Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
die Straßen rannten, Frauen, die um ihr Leben flehten, Plünderungen, Gemetzel. Bralston jedoch war Bibliothekar und hatte keine andere Wahl, als sich an die präzise Chronologie dieser entsetzlichen Nacht zu erinnern.
Eine Stunde nach Sonnenuntergang: Die Hundeherrin, das Verderben der Schakale und Schutzherrin der Bürger, noch bevor Statuetten von ihr in jedem Geschäft in Cier’Djaal standen, war mit durchgeschnittener Kehle in ihrem Bett gefunden worden. Ihr Ratgeber war nicht in seinen Gemächern, und auch ihr Kind war verschwunden.
Zwei Stunden nach Sonnenuntergang. Ein Mann namens Ran Anniq, ein kleiner Schläger der Schakale, hatte den Stein geworfen, der den Herald niederstreckte, welcher ihren Tod verkündete.
Drei Stunden nach Sonnenuntergang. Bralston überlegte ernsthaft, ob er weiter leugnen sollte, dass die Hölle, so wie die Menschen sie kannten, existierte.
Das Venarium war von den Bonzen von Cier’Djaal erst sieben Stunden nach Anbruch der Dämmerung um Hilfe gebeten worden, als die Zahl der Verletzten zu groß geworden war, als dass die Heiler der Stadt sie noch hätten bewältigen können. Bralston war in diesen sieben Stunden nicht vom Fenster seines Arbeitszimmers getreten, außer um ein Ersuchen
einzureichen, ein Bordell aufsuchen zu dürfen, was ihm prompt verweigert wurde. Er hatte dem Gebäude, das noch unberührt von den Flammen war, die die Stadt umhüllten, nur einen flüchtigen Blick gegönnt, als er mit etlichen anderen Magiern ein Schiff bestiegen hatte, um es mit ihrer Magie schneller nach Muraska und zu den dortigen Heilern zu bringen.
Sie waren siebzehn Stunden nach Anbruch der Dämmerung zurückgekehrt, vollkommen erschöpft. Die Priester von Talanas hatten den Magiern Hilfe angeboten, nicht nur den Verletzten, die sie mitgebracht hatten, und viele von ihnen hatten sie zähneknirschend akzeptiert. Bralston hatte abgelehnt, ohne darüber nachzudenken, warum er sie hätte annehmen sollen; er konnte einfach nicht schlafen, weil er fürchtete, dass man das Bordell niedergebrannt und die Frauen geschändet hatte.
Nach zweiundzwanzig Stunden hatte er eine Hand auf seiner Schulter gespürt. Als er hochsah, begegnete er dem Blick von strahlenden Augen und einem tröstenden Lächeln. Blutverschmierte Hände hatten ihm eine Tasse Tee angeboten. Eine Frau in einer blauen Robe hatte ihm ihre rechte Hand auf die Schulter gelegt und ihn gefragt, was denn los wäre.
Dreiundzwanzig Stunden nach Anbruch der Dunkelheit hatte er geweint. In der vierundzwanzigsten Stunde hatte er geschlafen. Nach dreiundvierzig Stunden hatte er ihr nachgesehen, von seinem Schiff aus, und ihre Worte in seinem Herzen mitgenommen. Zwei Wochen später war er in das Bordell zurückgekehrt und dankte ihr immer noch stumm.
Jetzt, sieben Jahre später, dachte er erneut an sie, an ihren Gott, an das, was sie für ihn getan hatte.
»Ich weiß nicht viel über die Einzelheiten deiner Mission«, fuhr Miron fort. »Nur so viel, dass du jemanden suchst, der die Gesetze übertreten hat, sowohl die der Magie als auch die der Götter, und in diesem Punkt überschneiden sich unsere Interessen. Ich weiß, in welche Richtung du unterwegs bist, und ich weiß, in welche Richtung ich meine
Mitarbeiter geschickt habe ... in welche Richtung ich sie geschickt habe.«
»Ich ... ich tue es«, antwortete Bralston leise und ohne aufzusehen. »Falls ich sie finden kann... bringe ich sie zurück.«
»Ich bin sicher, dass du sie finden kannst ... falls nicht jemand anders sie vorher gefunden hat.« Miron zuckte zusammen. »Aber ich bitte dich nicht, ohne Hilfe von meiner Seite dorthin zu gehen. Du bist mit deinem Mantel von Cier’Djaal hierhergeflogen, richtig? Eine Reise, die mit einem Schiff Wochen dauert, hast du in nur anderthalb Tagen hinter dich gebracht ... seine Macht muss erschöpft sein.«
»Es wird ein wenig dauern, bis er sich wieder aufgeladen hat«, antwortete Bralston.
»Zeit, fürchte ich, die sie nicht hat. Aber ich habe ein Schiff.« Miron deutete aus dem Fenster seines Zimmers zum Hafen der Stadt. »Such ein Schiff namens Gischtbraut; du wirst den Kapitän nicht weit entfernt finden. Sag ihm, sein Charter verlangt, dass er dich zu deinem Ziel bringt.«
»Unsere Agenten vermuten, dass dieser Verbrecher sich in der Nähe der Fernen Inseln verbirgt«, sagte Bralston. »Viel mehr als das wissen wir jedoch nicht.«
»Es könnte jemanden geben, der mehr weiß«, meinte Miron. »Ein Mann namens Rashodd. Er war in
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