Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
als der weit aufgerissene Schlund der Seeschlange aus dem Nebel auftauchte.
Während er seine ohnmächtig wirkende Klinge dem riesigen Maul entgegenstreckte, überlegte er beinahe beiläufig, wie viele Zähne sie wohl brauchte, um ihn in zwei Hälften zu zerteilen.
Bevor ihm jedoch eine Antwort auf diese Frage einfiel, zischte erneut ein Pfeil durch die Luft, dem diesmal das klagende Schmerzensgeheul der Bestie folgte. Das Geschoss schlug unmittelbar unter ihrem Auge ein, neben einer kleinen Ansammlung von bebenden Schäften, die bereits in dem dünnen Fleisch ihres Augenlids steckten.
»Hast wohl geglaubt, ich wüsste nicht, wohin ich schieße, was?«, kreischte Kataria. Es war jedoch nicht ganz klar, an wen genau sie sich wandte. »Hab ich recht?«
Die Akaneed wusste anscheinend nicht, was sie darauf erwidern sollte, und beschied sich mit einem schrillen, schmerzerfüllten Kreischen. Sie beantwortete die Frage nicht. Stattdessen schwankte ihr säulenförmiger Körper, kippte und stürzte in den Ozean. Er verschwand mit einem gewaltigen Platschen in den Fluten.
»Siehst du? Siehst du das?« Katarias Gelächter hatte noch nie besonders schön geklungen. Jetzt jedoch ähnelte es dem Meckern einer Ziege. »Ich habe dir doch gesagt, es würde funktionieren! Dieses verfluchte Biest wird nicht sein letztes Auge riskieren, nur um dich umzubringen!«
»Ich hätte es töten sollen«, knurrte Gariath und verschränkte seine gewaltigen Arme vor seiner tonnenförmigen Brust. »Es hat einen würdigeren Gegner verdient als dich.«
Kataria schnaubte verächtlich. »Vielleicht hat es mich einfach nur für hübscher gehalten.«
»Was …« Lenk hätte gern etwas Geistreicheres gesagt, als er jetzt auf die Wellen starrte. »Was sollte das?«
»Das«, erwiderte Kataria, »war der Plan. Wir wollten diese Kreatur aus der Tiefe locken und sie dann verscheuchen. Jedes verletzte Tier flüchtet immer in seinen Bau.« Sie spitzte triumphierend die Ohren. »Der in diesem Fall …«
»Jaga ist«, beendete Lenk den Satz für sie. Er hob anerkennend seine Brauen. »Das … das ist fast sinnvoll.«
» Fast?« Ihre Ohren klappten ein Stück herunter.
»Ja, fast. Denn wofür war der Speer?«
Ein schwaches Sirren lenkte ihre Aufmerksamkeit auf das Tau, das über das Deck glitt.
»Ach ja, richtig.« Sie bückte sich, hob das Seil auf und stemmte sich gegen den Bug. »Heb das auf.« Dann sah sie an Lenk vorbei zu Gariath. »Würde es dir etwas ausmachen, das Ruder zu bedienen? Jetzt kommt der Teil des Plans, den ich noch nicht gänzlich ausgearbeitet habe.«
Lenk packte das dicke Tau. Er öffnete den Mund, um eine Frage zu stellen, die sich jedoch im nächsten Moment erübrigte. Denn alles wurde klar, als er den Zug des Seils spürte und merkte, wie das Boot sich bewegte.
Trotzdem drangen laute Geräusche aus seinem Mund, zumeist unartikuliert, und soweit es doch Worte waren, bestanden sie aus Flüchen. Er konnte wegen des lauten Geschreis nicht hören, ob irgendjemand antwortete.
Als er brutal nach vorn gerissen wurde, überlegte er, wie merkwürdig es war, dass er Schultergelenke noch nie als einen natürlichen Nachteil betrachtet hatte. Als er jedoch von den Füßen gerissen und auf das Deck geschleudert wurde, schoss ihm unwillkürlich durch den Kopf, ob es nicht einfacher gewesen wäre, wenn man ihm einfach die Arme vom Leib gerissen hätte und sie mit dem Rest des Taus im Nebel verschwunden wären.
Dieser Gedanke kam ihm jedoch erst, nachdem er über die glatten Planken gerutscht und gegen die Reling gekracht war. Einen winzigen Augenblick, bevor sein Überlebensinstinkt jeden vernünftigen Gedanken übertönte.
Steh auf!, schrie er. STEH AUF !
Lenk gehorchte, wenn auch mühsam. Er richtete sich wacklig auf, hielt sich aber nicht lange auf den Beinen. Während das Boot durch das Wasser fegte, von seinem unwilligen, brüllenden Zugtier hinterhergezerrt, glitt das Deck langsam unter seinen Füßen weg. Er wurde immer weiter nach vorn gezogen, rutschte über die Planken, bis er mit seiner Brust gegen Katarias Rücken prallte.
Die Shict stemmte sich erfolgreich gegen den Zug, hatte sich mit gespreizten Beinen aufgebaut und die Füße fest gegen den Bug gepflanzt. Sie lehnte sich weit zurück und hielt mit aller Kraft das Tau fest. Lenk prallte mit ihr zusammen, rutschte in sie hinein, und einen Augenblick entglitt das Tau seinen Fingern.
Kataria stieß einen scharfen Schrei aus, als sie nach vorn gerissen wurde. Es sah aus, als
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