Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
wach?«
»Seit ... seit ziemlich ... nein! Nein! So wirst du mich nicht wegschicken!«
Als Gariath diesmal den Älteren neben sich bemerkte, war er wieder deutlicher zu sehen, seine rote Haut schimmerte, die Augen waren hart und schwarz. Der Ältere deutete mit dem Kinn flussabwärts.
»Da vorne.«
»Was?«
Gariath blickte hoch und sah nichts als Sonnenstrahlen. Als er zur Seite sah, kräuselte sich das Wasser, mehr nicht. Der Ältere war bereits vorgegangen, watete durch den Fluss und verschwand hinter jedem Sonnenstrahl.
»Was ist vor uns?«
»Ein Grund, Weisester; wenn du mir folgen würdest und ... sieh selbst.«
Gariath folgte ihm, ohne genau zu wissen warum, außer dass er den Drang verspürte, den Älteren im Blick zu behalten, ihn daran zu hindern, hinter diesen Sonnenstrahlen vollkommen zu verschwinden. Mit jedem Schritt, den er tat, drangen seltsame Gerüche in seine Nase, Gerüche, die ihm nicht unbekannt waren. Der kreidige Geruch von Knochen war vorherrschend, obwohl das Gariath nicht viel verriet; er bezweifelte, dass es irgendwo auf dieser Insel eine Stelle gab, an der er diesen besonderen Gestank nicht wahrnehmen würde.
Also war er nicht besonders überrascht, als er das Skelett sah, dessen großer weißer Fuß in der Sonne auftauchte. Es war ein titanisches Skelett; der Fluss suchte sich demütig seinen Weg unter der toten Kreatur, strömte so sachte darunter hinweg, als hätte er Angst, dass sich der ausgebleichte Unhold rühren und jeden Moment erheben könnte.
Gariath fand das nicht sonderlich schwer zu glauben, als er neben das Skelett trat, sich unter sein gewaltiges, gespreiztes Bein duckte, sich zwischen den zerschmetterten Rippen hindurchwand und sich dem riesigen Fischschädel näherte.
Sofort wurde sein Blick von dem gewaltigen Loch angezogen,
das in dem Schädel gähnte, ein gezackter Riss, der weit größer war als die runden Höhlen, in denen die Augen der Kreatur gesessen hatten. Ihre Knochen wiesen ähnliche Verletzungen auf. Gebrochene Rippen, Scharten im Beinknochen. Der linke Unterarm war zurückgebogen, hinter ein Rückgrat, das sich so hoch erhob, dass es fast bis an den Rand der Schlucht reichte. Der rechte Arm dagegen war ausgestreckt und schien nach vorne zu greifen.
Aber wonach?
Dieses große tote Ding hatte, als es noch etwas größer und nicht so tot gewesen war, mit ausgestrecktem Arm innegehalten, und die Krümmung seiner Skelettfinger legten nahe, dass es sie nach etwas ausgestreckt hatte, das es nicht hatte ergreifen können.
Er warf einen Blick in die Schlucht, bemerkte die Form der Felsen; sie waren zu grob, als dass sie mit präzisen Werkzeugen vorsichtig herausgemeißelt worden wären, aber zu glatt, als dass irgendeine Naturkraft sie hätte formen können. Sie sahen eher aus, als wären sie willkürlich entstanden, wie durch Zufall, als wäre irgendetwas Großes heruntergefallen...
Und dann wurde es gezogen , dachte er und blickte wieder auf den zertrümmerten Schädel, oder hat sich selbst durch die Schlucht geschleppt, bis ...
»Dieses Land ist nicht unser Land. Nicht mehr.«
Gariath hob den Kopf und sah den Älteren, der auf dem Fischschädel hockte und aufmerksam das Loch im Knochen betrachtete.
»Diese Insel ist eine Grabstätte.«
»Diese dunklen Flecken auf dem Felsen«, meinte Gariath. »Das ist ...«
»Blut«, bestätigte der Ältere. »Fleisch, das auf den Felsen verteilt wurde, abgestreift wurde, die Erde befleckt hat, während die Schreie dieses Dings die Luft verpesteten, als es sich von den Waffen wegschleppte, die seine Beine zerschmettert und ihm das Rückgrat gebrochen hatten.«
Gariath betrachtete die aufgerissenen Kiefer, die endlosen Reihen von gezackten Zähnen, die Schatten, die das riesige, fleischlose Maul warf.
»Was hat es geschrien?«
»Es hat dasselbe geschrien, was alle Kinder schreien ... es hat nach Mutter und Vater geschrien.«
Er fragte nicht, ob sie gekommen waren, um ihre titanischen Nachkommen zu retten, er wollte nicht einmal darüber nachdenken, welche Geschöpfe so etwas wie diesen ungeheuren Dämon zeugen konnten. Er wusste, dass er seinen Blick hätte abwenden sollen, weg von dem Mund, der plötzlich so erbärmlich stumm war, weg von den Augen, den riesigen, leeren Augen, die sich bemühten, Flüssigkeit hervorzubringen, um in Tränen zu schwimmen. Er versuchte seinen Blick abzuwenden und zwang sich, auf die Erde zu sehen.
Aber es war unmöglich. Es war unmöglich, nicht die Schreie von zwei
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