Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
dich selbst reden? Mal abgesehen davon, dass …«
Ich hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. »Ich zitiere nur deine Freundin.«
»Woher …?«
»Die Stimme deiner Holden ist derart laut und schrill, dass niemand, der in deiner Nähe steht, wenn du mit ihr telefonierst, überhören kann, was sie sagt. Tragisch, aber wahr. Aber der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand’, hat meine Oma immer gesagt. Ich hätte ja weghören können, schließlich gehen mich eure Gespräche nichts an. Und dann hätte ich nie erfahren, was sie über mich denkt. Ist ja auch eigentlich egal, was sie denkt …« Ich plapperte und plapperte immer dümmeres Zeug, denn er kam auf mich zu, und ich sah ihm an, was er vorhatte.
Er legte mir kurz den rechten Zeigefinger auf den Mund, und dann küsste er mich wieder. Diesmal musste ich nicht lange überlegen und löste mich von ihm. Es fiel mir schwer.
»Patrick, das geht nicht. Wir stecken mitten in einer wichtigen Arbeit, auf die wir uns konzentrieren müssen, und deine Freundin kommt in ein paar Tagen. Das führt zu nichts.«
Er blickte mich lange an und sagte: »Du hast recht. Komm, ich fahre dich nach Hause.«
Ich lehnte ab, denn ich wollte nicht, dass er merkte, wie sehr mich seine Zustimmung dazu, dass wir keine Zukunft hatten, enttäuscht hatte.
KAPITEL 33
Das Dorffest rückte näher, und ich versank bis zum Hals in Arbeit. Patricks abendliche Besuche in der Backstube wurden kürzer und seltener, denn er war mit den Vorbereitungen für seine Fotoproduktion beschäftigt.
Unser spezieller Moment in der nächtlichen Backstube war kein Thema zwischen uns. Nun, vielleicht war es ein Thema, aber wir sprachen nicht darüber. Manchmal spürte ich, dass sein Blick auf mir ruhte, aber wenn ich hinsah, guckte er garantiert in eine ganz andere Richtung.
Ich war froh darüber, dass ich keine Zeit hatte, über meine Verwirrung nachzudenken. Zu viel stürmte zu schnell auf mich ein. Die geplante gemeinsame Besichtigung der Räumlichkeiten im Schloss fiel ins Wasser, weil ich es zeitlich nicht schaffte, beziehungsweise weil es mir wichtiger war, meinen Vater zu seinem Kurhotel zu fahren. Ich verlor zwar einen halben Arbeitstag, gewann aber – wie heißt es so schön neudeutsch? – Qualitätszeit mit meinem Paps. Waltraud die Sparsame schüttelte natürlich deswegen ausgiebig den Kopf, denn mein Vater hätte auch einen kostenfreien Shuttleservice nutzen können.
Also gondelten wir über ländliche Straßen und genossen die Gelegenheit, uns zu unterhalten, denn ich hatte es nicht oft ins Krankenhaus geschafft. Er war blass und wirkte schmaler als vor seinem Zusammenbruch.
»Läuft alles?«, fragte er mich.
»Wie auf Schienen. Die beiden Jungs in der Backstube sind ein Gottesgeschenk.«
»Und deine Torten? Bist du zufrieden?«
Erst jetzt fiel es mir auf: Meine Mutter hatte sich kein einziges Mal nach dem Fortgang oder dem Stand der Dinge meiner Arbeit für Patrick erkundigt.
»Du wirst schon sehen«, sagte ich geheimnisvoll, »in deiner Reisetasche steckt eine Überraschung.«
»Was ist es?«
»Paps«, sagte ich streng, »Sinn einer Überraschung ist es, dass du überrascht sein sollst, wenn du siehst, was es ist. Es wird dir Spaß machen, ganz sicher.«
Patrick hatte die Entstehung der süßen Kunstwerke mit der Kamera dokumentiert. Jetzt – drei Tage vor dem Shooting – standen bereits elf Torten verpackt im Kühlhaus der Metzgerei Oltmanns. Es fehlte nur noch der Feinschliff, das würde ich vor Ort machen und die dann insgesamt zwölf Torten mit frischen Blüten, Federn, Obst oder filigranen Zuckerguss-Elementen dekorieren.
Ich hatte mich rasch daran gewöhnt, dass Patrick seine Kamera immer und überall dabei hatte. Ständig knipste er mich bei der Arbeit, und irgendwann hatte ich es aufgegeben, mich dagegen zu wehren. Deshalb hatte Patrick Hunderte von Bildern zur Auswahl gehabt, um für meinen Paps ein dickes Album auszudrucken.
»Magst du ihn?«, fragte mein Vater plötzlich.
»Wen?« Ich wusste wirklich nicht, von wem er sprach. Hatte meine Mutter ihm bezüglich Sven Janssen etwa irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt?
»Diesen Modemann. Patrick Foerster. Du verbringst viel Zeit mit ihm, habe ich gehört.«
»Wir arbeiten eng zusammen, da die Torten perfekt ins jeweilige Motiv passen müssen.«
»Hm. Hast du kreative Freiheit, oder bestimmt er, wie die Torten aussehen?«
Ich überlegte, während ich den neugierigen Blick meines Vaters von der Seite
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