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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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herabsausen ließ. Als er landete, ertönte ein lautes Kreischen, und stinkende Flüssigkeit spritzte durch die Luft.
Bagagames Zunge zuckte zwischen seinen grinsenden Lippen hervor und leckte einen schimmernden Brocken von seinem Mund. »Saftig genug für einen König, was?«
    »Du nimmst mir die Worte aus dem Mund«, erklärte Lenk, während er sein lächelndes Gesicht von dem Echsenmann zu seinen Gefährten wandte. »Bagagame, führ uns zu Togu.«

Er schlich lautlos durch die Gassen der Stadt, die Kapuze tief in die Stirn gezogen, den Mantel eng um sich gehüllt. Er bewegte sich schnell, vorbei an den Steinen, in denen die Sünden seiner Erinnerungen eingebettet waren, während er auf Füßen daran vorbeiging, die keine Schwimmhäute aufwiesen und das Gefühl der Erde unter ihren Sohlen ertragen konnten. Das hatte er einst auch getan. Einst war er unter ihnen gewandelt, und sie hatten ihn Nachbar genannt.
    Wie sie mich wohl jetzt nennen, frage ich mich, dachte er . Monster? Ketzer? Betrüger? Dämonenverehrer? Am Eingang einer Gasse blieb er stehen und sah sich kurz um, bevor er durch die Sonne wieder in den Schatten trat. Und wie könnte ich sie beschimpfen? Schafe. Vieh. Blinde, ignorante Massen, die sich selbst in die Öfen werfen, die von den Lügen der Götter und ihrer Lakaien befeuert werden. Wenn sie es unbedingt so wollen, haben sie den Tod verdient. Sie verdienen es, zu ...
    Nein. Nein!, tadelte er sich. Denk an das, worum es hier geht.
    Er warf einen Blick auf die Phiole in seiner Handfläche, in der eine zähe, klebrige Flüssigkeit schwappte, als besäße sie selbst eine Art nebulöses Leben. Mutters Milch. Das Geschenk von Ulbecetonth. Der Katalysator der Veränderung.
    Veränderung, rief er sich ins Gedächtnis, nur darum ging es. Veränderung, welche den Sterblichen die Scheuklappen herunterreißen würde, ihnen zeigte, dass ihre Götter taub und gleichgültig waren. Ihm war klar, dass dies nur mit Gewalt ging. Menschen würden sterben. Mehr jedoch würden leben, angeführt von einer Herrin, die sie hörte und auch zu ihnen sprach. Aber das würden sie niemals verstehen.
    Sie würden ihn ein Monster nennen.
    Er selbst nannte sich der Mund.
    Früher jedoch hatte er einen anderen Namen getragen, daran erinnerte er sich noch. Er hatte einen Namen gehabt, ein Heim. Er hatte immer noch Erinnerungen. Der Prophet war grausam, weil er verhinderte, dass er von diesen Erinnerungen erlöst wurde, aber vielleicht lag ja ein Sinn darin, dass er sie noch besaß. Vielleicht musste er sich daran erinnern, warum er seinen Namen, sein Heim, das Land und auch den Himmel aufgegeben hatte.
    Als er an die verrottete Tür eines schon lange aufgegebenen Hauses kam, schoss ihm ein schmerzhafter Stich durchs Herz. Er legte eine Hand auf das zersplitterte Holz der Tür, auf der ein großes rotes Kreuz gemalt war, und kämpfte gegen das Bedürfnis an, sich abzuwenden. Er stieß die Tür auf und trat ein.
    Schatten begrüßten ihn. Sie kannten ihn noch. Sie waren schon lange hier, in das Holz des Hauses selbst eingedrungen. Sie hatten alles gesehen. Sie erinnerten sich an alles. Und er las ihre lichtlose Geschichte, als er seine Kapuze zurückschlug und über die morschen Dielen schritt.
    Er kam an einer Tür vorbei; die Schatten sprachen zu ihm von einer Küche, die nie überreichlich gesegnet gewesen war und doch genug, um jeden Abend einen Eintopf auf den Tisch zu bringen. Er passierte einen verfaulten Tisch; die Schatten sprachen zu ihm von drei Körpern, die dort saßen, einen Laib Brot brachen und teilten. Er ging zu den verfallenen Treppen im hinteren Teil des Hauses.
    Die Schatten baten ihn umzukehren. Sie erinnerten sich an
das, was geschehen war. Sie sagten ihm, dass er es nicht wiedersehen wollte.
    Trotzdem stieg er die Treppe empor. Die Stufen kannten ihn, begrüßten ihn mit demselben protestierenden Knarren, wie sie es jahrelang getan hatten. Er blieb kurz stehen und betrachtete eine leere Stelle an der Wand, wo die Schatten eine Spur heller waren als in dem Rest des verfallenen Hauses. Hier hatte einst ein heiliges Symbol gehangen, die große sich brechende Welle von Zamanthras, der Seemutter, ein Talisman gegen die Fährnisse des Lebens und eine Bitte um den Segen der Göttin.
    Er erinnerte sich an das Symbol. Er wusste noch, wann er es aufgehängt hatte. Und er wusste auch, wann er es abgenommen hatte. Er erinnerte sich daran, dass er ihm Fragen zugeschrien hatte, Antworten verlangt und nicht bekommen hatte.

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