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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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zu tun. Und so sehr sie sich deswegen auch verfluchte, wirklich überraschen konnte sie das nicht.
    Es verblüffte sie jedoch, dass Naxiaw ihrem Beispiel gefolgt war und die Menschen in Ruhe gelassen hatte. Zu den Eigenschaften, für die die s’na shict s’ha berühmt waren, gehörten auf keinen Fall Toleranz und Geduld.
    Warum er im Wald verschwunden war und dort wartete, wusste sie nicht. Warum er ihr dann geröstete Amphibien anbot, konnte sie sich nicht erklären. Und sie hatte keine Ahnung, was er in ihr zu finden hoffte, als er sie so eindringlich anstarrte.
    Sie wünschte sich aber verzweifelt, dass er damit aufhörte.
    Möglicherweise hatte er ihren Wunsch durch das Heulen aufgeschnappt. Oder aber er hatte gesehen, wie sie unbehaglich auf ihrem Holzstamm hin und her rutschte, mit einer Intensität, wie sie normalerweise nur Hunde an den Tag legten, die unter irgendwelchen Parasiten litten. Jedenfalls wandte er seinen Blick ab.
    »Wenn man das Gift aus einem Frosch herauskocht, ist es sinnlos, sie zu verzehren«, sagte er und nahm einen Beutel von seiner Hüfte. »Du musst wissen, dass Gift viele Vorzüge hat.«
    »Mein Vater hat gesagt, so würde das Blut der Grünshict giftig bleiben«, antwortete sie.
    »Dein Vater wusste mehr über die s’na shict s’ha«, er machte eine kleine Pause um der Wirkung willen, »als von seinem eigenen Volk.«
    »Du kanntest ihn?«
    »Viele von uns kannten ihn. Er war ein sehr kluger Führer. Er wusste, was er war. Er wusste, was er zu tun hatte.
Er wusste, dass er ein guter Shict war, und das wussten wir auch. Und er kannte die Vorzüge, die es hat, wenn man Gift verzehrt.«
    Er griff in den Beutel und zog einen lebenden Frosch heraus. Der rotblaue Körper schimmerte feucht, als das Tier zufrieden in seiner Handfläche quakte, scheinbar ohne jede Furcht.
    »Es ist ein vorübergehender Schmerz und reißt einen aus der Betäubung«, erklärte er. »Er schärft die Sinne, macht einem die Schwäche geringerer Schmerzen bewusst... und verbessert die Darmfunktion.«
    Er sagte das sehr nachdrücklich und sah sie dabei an. Sie runzelte die Stirn.
    »Und?«, setzte sie nach.
    »Und«, fuhr er fort, »Gift heilt die Seuche.«
    Sie versteifte sich bei dem Wort, und eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
    »Man sollte annehmen«, flüsterte sie zögernd, »dass Gift einen auch krank werden lässt.«
    »Gift macht einen nicht krank; es vergiftet nur. Das ist eine vorübergehende Erscheinung, die dem Körper zugefügt wird. Das Gift dringt in den Körper ein und verlässt ihn wieder, vorausgesetzt, der Wirt ist stark genug. Überlebt er, ist er dem Schmerz gegenüber widerstandsfähiger.«
    Er beobachtete den Frosch, der zögernd über seine Handfläche watschelte und den neuen Untergrund behutsam sondierte.
    »Krankheit wird aus etwas Tieferem geboren«, sagte er. »Sie infiziert, sie gärt im Wirt, nicht als fremdes Element, sondern als ein Teil seines Körpers. Deshalb verlässt sie ihn auch nicht von allein. Selbst wenn die Symptome verschwinden, die Krankheit bleibt und gebiert sich immer wieder neu. Aus diesem Grund kann der Wirt nicht darauf warten, bis sie verschwindet. Er muss behandelt werden.«
    Seine Finger ballten sich zu einer Faust. Es knackte leise.
    »Geheilt.«
    Kataria wehrte sich gegen den Ekel, der sie durchströmte, mehr wegen der unvermittelten Unbarmherzigkeit, als deshalb, weil er den rohen Frosch anschließend in den Mund steckte und herunterschluckte.
    »Eine geheilte Krankheit ist ein gereinigter Körper. Das macht den Wirt stärker. Allerdings erfordert es selbstverständlich, dass er die Krankheit überhaupt erst als solche erkennt.«
    Er richtete seinen durchdringenden Blick erneut auf sie, durchdrang ihre zarte, nackte Haut, ihre zitternden Knochen, ihre Sehnen, die sich in Gelatine zu verwandeln schienen. Dann sah er, wonach er gesucht hatte. Sie spürte sein Wissen in ihrem Herz.
    »Infiziert zu werden, ohne es zu merken«, flüsterte er, »ist die Natur der Seuche.«
    Sie konnte seine suchenden Blicke nicht länger ertragen und drehte sich zur Seite. Er seufzte, barsch und fremd, ein Geräusch, das ungewohnt von seinen Lippen klang.
    »Wie lange?«
    Sie antwortete nicht.
    »Was soll ich deinem Vater sagen, Kleine Schwester?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Wie soll ich irgendeinem von unserem Volk erklären, dass du bei den Menschen gewesen bist?«
    »Sag ihnen nichts«, erwiderte sie und biss sich auf die Unterlippe. »Sag ihnen irgendetwas, oder

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