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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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Direktorenposten der Hansen-Filiale in Berlin. Christoph dagegen interessierte sich mehr für das schöne Leben als für die väterliche Bank und galt als das schwarze Schaf der Familie. Hinzu kam, dass sein Aussehen die Familie an den Urgroßvater mütterlicherseits erinnerte, einen Sizilianer mit zweifelhafter Lebensführung.
    Von den Plänen für den Zweitältesten hatte Greta gewusst, aber davon, dass Christoph mit nach Afrika reisen sollte, war bisher keine Rede gewesen.
    Â»Warum?«, fragte sie leise. »Warum musst du fortgehen?«
    Christoph hob die Schultern. »Das ist bloß eine von Mutters Marotten. Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, aus mir endlich einen richtigen Mann zu machen.«
    Greta nickte, und doch war ihnen beiden klar, dass dies nicht die einzige Wahrheit war. Freia Hansen schickte ihren Jüngsten so weit weg wie möglich, um diese ganz und gar inakzeptable Freundschaft zwischen ihm und der unverschämten Hilfsköchin zu unterbinden. Ja, Freundschaft, dachte Greta, denn mehr war es doch gar nicht. Christoph hatte ihr einmal, in einer Zeit der größten Not, beigestanden, und seitdem war sie ihm dankbar. Sie … Greta schüttelte leicht den Kopf. So ein Unsinn. Was sie beide verband, war mehr als Freundschaft, jedenfalls was sie selbst betraf. Sie war in Christoph verliebt, und wenn er sie bitten würde, hier und jetzt … sie würde ihm vielleicht nicht widerstehen können.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, setzte er sich neben sie auf die Chaiselongue und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Es bricht mir das Herz, von dir fortzugehen.«
    Greta verkrampfte sich. Hier war Christoph, liebenswert und zärtlich, und sie sehnte sich so sehr nach ihm. Aber da war auch die Erinnerung an Schmerzen und Scham, an gemeine Worte, an Hände wie Schraubstöcke und an grenzenlose Furcht.
    Â»Immer noch?«, fragte Christoph. Seine Stimme war sanft, aber in seinen Augen stand Ungeduld. »Kannst du niemals vergessen?«
    Â»Verzeih mir«, flüsterte sie und rückte ein Stück von ihm ab. Christophs Mundwinkel rutschten nach unten. Er wirkte jetzt wie ein verwöhnter Junge, dem ein Spielzeug weggenommen wurde.
    Â»Ich war nicht der Bösewicht«, sagte er.
    Â»Nein, das warst du nicht.«
    Seine Stimme wurde drängender. »Nur heute, Greta. Nur dieser letzte Abend bleibt uns noch. Willst du denn nicht auch …«
    Sie legte ihm einen Finger auf den Mund. »Gib mir Zeit, bitte.«
    Â»Noch ein ganzes Jahr? Ich werde so weit fort sein, Liebste. So weit.«
    Sie erwiderte nichts darauf, senkte nur den Kopf.
    Â»Wie geht es der Kleinen?«, fragte er unvermittelt.
    Greta zuckte zusammen wie unter einem Schlag. Christoph war der einzige Mensch, der ihr Geheimnis kannte, der einzige, der sie nie verurteilen würde. Und doch war da jetzt etwas in seinem Tonfall, eine Nuance nur, die sie zittern ließ.
    Sie verschloss ihr Herz. »Ich muss gehen.«
    Â»Bitte verzeih mir.« Seine Hand legte sich auf ihren Arm, durch den dicken Wollstoff ihres Kleides spürte sie seine Wärme. Greta wünschte sich, für immer hier neben ihm sitzen bleiben zu können. Es sollte keine Vergangenheit geben und keine Zukunft. Nur diesen Augenblick, gestohlen aus der Realität des Lebens.
    Â»Es ist gut«, sagte sie.
    Christoph tauchte seinen Blick in ihren. »Da gibt es etwas, das du wissen musst«, begann er. »Meine Mutter begnügt sich nicht damit, mich fortzuschicken. Sie will auch unbedingt…«
    In diesem Moment hörten sie die Schritte. Greta sprang auf, Christoph blieb wie gelähmt sitzen. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgestoßen, Meinhard kam herein, erfüllte den kleinen Raum mit seiner Größe und seiner Präsenz.
    Â»Hier bist du!«, donnerte er.
    Eine leichte Röte überzog Christophs Gesicht, trotzdem bemerkte Greta, wie er sich entspannte. Seinen Bruder respektierte er, aber vor seiner Mutter hatte er eine Heidenangst. Die Erleichterung darüber, dass nur Meinhard ihn hier mit Greta erwischt hatte, war ihm deutlich anzusehen.
    Zum ersten Mal kam ihr der ungeheuerliche Gedanke, dass Christoph ein Feigling war.
    Â»Wenn du dich von deinem Liebchen verabschiedet hast, kannst du uns vielleicht wieder mit deiner Anwesenheit beehren.« Spott tröpfelte aus Meinhards Stimme. Er war durch und durch ein vornehmer Hanseat, der es schon als

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