Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
gelassen, herumdrehte und in der Dunkelheit verschwand. Dabei zog sie ihren Schwanz hinter sich her.
»Hinterher!«, blaffte Lenk. »Es könnte uns hier herausführen.«
»Sollen wir ihm vielleicht einen größeren Vorsprung lassen?«, erkundigte sich Kataria. »Das Ding hat es schließlich nicht gerade eilig.«
Doch selbst als sie hinter der Kreatur herhasteten, schien sie sich immer weiter von ihnen zu entfernen. Auch als sie rannten, während die Kreatur vorwärtsschlurfte, schien der Abstand größer zu werden. Sie bewegte sich von Schatten zu Schatten, wie ein Mensch durch Türen geht. Als sie schließlich vollkommen außer Atem waren, war die Kreatur nach wie vor mehrere Meter vor ihnen und verschwand gerade erneut in den Schatten.
»Das ist nicht fair«, zischte Kataria. »Eigentlich sollte so etwas nicht möglich sein. Wie machen sie das?«
»Es ist nur dieser eine. Der scheint irgendwie anders zu sein.«
»Ich hätte ihn erschießen können.«
»Wie hätte uns das helfen sollen?«
»Ach? Und wie hilft das hier?«
Lenks Antwort bestand darin loszulaufen. Er lief weiter, Kataria an seiner Seite, und hastete hinter der Kreatur her, die mittlerweile vollkommen verschwunden war. Schatten umhüllten sie, als der Abgrund sich zu schließen begann und zu einem Tunnel wurde. Die Erde unter ihren Füßen wurde feucht, und der Sand gluckste, statt zu knirschen.
Schließlich war der Boden unter ihren Füßen überhaupt nicht mehr zu sehen, wurde von stehendem, abgestandenem Wasser verschluckt, das bis zu ihren Knöcheln reichte. Lenk rannte immer noch weiter, trotz des ziemlich logisch klingenden Einspruchs von Kataria.
»Siehst du wirklich nicht, was hier vor sich geht?«, rief sie hinter ihm her. »Diese Kreatur führt uns ins Wasser, damit wir ertrinken, weil sie uns für so dumm hält, nicht umzukehren.«
Wahrscheinlich war dieser Gedanke nicht ganz ungerechtfertigt, in Anbetracht des Schwachsinns, der Kreatur überhaupt zu folgen. Doch Lenk dachte nicht darüber nach. Stattdessen konzentrierte er sich auf einen Lichtpunkt vor ihnen. Ein goldener Lichtstrahl, der durch die Decke des Tunnels drang und ein riesiges, bleiches Gesicht beleuchtete, das ihn anstarrte.
Es war das steinerne Gesicht einer Frau, die er schon einmal gesehen hatte. Es hatte die Mauern von Jaga geschmückt. Mit einem breiten Lächeln, Augen und einem Hals, der in Stücke gehauen war, lag ihr Kopf auf den Trümmern ihres zerschmetterten Körpers.
Die Statue, ein einziger Steinhaufen, lag halb im Wasser, und ihr Kopf, der wie eine Krone auf einer achtlos zusammengescharrten Begräbnisstätte wirkte, ragte durch ein Loch in der Decke, durch das die letzte Spur von Licht in diese gigantische Leere fiel. Es war eine Chance zur Flucht, die einzige, die ihnen in dieser Finsternis übrig geblieben war.
Das allein war Grund genug, die Trümmer hinaufzuklettern. Bis auf ein gelegentliches Grunzen, als sie sich gegenseitig den Schuttberg hinaufhalfen, gaben sie kein einziges Geräusch von sich. Sie stiegen über die Gesteinsbrocken und übereinander. Erst als sie auf der Nase der Statue standen, sahen sie sich an.
»Es könnte ein Hinterhalt sein«, meinte Lenk.
»Das hätte es schon sein können, als du angefangen hast, diese Kreatur zu verfolgen. Und damals war die Gelegenheit weit günstiger.« Sie blickte zu dem Loch hinauf, durch das die steinerne Lady in die Grube gefallen war. Ihre Ohren zitterten. »Ich kann dort oben nichts hören.«
»Und was ist, wenn sie einfach nur … mucksmäuschenstill sind?«
»Meine Güte, wenn meine Feinde gelernt haben, wirklich still zu sein, bin ich vermutlich am Arsch, oder?«
»Also gut«, zischte er. »Ich gehe zuerst hoch.«
»Warum du?«
»Also, wenn du es genau wissen willst … dann könnte ich jetzt etwas von irgendwelchen Gefühlen faseln, von Herzschmerz, oder dass du mich beschützt hast und ich diese Gunst erwidern will, und wahrscheinlich würden auch die Worte ›mein persönlicher Herbst‹ darin vorkommen.«
Sie schnalzte mit der Zunge. »Dann los.«
Lenk warf sein Schwert durch die Öffnung und zog sich selbst hinterher. Das Tageslicht war nicht sonderlich hell, weil es von einem grauen Nebel gefiltert wurde, aber nach der Dunkelheit im Abgrund war es hell genug, dass er seine Augen abschirmen musste, während er auf den Sand kroch.
Und es gab jede Menge Sand. Er erstreckte sich weit wie ein Ozean, nur ohne Korallen, ohne Kelp und ohne Knochen. Er erstreckte sich flach und
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