Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
gesagt.
Sheraptus vertraute auf diese Knochen, vertraute der Kreatur, von der sie stammten, vertraute auf die Hände, die diese Waffe führen würden.
Er drehte sich um und sah, dass ihre Hände auf ihren Knien ruhten, als sie vor ihm saß. Eine Hand steckte in einem stählernen Handschuh. Die andere war zerstört und verdreht, ein bleicher Abklatsch der mächtigen purpurnen Faust, die sie einst gewesen war. Dennoch war es eine brauchbare Hand.
Das wusste er, als er ihr in die Augen sah, in diese bleichen, leeren Augen, die nur zu ihm aufblickten, deren Blick nur seinetwegen weicher wurde. Er sah es an ihren flehenden Blicken, an der Verzweiflung, die sie nur ihm zeigte. Er hörte es an den Lauten, die auf ihren Lippen zitterten. Er wusste, dass sie einfach die Sprache nicht gut genug beherrschte, um es auszudrücken.
Sie liebte ihn. Das war es. Die Niederlinge hatten kein Wort für so etwas. Er selbst hatte kaum gewusst, was es bedeutete, bis er in den Himmel geblickt und erfahren hatte, dass jemand seinen Blick erwiderte. Aber jetzt wusste er es, kannte die Verzweiflung, die wundervolle Vergeblichkeit, etwas zu tun, in der Hoffnung, dass es irgendwann belohnt werden würde.
Dennoch fragte er sich, was mit ihr passiert war, mit wem sie gesprochen hatte, dass sie sich eine solche Verzweiflung überhaupt anmerken ließ, dass sie versuchte, ein Wort zu formulieren, das sie gar nicht kannte.
Doch das spielte keine Rolle. Wichtig war nur ihre Liebe. Und mit ihrer Liebe würde sie diesen Knochenspeer tragen. Sie würde in seinem Namen töten. In ihrem Namen.
Sie zuckte nicht vor seiner verbrannten Hand zurück, die dünn und schmal war wie die eines Kindes, als er sie ihr auf die Stirn legte. Ebenso wenig zuckte sie zusammen, als er seine andere Hand ausstreckte und sie auf den kleinen grauen Stein in seiner Handfläche blickte. Sie sagte nichts, als er ihn umklammerte, als er das winzige Leben drückte, das sich darin befand.
Und in ihn hineinsickerte.
Er spürte die Wärme, die darin kursierte. Es war etwas Lebendiges, etwas Unsichtbares, Bedeutendes, das in einen einzigen unscheinbaren Kieselstein gehüllt war. Zuerst hatte es ihn angewidert, ja, abgestoßen. Genau wie der Graue Grinser, früher einmal. Doch das war, bevor er erfuhr, was sein wahrer Zweck war; und jetzt, da er es wusste, jetzt, da er das Leben dieses Steines in seiner Hand hielt, wusste er, warum er zu ihm geschickt worden war.
Er begrüßte es.
Es kam mit qualvollen Schmerzen. Das Leben strömte von dem Stein in seinen Körper, mit einem befreiten Schrei, der in seine Hand eindrang und aus seinem Mund herauskam. Er warf den Kopf in den Nacken, spürte, wie seine Kehle wiederhergestellt wurde, sich öffnete, damit der Schrei aus ihr herausdringen konnte. Er spannte seinen Arm an, als seine Muskeln sich neu bildeten, der Arm Form annahm, Fleisch wurde. Er stampfte vor Qual mit dem Fuß auf, als die Knochen heilten und sich wieder richtig sortierten. Er brüllte vor Lachen, mit einer Stimme, die er mit jemand anderem teilte, schrie in den Himmel hinauf, um den Kreaturen, die dort oben wandelten, zu zeigen, dass er der Aufgabe würdig war.
Als das Lachen erstarb, als selbst die Nachtluft sich nicht mehr regte, stand er auf dem Deck.
Sheraptus, in Fleisch und Blut. Wiederhergestellt, heil und ungebrochen.
Seine Kriegerinnen hielten mitten im Rudern inne und starrten den Mann an, der von Leben nur so überströmte. Sie beobachteten ihn ehrfürchtig, als er an Xhai vorbeiging und zwischen seinen Kriegerinnen hindurch zum Bug des Schiffes schritt.
Er blickte hinaus auf die schwarzen Umrisse seiner Flotte, die durch die Wellen pflügte, auf die Kriegerinnen, die er befehligte. All das für den Tod der Dämonen. All das für den Ruhm derer, die im Himmel wandelten.
All das für ihn.
»Los!«, befahl er. »Wir rudern nach Jaga. Uns erwarten Ruhm und Tod. Uns erwarten Dämonen.«
Das wusste er.
Weil er sie töten musste.
Und weil das, was den Stein verlassen hatte und jetzt in ihm war, es ebenfalls wusste.
Und dabei behilflich sein wollte.
25
DIE LIEBE UND DER HASS VON STEINEN
Es kam nur sehr selten vor, dass Lenk kein Vergnügen am Essen finden konnte, und es war im Moment auch recht unpassend. Er dachte die meiste Zeit, dass es ziemlich lange her wäre, seit er überhaupt etwas gegessen hatte, ganz zu schweigen etwas frisch Gekochtes. Jetzt kaute er den aufgespießten Fisch, den man wie eine Frucht von einem Baum aus dem Himmel
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