Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
Alles andere war undeutlich wie ein Schemen. Das Schiff landete krachend wieder im Meer, und sein Schwert fiel klappernd auf das Deck, als sich das Boot aufrichtete. Im Gegensatz zu ihm.
Unter ihm befand sich zwar ein Boden, aber er war klebrig, wand sich, stank und bewegte sich heftig unter seinen Füßen, als die Bestie zurückwich. Er spürte, wie er in einer Wolke aus feinem rotem Nebel durch die Luft flog, verfolgt von einem wehklagenden, gequälten Heulen, das alle anderen Geräusche um ihn herum übertönte, bis er klatschend ins Meer stürzte.
Er nahm nur wahr, wie das Wasser ihn umschloss, registrierte sein dringendes Bedürfnis zu atmen. Er kämpfte sich durch das Wasser, schwamm zur Oberfläche. Als er sie erreichte, rang er keuchend nach Luft.
Um ihn herum beruhigte sich der Nebel wieder. Das Wasser plätscherte. Die Gischt löste sich zischend auf. Es waren sanfte Geräusche, die so gar nicht zu seinem donnernden Herzschlag und seinem rasselnden Atem passen wollten.
»Lenk!«
Die Stimme klang ebenfalls sanft und fern.
»Lenk!«
Und sie passte überhaupt nicht zu dem, was er sah, als er sich im Wasser herumdrehte und Kataria erblickte. Sie war weit entfernt, hockte vollkommen durchnässt auf dem Schiff und hielt ihren Bogen in der Hand. Ihre Stimme war viel zu leise für die heftig fuchtelnden Bewegungen, die sie mit ihren Armen vollführte.
» KOMM ENDLICH AUS DEM WASSER RAUS , DU SCHWACHKOPF !«
Ah. Das sah ihr schon ähnlicher. Und noch klarer wurde es, als er mit dem Blick ihrem ausgestreckten Finger folgte, der über seinen Kopf hinweg auf etwas hinter ihm deutete. Er sah die gewaltige Flosse, die aus dem Nebel auftauchte und geradewegs auf ihn zuzischte.
»Hoffnungslos« war das Wort, das unablässig durch seinen Kopf hallte, als er wie verrückt mit Armen und Beinen um sich schlug, während er so schnell er konnte auf das bedauerlich weit entfernte Schiff zuschwamm. Er brauchte den Schatten im Wasser hinter sich nicht zu sehen, um zu wissen, dass dieser Fluchtversuch sinnlos war. Katarias Pfeile, die über seinen Kopf hinwegflogen, um die Bestie aufzuhalten, zeigten ihm das deutlich genug.
Sein Körper wurde gefühllos vor Anstrengung, und er war zu erschöpft, um weiterzumachen. Er war müde, sogar zu müde, um zu schreien, als das Wasser vor ihm plötzlich zu kochen schien.
Gariath beeinträchtigte das alles anscheinend überhaupt nicht. Offenbar sah er den jungen Mann nicht einmal, als seine gewaltigen Arme und seine Schwingen sich synchron bewegten und ihn durch das Wasser zum Schiff manövrierten. Lenk hätte ihm gern nachgerufen, wenn er seine Stimme wiedergefunden hätte.
Als er spürte, wie sich ein reptilienartiger Schweif um seinen Knöchel schlang, verging dieses Bedürfnis schlagartig.
Er wurde hinter dem Drachenmann hergezogen und fühlte sich dabei eher wie ein Köder. Sein Gefährte glitt schnell durch das Wasser, trotz des zusätzlichen Gewichts, das er ziehen musste. Lenk tauchte immer wieder unter, schnappte an der Oberfläche heftig nach Luft und schluckte bei jedem Zug des Drachenmannes Salzwasser. Schließlich versuchte er, einfach nur die Luft anzuhalten, und schloss die Augen.
Denn jedes Mal, wenn er sie öffnete, sah er den aufgerissenen, mit Zähnen bestückten Schlund der Akaneed, der unaufhaltsam näher kam. Er sah die riesige Säule ihres Körpers, der im Meer hinter ihr verschwand, sah das Glühen des gelben Auges, mit dem die Seeschlange sie musterte. Nach dem dritten Mal gab er den Versuch auf, es zu ignorieren, und wartete einfach darauf, dass die gigantischen Kiefer ihn in zwei Teile zerteilten.
Stattdessen hörte er nur das Klacken, mit dem sich diese Kiefer um Luft schlossen. Im selben Moment wurde er brutal aus dem Wasser gerissen, spuckend und hustend, als Gariath sich selbst und seine zerbrechliche Fracht auf das Schiff zerrte.
Der dunkle Schatten tauchte unter ihnen hindurch, und die riesige Welle, die ihm folgte, schüttelte ihr Boot heftig, als die Bestie im Meer verschwand. Lenk versuchte verzweifelt, auf dem schwankenden Deck auf den Füßen zu bleiben. Er wartete darauf, dass die Seeschlange zurückkehrte.
Nach einem Moment des Schweigens wagte er schließlich, etwas zu sagen.
»Ist sie weg?«
»Nein«, antwortete Gariath.
»Woher willst du das wissen?«
»Weil sie mich bis jetzt noch nicht umgebracht hat.«
Für Gariath mochte diese Antwort ja sinnvoll klingen, Lenk jedoch hatte weder den Mut noch die Absicht, ihn zu bitten, sie
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