zu seiner Überraschung hatte er eine große, in Bronze gekleidete, wild aussehende Frau mit rabenschwarzem Haar und einem langen Schwert vorgefunden, und zwar genau einen Meter von der Stelle entfernt, wo er an Land gegangen war. Ihre Miene schien nahezulegen, dass sie dort auf ihn gewartet hatte.
Seine Überraschung war jedoch rasch in Argwohn umgeschlagen, als sie, eine gewisse Ritter-Serrant Quillian Guisarne-Garrelle Yanates, ihm enthüllte, dass sie tatsächlich genau das hatte. Und dieser Verdacht hatte ihn dazu gebracht, ihr zu dem luxuriösen Tempel in der Stadt zu folgen und von dort zu dem Tisch, an dem er jetzt saß, einem Priester von Talanas gegenüber. Einem offenbar recht hochrangigen Priester von Talanas, der aus irgendeinem Grund alles über seine Mission zu wissen schien.
Und der, sein Augenlid zuckte nervös, einfach nicht ... aufhören will... zu lächeln.
»Du wirst mir verzeihen, wenn ich nicht allzu bereit bin, einfach nur mit einem Nicken alles zu akzeptieren, was du sagst, Lord Emissär.« Bralston spie den Titel fast auf den Tisch.
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