Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

er ihr erklären, dass ein totes Mädchen in einem Eisblock lebte, in einer Höhle voller Tentakel, und dass, während sie sich unterhielten, eine Dämonenkönigin von jenseits der Hölle Anstalten machte, aus ihrem Gefängnis auszubrechen, und dass der einzige Weg, sie aufzuhalten, darin bestand, die Stimme wieder in seinen Kopf zu lassen, die offenbar ein Geschlecht hatte, und auch noch andere Leute, die er gelegentlich in seinem Kopf aufnahm – und all das nur, damit seine Schulter nicht verfaulte und ihn zuerst tötete.
    Vielleicht würde er ihr auch einfach nur sagen, dass er frische Luft brauchte.
    Was auch nicht schlecht wäre.
    Natürlich mussten sie, bevor irgendetwas davon eintreten konnte, den Ausgang finden. Das Mädchen hatte gesagt, er solle dem Schlund folgen, und genau das taten sie.
    Schließlich blieb er stehen und sah sich um.
    In welche Richtung waren sie eigentlich gelaufen?
    Also gut, dachte er. Überleg einen Moment. Du bist an den Skeletten vorbeigekommen, an den purpurnen Korallen, dem purpurnen Kelp und an den anderen Skeletten … aber war das in dieser Reihenfolge? Oder bist du erst …? Er kratzte sich den Kopf. Das also ist der Grund, warum Leute Landkarten in Bücher kritzeln. Also gut, irgendwo hat eine tote Shict herumgelegen, und das muss auf dem Weg gewesen sein, den du gekommen bist, und an dieser toten Shict bist du nicht vorbeigekommen … es sei denn, jemand hat die Leiche bewegt oder gefressen. Fressen Shict ihre Toten? Stimmt das wirklich, oder haben wir das einfach nur erfunden?
    Er warf Kataria einen neugierigen Blick zu, als sie angerannt kam. Sie sah ihn finster an.
    »Wieso starrst du mich so komisch an?«, wollte sie wissen.
    »Esst ihr eigentlich eure …?«
    Du kannst doch nicht sie fragen, Blödmann!
    »Ach … schon gut.« Er blickte zu dem kleinen Loch in der Erde über ihnen hinauf. »Was glaubst du, wie viel weiter geht das hier noch?«
    »Ah, das versuchen wir zu finden?«, schnarrte Kataria. »Wenn du mir das gesagt hättest, statt einfach loszurennen, hätte ich mir vielleicht etwas überlegen können.«
    »Kannst du dir vielleicht jetzt etwas überlegen? Ich habe diese Rennerei langsam satt.«
    »Ah, natürlich, wenn du müde wirst, dann tue ich das gern.« Sie seufzte und folgte seinem Blick zum Himmel hinauf. »Nein, ich habe keine Ahnung, und ich habe auch keine Ahnung, warum du glaubst, dass es uns irgendwohin führt, wenn wir diesem Schlund folgen.«
    Er runzelte die Stirn und starrte in die Leere des Abgrundes, während er leise vor sich hinmurmelte.
    »Ich kann nicht glauben, dass sie mich belogen hat.«
    »Wer?«
    »Das tote Mädchen.«
    » WER ?«
    Was sollte das denn? Du hast doch keine Stimmen mehr in deinem Kopf! Also solltest du eigentlich damit aufhören, sonderbare Dinge zu sagen!
    Er öffnete den Mund, um es zu erklären, und eine Menge Wörter, die entfernt nach einer Entschuldigung klangen, sprudelten heraus. Erleichtert sah er, dass sie an ihm vorbeiblickte und eindeutig nicht zuhörte. Die Erleichterung verwandelte sich jedoch rasch in Furcht, als er sah, wie sie nach ihrem Bogen griff.
    Als er sich herumdrehte, hielt er bereits sein Schwert in der Hand und starrte in gelbe Augen, die seinen Blick erwiderten. Es waren diese Augen, und nur diese Augen, die verrieten, dass es sich bei dieser Kreatur um einen Shen handelte. Der Rest der Gestalt, bucklig, in eine schmutzige Robe gekleidet und mit einer großen Kapuze, aus der uralter Rauch und Staub drangen, war auf eine Weise heruntergekommen, dass sie genauso gut hätte von den Toten auferstanden sein können.
    Sie stand nur regungslos da und beobachtete sie. Sie bewegte sich nicht, sagte nichts und blinzelte auch nicht. Die beiden machten ihrerseits keine Anstalten, den Pfeil abzuschießen oder das Schwert fester zu packen. Jedenfalls nicht im Moment.
    »Soll ich es erschießen?«, fragte Kataria.
    »Es hat uns noch nicht angegriffen«, antwortete Lenk.
    »Aha.« Die Bogensehne knarrte ein wenig. »Also … soll ich es erschießen?«
    »Lass ihm einen Moment Zeit. Es kennt vielleicht einen Ausweg.«
    »Und warum sollte es uns den verraten, statt uns zum Beispiel die Köpfe einzuschlagen … du weißt schon, wie es all die anderen versuchen?«
    »Weil es zurückweicht.«
    »Langsam zurückschlurfen« wäre vielleicht ein besserer Ausdruck gewesen für das, was die Kreatur tat. Obwohl dieser Begriff längst nicht die ungerührte Verachtung ausgedrückt hätte, mit der sie sich, völlig