Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
unter der Wasseroberfläche böse knurrte, sich zu einer dunklen Spirale zusammenrollte und dann durch das Wasser schoss. Lenk fluchte.
»Runter!«, schrie er. »Runter! «
Er verzichtete darauf, Gariath anzuschreien, der mit schlaff herabhängenden Armen dastand und seine Schnauze in die Luft gehoben hatte. Er hatte die Augen geschlossen und seine Schwingen auf seinem Rücken gefaltet, als er jetzt die Hände gen Himmel hob. Obwohl Lenk nur einen ganz kurzen Moment Zeit hatte, ihn zu beobachten, bevor Panik seine Sinne lahmlegte, bemerkte er, dass der Drachenmann zum ersten Mal, seit er ihn kannte, freundlich lächelte, als wäre er vollkommen mit sich im Reinen.
Er lächelte immer noch, als die Akaneed ihn traf.
Das Brüllen der Kreatur dröhnte über das Meer, als sie aus den Fluten hervorbrach. Ihr Schädel rammte den schwachen Rumpf der Gig. Die Welt schien in einem grauenvollen Krachen unterzugehen, während Splitter durch die tosende Gischt schossen. Die Gefährten wirkten so schwach, vollkommen bedeutungslos in den herumfliegenden Trümmern; ihre Gestalten waren nur flüchtige Schatten in der Nacht, als sie durch die Luft flogen.
Luft, dachte Lenk, als er zu den Blitzen hinaufschwamm, die die Oberfläche über ihm erhellten. Luft. Luft. Der Instinkt vertrieb die Furcht, so wie die Furcht den Hass vertrieben hatte. Er schlug und trat um sich, als er sich bemühte, die Oberfläche zu erreichen. Schließlich schaffte er es mit einem Keuchen, das seine Lungen zu verbrennen schien, und im nächsten Moment hustete er Wasser aus.
Er sah sich hastig und voller Panik um, konnte jedoch weder seine Gefährten noch die Kreatur entdecken. Das Boot selbst schien unversehrt zu sein. Es schwankte mit einer beinahe
beleidigenden Gelassenheit auf dem vom Kampf aufgewühlten Wasser. Die Essensrationen und die Werkzeuge, die sie mitgenommen hatten, schwammen im Wasser darum herum und gingen nach und nach unter.
»Schwimm hin, du Narr !«, schnarrte die Stimme. »Wir können uns nicht ewig über Wasser halte n.«
Lenk war nicht in der Lage, den Unterschied zwischen der kalten Präsenz in seinem Kopf und der Stimme seines eigenen Überlebensinstinktes festzustellen, und schwamm paddelnd auf das Boot zu, bis er fürchtete, sein Herz würde explodieren. Er kam immer näher und suchte dabei nach einem Anzeichen von seinen Gefährten; nach einer behandschuhten Hand, die sich aus den düsteren Wogen erhob, nach braunem Haar, das im Wasser verschwand.
Nach grünen Augen, die sich schlossen ... eines nach dem anderen.
Später, sagte er sich, als er nach dem schwankenden hölzernen Kadaver tastete. Jetzt gilt es zu überleben, Sorgen kannst du dir später machen. Seine innere Stimme wurde fast hysterisch, und er grinste wie verrückt, als er sich der Gig näherte. Ein kleines Stück noch. Nur ein kleines Stück!
Das Wasser um ihn herum schien zu explodieren, als ein gewaltiger blauer Pfeiler sich wie aus einem feuchten Mutterleib erhob. Dann blickte der Pfeiler auf ihn herab, und seine wilde Verachtung schien Lenks Entsetzen zu spiegeln. Es dauerte etliche atemlose Augenblicke, bis Lenk bemerkte, dass die Bestie, die ihn jetzt mit zwei glitzernden gelben Augen anstarrte, vollkommen heil und unversehrt war.
»Süßer Khetashe«, flüsterte er, weil er nicht genug Luft hatte, um zu schreien. »Es gibt zwei von ihnen.«
Die Antwort der Akaneed war ein Brüllen, das dem Donnern des Himmels in nichts nachstand, während sie sich zurückbeugte und dann auf die Reste des Bootes stürzte. Ihr Schädel rammte das Holz, und die Splitter flogen in wilden Schwärmen durch die Gegend. Lenk sah voll Entsetzen zu, unfähig, etwas zu tun, als eine zertrümmerte Planke ihn an
der Schläfe traf. Instinkt, Furcht, Hass ... all das wich der Dunkelheit, während sein Körper gefühllos wurde. Seine Arme schlugen nicht mehr um sich, und seine Beine hörten auf, Wasser zu treten.
Ohne zu blinzeln versank er im Meer. Er starrte zu dem zertrümmerten Boot hinauf, das von zuckenden Blitzen erhellt wurde, als es mit ihm zusammen in sein Grab sank. Schon bald verblasste auch dieses Bild, als seine Augen vergaßen, wie sie etwas erkennen konnten, und seine Lungen nichts mehr von ihrem Bedürfnis nach Luft wussten. Er streckte halbherzig die Hand nach dem Schwert aus, das neben ihm in die Tiefe sank.
Als er stattdessen nur Wasser zwischen den Fingern spürte, wusste er, dass er sterben würde.
»Nein «, erklärte die Stimme, die mehr drohend als
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