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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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Intensität, die instinktive Sorge, die sich im Gesicht des Priesters abzeichnete und anzudeuten schien, dass er Bralston schon sein ganzes Leben lang kannte.
    Nur eine Person hatte ihn jemals so angeblickt ...
    »Du weißt es ...«, flüsterte der Bibliothekar.
    »Ich weiß, dass du eine Frau liebst«, antwortete Miron. »Dass du Blut vergossen hast, um sie zu beschützen, Blut, welches das Venarium beinahe in einen Krieg mit den Schakalen gezogen hätte. Ich weiß, dass du zwei Männer ohne zu zögern bei lebendigem Leib verbrannt hast, und zwar wegen der Qualen, die sie einer armen Frau zugefügt haben. Ich weiß, dass deine Pflichten weit, sehr weit über das hinausgehen, was das Venarium behauptet, im Namen seiner Gesetze zu tun.«
    Bralston erwartete eigentlich zu frösteln, erwartete, dass eine solche Enthüllung sich wie eine Klammer um sein Herz legte. Stattdessen fühlte er sich warm, getröstet von dem beruhigenden Lächeln, das der Priester ihm zeigte. Gleichzeitig verspürte er einen Drang, denselben Drang, der ihn als Kind dazu gebracht hatte, weinend zu seiner Mutter zu laufen, wenn er sich das Knie aufgeschlagen hatte, oder die Beine seines Vaters zu umschlingen, wenn ein Hund ihn angeknurrt hatte.
    Ein Drang, gegen den er glaubte, sich abgehärtet zu haben.
    »Das ist der Grund, Bralston«, flüsterte Miron. »Ich möchte, dass du meine Mitarbeiter suchst. Es sind sechs, vier Männer und zwei Frauen.«
    »Und...« Bralston schluckte schwer. »Du willst, dass ich die Frauen rette.«
    »Wenn es in deiner Macht steht, möchte ich dich bitten, sie alle zu retten. So wie es aussieht, sind diese Abenteurer ausgesprochen kompetent. Die Männer sind ausgezeichnet bewaffnet, und eine der Frauen, eine Shict, ist vermutlich noch besser in der Lage, sich selbst zu schützen.« Miron verzog
vor Sorge das Gesicht. »Das sechste Mitglied jedoch ... sie ist nicht schwach, überhaupt nicht, aber sie ist... unerfahren.«
    »Verstehe.« Bralston kratzte sich nachdenklich das Kinn. »Diese Frau ... ich nehme an, sie gehört zu deinem Orden.«
    »Tust du das?«
    »Auch wenn ein Lord Emissär noch so mitfühlend ist, bezweifle ich ernsthaft, dass seine Barmherzigkeit so weit reicht, dass sie auch Abenteurer umfasst. Sie leben, um zu sterben, oder etwa nicht? Man benutzt sie und entledigt sich ihrer.«
    »Vielleicht vertreten einige diese Haltung.« Zum ersten Mal schlich sich eine Spur von Bedrücktheit in Mirons Miene. »Aber trotzdem hast du recht. Sie ist Talanas geweiht und leistet ihre Pilgerreise mit den anderen ab. Sie ist eine Priesterin.«
    Der Bibliothekar zuckte nicht zusammen, was er normalerweise immer bei einem solchen Wort tat. Die jahrelange Feindschaft war vergessen, wurde von einem plötzlichen Drang ersetzt, der sein ganzes Wesen erfüllte, dasselbe Bedürfnis, das ihn dazu verleitet hatte, die beiden Männer bei lebendigem Leib zu verbrennen.
    »Eine Priesterin ...«, flüsterte er.
    »Mir ist klar, dass du mit ihrer Berufung nicht übereinstimmst. Aber sie ist noch nicht hart genug, um zu wissen, dass irgendetwas jenseits ihres Glaubens existiert.« Miron lächelte. »Sie ist diejenige, an deren Rettung mir am meisten liegt. Ich fürchte, ein Schrecken wie der, welcher dieser armen Frau in Cier’Djaal zugemutet wurde, würde sie vollkommen vernichten.«
    Er erinnerte sich wieder an die Frau und spürte, wie ihn erneut der Abscheu überkam. Er erinnerte sich an die Schwellungen auf ihrem Gesicht, an die Art, wie sie versucht hatte, sich in sich selbst zurückzuziehen, um aus dem Zimmer zu entkommen. Er erinnerte sich an ihre Augen, die so leer und distanziert waren, als sie beobachtet hatte, wie die beiden Männer für das brannten, was sie ihr angetan hatten. Er versuchte
sich vorzustellen, wie sie gewesen war, bevor dieser Hexer, der Häretiker, sie zerschmettert hatte.
    Er stellte fest, dass er die Vorstellung nicht ertragen konnte.
    »Wenn Worte dich nicht überzeugen können, können wir vielleicht herausfinden, ob persönliche Erfahrungen tatsächlich uralte Verachtung überwinden können«, meinte Miron, als Bralston aufblickte. »Man hat mir gesagt, du wärest eines der wenigen Mitglieder des Venarium gewesen, das dabei geholfen hat, die Verletzten in der ›Nacht der Hunde‹ zu transportieren.«
    Er nickte langsam, weil er sich diese Ereignisse nicht ins Gedächtnis rufen wollte. Ein geringerer Mann hätte sich nur an Bilder und Geräusche erinnert: Feuer, Schreie, Schurken, die durch

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