Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
starrte ihn einen Moment an, bevor sie bedauernd seufzte und ihren Blick abwandte.
Das hat sie geglaubt? Ich kann nicht fassen, dass sie so dumm ist. Oder glaubt sie einfach, dass das mit der Launenhaftigkeit ein Problem für mich wäre? Vielleicht denkt sie … Er unterbrach seinen Gedankengang und rieb sich die Schläfen. Reiß dich zusammen, mein Alter. Hier wimmelt es von Niederlingen. Jetzt ist nicht der richtige Moment. Du kannst immer noch als Gewinner hier weggehen.
Aber wie?, fragte er sich. Wie kannst du irgendetwas daran ändern? Du bist erschöpft. Du wirst sterben. Und sie ist … sie hält überhaupt nichts von dir. Aber er … Sie glaubt, er wäre einfach so … so …
Wut loderte in ihm auf, und er fühlte sich sofort noch erschöpfter. Selbst einen Wutausbruch zu denken raubte ihm Kraft. Er rieb sich die Augen und seufzte.
Die Niederlinge mussten mittlerweile bereits auf halbem Weg nach Jaga sein. Also hatten sie keine große Wahl. Er musste etwas unternehmen, um sie von dieser Insel zu schaffen. Eine Möglichkeit gab es, das war ihm klar, wenngleich auch keine gute. Aber es gab eben keine wirklich guten Auswege aus ihrer Lage. Er entschied sich für den Weg, der nicht damit endete, dass er sich selbst beschmutzte.
Hör zu, dachte er, ich weiß, dass ich dich beschimpft habe, und ich habe vorhin auch bestimmte Sachen über dich gesagt, aber … wenn du mir zuhörst … ich könnte deine Hilfe im Augenblick wirklich gut gebrauchen.
Er hörte, wie Stahl aus einer Scheide glitt. Er hörte Aspers Fluch. Er hörte, wie Hongwe etwas Ehrfürchtiges in seiner eigenen Sprache flüsterte.
Grünhaar war seinem Ruf schneller gefolgt, als er erwartet hatte.
Er blickte hoch und sah, wie die Sirene sich aus dem Meer erhob und aus der Brandung schritt. Das Salz und ihr seidenes Gewand klebten wie eine zweite Haut an ihrem fahlen Körper. Ihre Miene zeigte einen wissenden Ausdruck, als hätte sie die ganze Zeit auf einen Ruf von ihm gewartet.
Als hätte sie gewusst, dass du alles vermasseln würdest, wenn sie dir nur genug Zeit ließe.
»Geh nicht zu hart mit dir ins Gericht, Gelehrter«, sang die Sirene mit ihrer melodischen Stimme.
Ach ja, richtig, sie kann Gedanken lesen … oder nur meine Gedanken?
»Nicht nur deine.«
»Dann weißt du vermutlich auch, dass du nicht mehr herkommen solltest«, antwortete Dreadaeleon mit einem kurzen Seitenblick auf den Dolch in Denaos’ Hand, »jedenfalls so lange nicht, bis ich den anderen erklärt habe, warum du hier bist.«
»Du willst die Gegenwart der Frau erklären, die uns verraten und an einen Haufen von Langgesichtern verkauft hat, die nur zu gern zu Ende brächten, was sie angefangen haben, wenn sie wüssten, dass wir nur zwanzig Meter von ihnen entfernt sind?« Denaos wirbelte die Klinge in seiner Hand herum, packte die Spitze und holte mit dem Arm aus, um sie auf die Sirene zu schleudern. »Ich helfe dir gern, ein bisschen Zeit zu sparen.«
» Warte!«, schrie Dreadaeleon.
Er sprang hoch, schlang seine Arme um Denaos’ Arm und hängte sich mit seinem ganzen Gewicht daran. Es war erbärmlich, und er fragte sich, ob es wohl etwas bringen würde.
»Du kannst sie nicht töten!«, schrie er.
»Glaube mir, ich kann es«, knurrte Denaos, während er seinen Arm schüttelte und versuchte, den Jungen loszuwerden. »Und das mit erstaunlicher Effizienz und minimalem Blutvergießen, und zwar, sobald du mich loslässt.«
»Sie kann uns helfen!«
»Augenblick«, sagte Asper zu Denaos, bevor sie Dreadaeleon ansah. »Also gut, Dread, wir hören … Wie kann sie uns helfen?«
»Ich … so genau weiß ich das nicht.«
Asper nickte nachdenklich und richtete ihren Blick dann auf Denaos. »Nimm einfach deine andere Hand.«
»Ich bin entzückt«, meinte der Assassine und wechselte das Messer in seine freie Hand.
»Der Gelehrte spricht wahr«, meinte Grünhaar. Sie war offenbar nicht im Geringsten wegen dieser Diskussion oder wegen des Messers, das sie bedrohte, beunruhigt. »Ihr braucht dringend vieles von dem, was ich euch gewähren kann.«
»Zum Beispiel einen festen Körper, in den ich diesen Stahl bohren kann?«, fragte Denaos. »Dem stimme ich fraglos zu.«
»Hör zu«, protestierte Dreadaeleon ein wenig hilflos. »Normalerweise würde ich dir vollkommen recht geben, aber wir befinden uns auf einer Insel voller Langgesichter, mit einem Boot, das zwischen Felsen festgeklemmt ist, und einem Haufen von anderen Langgesichtern, die gerade nach Jaga marschieren
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