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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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wurde ihm plötzlich bewusst. Nein ... nein, du kannst nicht weglaufen. Wenn irgendjemand weiß, dass du hier bist, dann muss er eliminiert werden. Sie dürfen niemandem erzählen, dass du hier gewesen bist. Sie dürfen es nicht wissen ... noch nicht.
    Mit dem Messer in der Hand schlich er zur Treppe und zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Ohne Bedauern zu spüren, hielt er Ausschau nach dem Leben, das er auslöschen
würde. Veränderung war letztlich gewalttätig. Jetzt sah er den Eindringling: eine wilde schwarze Haarmähne auf einem dürren Körper, der das schmuddelige Leinen der Armen trug. Vielleicht ein Spion? Wahrscheinlich ein Bettler. Das spielte keine Rolle; er würde trotzdem sterben. Das war keine Sünde. Wenn einer sterben musste, sodass die anderen leben konnten, dann war es nur ...
    Seine Gedanken wurden von dem ohrenbetäubenden Lärm unterbrochen, dem so vertrauten Knarren der Stufen.
    Der Kopf des Eindringlings ruckte hoch. Große braune Augen starrten ihn an. Ein dünnes, dunkelhäutiges Gesicht wurde ganz schlaff vor Furcht bei seinem Anblick. Und er spürte, wie sein eigenes Gesicht ebenfalls erschlaffte, seine Augen groß wurden und Worte über seine Lippen drangen.
    »Ein ... Mädchen?«
    »Ich habe nichts gemacht!«, erwiderte sie. »Hier hat schon seit Jahren niemand mehr gelebt.«
    »Ich habe hier gelebt«, antwortete er, ohne nachzudenken.
    Ihre Antwort bestand darin, rasch herumzuwirbeln und davonzurennen. Die Tür schwang hinter ihr wild in ihren Angeln.
    Im nächsten Augenblick sprang er über das Geländer und folgte ihr. Erst nach etwa einhundert Schritten bemerkte er, dass er das Messer im Haus fallen gelassen hatte. Und nach einhundertfünfzig Schritten wurde ihm klar, dass es ihn nicht kümmerte. Er wollte sie nicht umbringen. Er wollte sie nur ...
    Was?, fragte er sich. Sie ansehen? Denk an deine Pflicht! Denk an die Veränderung!
    Doch er konnte an nichts anderes denken als an ihr Gesicht. Ihr schmales Gesicht, ihre aufgerissenen Augen. Er musste sie wiedersehen. Er musste erneut in ihr Gesicht blicken.
    Er sah ihren Hinterkopf, als sie durch die Gassen stürmte, als sie versuchte, ihn abzuschütteln. Sein Mantel öffnete sich während der Verfolgung bei dem Versuch, sich nicht abhängen zu lassen. Sein bleicher Körper, die Schwimmhäute
zwischen seinen Fingern waren eindeutig zu erkennen. Er gehörte nicht zu diesen dunkelhäutigen Insulanern. Sie würden ihn erkennen. Sie würden ihn Monster schimpfen. Seine Mission wäre vorbei. Die Veränderung würde niemals eintreten.
    Aber er musste sie sehen.
    »Warte! Warte! «, rief er hinter ihr her. »Ich bin nicht wütend! Ich will nur reden!«
    Sie antwortete nicht, sondern bog in eine Gasse und verschwand. Er folgte ihr, bog in dieselbe Gasse ein und kam recht abrupt zum Stehen, als er gegen eine breite, in Leder gehüllte Brust prallte.
    Er blickte hoch. Glühende, dunkle Augen erwiderten seinen Blick. Er sah sich in ihnen reflektiert: geisterhaft weiß, schwarzäugig und haarlos. Er geriet in Panik, wirbelte herum und floh aus der Gasse.
    Bralston starrte ihm nach.
    »Ist es in Port Yonder an der Tagesordnung, dass Degenerierte ungehindert durch die Straßen rennen, ohne darauf zu achten, wen sie umrempeln?«, fragte er seinen Führer.
    »Port Yonder ist seit einiger Zeit keine Stadt mehr, in der Ordnung herrscht.«
    Der Name seines Führers war Mesri; er war Priester von Zamanthras und der Sprecher der kleinen Gemeinde. Er hatte Bralston am Hafen abgeholt, aus Gewohnheit, wie er erklärt hatte. Bralston hatte ihn kurz gemustert: Er war korpulent, in eine Robe gehüllt, die einst prächtig gewesen sein mochte, jetzt jedoch am Saum bereits ausfranste. Er hatte einen dichten, dunklen Schnauzbart und trug ein glänzendes Medaillon des Brechers, der gischtgekrönten Welle von Zamanthras, um seinen Hals. Alles in allem sah er genau wie der Typ eines Abgesandten aus, den eine Fischerstadt einem Mann entgegenschicken würde, der auf einem gigantischen, dreimastigen Schiff in ihren Hafen einlief.
    »Zugegeben, früher einmal hatten wir so etwas wie Ordnung«, führte Mesri aus. »Doch seit die Fische nicht mehr
kommen, ist der Anblick von Leuten, die durch dunkle Gassen rennen, häufiger geworden.«
    Bralston hob den Blick und betrachtete die verfallenen und baufälligen Gebäude um sie herum.
    »Und die hier?«
    »Sind schon immer hier gewesen«, erwiderte Mesri. »Vor langer Zeit hat jemand entdeckt, dass die Fische auf

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