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Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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ist ebenfalls geputzt.«
    »Carolina, das gute Kind!« Mamma Carlotta ging in die Küche, griff gewohnheitsgemäß nach der Schürze … da erst wurde ihr klar, dass niemand übrig geblieben war, den sie zum Essen erwarten durfte. Das hatte den großen Vorteil, dass damit bereits das Abendessen weit gediehen war. Vorausgesetzt, sie tastete nichts von dem an, was im Backofen und im Kühlschrank auf seine Vollendung wartete. Sie hängte die Schürze zurück und griff wieder nach ihrer Jacke. Eine gute Gelegenheit, endlich das Gericht zu kosten, dessen Namen die Insulaner voller Ehrfurcht und Glück aussprachen. Es hatte wohl etwas Merkwürdiges auf sich mit diesem Gericht, von dem Erik gesagt hatte, sie solle um Himmels willen nicht versuchen, es zu kochen. Es könne ihr unmöglich gelingen, denn dafür müsse man an der Nordsee geboren sein.
    Tove Griess sah seinen unverhofften Mittagsgast überrascht an. »Keine Currywurst?«
    Mamma Carlotta schüttelte den Kopf. »Nein, ich möchte Labskaus. Ich will jetzt endlich wissen, was das ist.«
    Tove griff unauffällig nach einer Dose und trug sie in den kleinen Raum, an dessen Tür Privat stand. Schon bald erschien er wieder mit einem Topf in der Hand und behauptete, Labskaus müsse auf einer winzigen Flamme stundenlang kochen, und das sei nur auf dem kleinen Herd möglich, den er extra zu diesem Zweck in der hinteren Küche aufgestellt habe.
    Mamma Carlotta beobachtete genau, wie er die Mahlzeit anrichtete, für die man angeblich an der Nordsee geboren sein musste, obwohl Tove sich Mühe gab, mit seinem breiten Kreuz alles zu verbergen, was er tat. Aber Mamma Carlotta sah trotzdem, dass er eine breiige grün-rosa Masse auf den Teller füllte, einen Rollmops an den Rand legte, ein paar zerschnittene Essiggurken darüberwarf und das Ganze mit Rote-Beete-Scheiben garnierte, die alles violett färbten, was mit ihnen in Berührung gekommen war. Dann holte Tove ein Spiegelei aus der Pfanne, das dort offensichtlich schon länger sein Dasein fristete, legte es auf den Brei, als wollte er ihn verstecken.
    »Guten Appetit, Signora.«
    Mamma Carlotta war sprachlos. Das also war dieses Labskaus, von dem Erik und Sören redeten, als brauchte man für die Zubereitung Trüffel, Austern und Kaviar? Sie wusste, dass Lucia sich geweigert hatte, das Rezept für Labskaus auch nur zu lesen. Jetzt war ihr klar, warum.
    Vorsichtig kostete sie unter Toves wachsamen Augen. Und da sie ihm nicht wehtun wollte, fuhr sie mit der Gabel ein zweites Mal in den salzigen grün-rosa Brei. Und weil sie Angst vor seinem finsteren Blick hatte, stach sie sogar in eine Essiggurkenscheibe und schob sie sich in den Mund. Aber sie konnte nicht verhindern, dass sich ihr Gesicht verzog, als hätte sie einen Pinot Grigio mit Weißweinessig verwechselt. Bei dem Gedanken daran, den glitschigen Fisch zu probieren, fühlte sie ihn bereits in ihrem Magen wiederauferstehen. »No!« Sie schob den Teller zurück. »Scusa! Aber ich kann nicht.«
    Tove sah aus, als hätte er nichts anderes erwartet, und zog ihr den Teller weg. »Geht aufs Haus. Nun doch Currywurst?«
    Mamma Carlotta nickte. »Und den Vino rosso aus Montepulciano.«
    Zwei Minuten später stand ein Essen vor ihr, das ihr genauso fremd war. Aber immerhin war auf den ersten Blick zu erkennen, welche Zutaten dafür verwendet worden waren. Das gab ihr den Mut, beherzt den Plastikspieß in die Wurst zu stechen, damit Tove ihr die Sache mit dem Labskaus nachsah. Es gelang ihr auch, ihre Meinung im Zaum zu halten und ein schwaches »Buono!« herauszubringen, während sie auf der Wurst herumkaute.
    Dann betraten zum Glück zwei Lkw-Fahrer, die auf dem Weg von List nach Westerland zum Autozug waren, mit ihrem Hund den Imbiss. Sie verlangten gebratenes Fischfilet, Kartoffelsalat, Herings-Stipp, Bratkartoffeln und rote Grütze, und das alles in doppelter Portion. Tove hatte alle Hände voll zu tun und Mamma Carlotta Zeit, sich mit dem Hund der Lkw-Fahrer anzufreunden. Sekunden später sah ihr Teller aus, als hätte sie ihn abgeleckt, und der Hund, als habe er versucht, einen Igel zu fressen und sich dabei die Schnauze verletzt.
    Als die Lkw-Fahrer satt waren und der Hund schweren Herzens Abschied von Mamma Carlotta genommen hatte, fragte Tove: »Wie war’s bei Fisch-Andresen? Haben Sie was Neues herausgefunden?«
    Mamma Carlotta berichtete im Flüsterton, obwohl sie jetzt allein waren, was sie beobachtet hatte. »Fietje hatte Recht. Ulla Andresen und der Auslieferer haben

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