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Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Conrad
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Marie hatte unter entnervtem Augenrollen erzählt, Susanne sehe sich als Dirigentin der ganzen Veranstaltung, und nichts dürfe ohne sie entschieden werden, nicht einmal, wo ein Mülleimer stand.
    Ich grinste.
    Die gute Frau Bürgermeister, ganz in ihrem Element. Das hier musste für sie eine wesentliche Stufe auf ihrer Leiter zum gesellschaftlichen Erfolg sein: Sie organisierte eine große Veranstaltung und durfte eine Schar Domestiken herumscheuchen.
    Dann sah ich, was es mit der kleinen Szene auf sich hatte: Susanne wurde gerade von der regionalen Presse fotografiert. Sie steckte das Handy weg, reichte jemandem das Klemmbrett, entfaltete den Aufbauplan und studierte ihn mit wichtiger Miene. Sie verharrte einige Sekunden in dieser Pose, während sie wieder geknipst wurde. Dann winkte sie Majestix heran, der im Hintergrund herumgelungert hatte. Kurze Besprechung. Pose: Die patente Frau Bürgermeister zeigt dem Herrn Bürgermeister etwas im Plan, und er guckt interessiert. Oder vielleicht auch beeindruckt, so genau konnte ich das aus der Entfernung nicht sehen. Und morgen würde alles in der Zeitung stehen, und Susanne würde wie auf Wolken schweben.
     
    Meine Mutter befand sich an unserem Stand, der umgeben war von einem Areal, dessen Grenzen durch einen niedrigen weißen Gartenzaun gekennzeichnet waren. Ein paar Teenager stellten runde Plastiktische und passende Stühle auf, andere steckten Sonnenschirme in Ständer, die neben jedem Tisch standen.
    »Da bin ich, Mutti. Was gibt es denn?«
    Sie sah von der Liste hoch, die sie konzentriert studiert hatte, und sagte: »Gleich kommen die Mädchen, die kellnern werden. Ich wollte, dass du bei der Einweisung dabei bist – immerhin wirst du ja morgen auch hier sein.«
    »Hm. Susanne ist beschäftigt, wie ich sehe? Ich dachte, sie würde an unserem Stand mitarbeiten.«
    »Wird sie, wird sie … wenn Not am Mann ist.«
    Die Stimme meiner Mutter war immer leiser geworden, aber ich hatte es trotzdem gehört.
    »Wenn Not am Mann ist? Ich dachte, sie hilft mir mit den Backwaren und den Bestellungen.«
    »Deine Schwester hat eine wichtige Aufgabe bei der Veranstaltung«, schnarrte meine Mutter hoheitsvoll.
    »Ja, genau, sich die verdammte Schürze mit der hübschen Bling-Bling-Stickerei umzubinden und Kuchenstücke auf Kuchenteller zu legen. Aber das scheint der First Lady nicht wichtig genug zu sein. Das kann Aschenputtel allein erledigen.«
    »Das ist doch Unsinn. Wenn es zu viel wird, schicke ich dir eine Kellnerin.«
    »Wenn es zu viel wird, brauchst du jede Kellnerin. Ist also ein blöder Plan, finde ich.«
    »Aber die Leitung der Veranstaltung ist wichtiger als …«
    »Meine Torten für Patrick sind auch wichtiger als «, sagte ich leise. »Und jetzt? Was, wenn ich morgen einfach in der Backstube bleibe und die letzte Torte mache? Weil es wichtiger ist?«
    »Das wagst du nicht«, stellte meine Mutter fest, von meiner Drohung völlig unbeeindruckt, »das tust du deinem Vater nicht an.«
    Peng! Mitten rein ins Schwarze. Das musste ich ihr mal wieder neidlos zugestehen: Wenn es hart auf hart kam, hatte sie die Argumente, die dich schlagartig mundtot machen konnten. Ich war nur noch einen Atemzug davon entfernt, wie Rumpelstilzchen loszutoben oder mich wie ein bockiges Kind auf dem Boden zu wälzen und die Luft anzuhalten, bis ich meinen Willen bekam. Im letzten Moment suchte ich mein Heil in der Flucht.
    Mit gesenktem Kopf bahnte ich mir meinen Weg durch die Menschen und stieß nach ein paar schnellen Schritten unsanft mit jemandem zusammen.
    »He …!«, sagte das dürre Mädchen, das ich aus Versehen angerempelt hatte, und drehte sich empört zu mir um. Hellgrüne Katzenaugen funkelten mich aus einem mageren Gesicht an und wanderten abschätzig an mir auf und ab.
    »Entschuldigen Sie bitte«, stammelte ich verlegen, meine Wangen brannten heiß.
    »Pass doch auf, du Bauerntrampel«, quengelte das Mädchen gedehnt, und auf einmal erkannte ich die Stimme. Ich stand vor Chantal.
    Jetzt drehten sich auch die drei Personen in ihrer Begleitung um: zwei weitere magere Mädchen und Patrick, dem ein erstauntes »Helene!« entfuhr.
    Wusch – die Zeitmaschine brachte mich zurück in ein Krankenhaus in Paris, zu Leon und zwei Frauen, die an seinem Bett stehen. Leon hatte exakt so reagiert wie Patrick jetzt.
    »Das ist ja eine Überraschung«, sagte Patrick schnell, »dann lernt ihr euch jetzt schon kennen, ganz spontan. Helene, das sind Chantal, Fiona und Oksana. Mädels, das ist

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