Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
was miteinander.«
Darauf brauchte Tove einen Genever. »Der Andresen ist gefährlich! Wenn der das rausbekommt …« Er kippte den Schnaps und schüttelte sich. »Dann bringt der seine Frau auch noch um.«
Mamma Carlotta bekam eine Gänsehaut. »Aber er kann doch seinem Kind nicht die Mutter nehmen!«
Tove zuckte die Achseln. »Als ich damals mit dem Kahn nach Alaska unterwegs war, hatten wir einen Maat an Bord, der fünf Morde auf dem Gewissen hatte. Das erfuhren wir aber erst, als wir wieder in den Heimathafen einliefen und die Polizei an Bord kam. Dabei sah der Maat aus wie Leonardo di Caprio. Sagen Sie mal ganz ehrlich, würden Sie Leonardo di Caprio fünf Morde zutrauen?«
Mamma Carlotta kannte Leonardo di Caprio nur flüchtig, aber dass sie ihm niemals fünf Morde zutrauen würde, war trotzdem so gut wie sicher. Andresen dagegen traute sie auch sechs Morde zu. Sie starrte in ihr Rotweinglas, bis Tove Griess unruhig wurde. »Ich verstehe einfach nicht, dass dieser DNA -Test ihn nicht überführt hat«, meinte sie dann und seufzte noch einmal, wie nur eine Italienerin seufzen konnte.
Tove beschloss, dass man auf einem Bein nicht stehen konnte, und goss sich einen zweiten Genever ein. » DNA -Test!«, stieß er verächtlich hervor. »Wer weiß schon genau, was das ist? Und überhaupt …« Er stellte fest, dass aller guten Dinge drei sind, und griff erneut zur Flasche. »Wenn Andresen erst gestanden hat, wird sich herausstellen, warum der DNA -Test negativ ausgefallen ist. Jedenfalls ist Andresen der Einzige, der für so eine Tat in Frage kommt.«
»Genau!«, bestätigte Mamma Carlotta. »Ein Blick in seine Augen und man weiß Bescheid.«
»Haben Sie denn keine Angst, wenn Sie mit ihm allein sind?«, fragte Tove.
»Ich bin ja nie mit ihm allein«, gab Mamma Carlotta zurück. »Obwohl …« Nun fiel ihr ein, dass sie Tove noch nicht von Saskias Rückfall erzählt hatte. »Das Kind liegt in der Nordseeklinik, und Ulla Andresen hat gesagt, nun könne sie endlich mal wieder spazieren gehen.«
»Also kann es sein, dass Sie demnächst öfter mit Andresen allein sind?«
Mamma Carlotta gefiel Toves Frage nicht. »Der Auslieferer ist ja oft im Laden«, beruhigte sie sich selber, aber ihre Stimme klang nicht besonders optimistisch. »Sie meinen, Andresen könnte mir etwas tun?«
»Wenn er herausfindet, dass Sie ihn verdächtigen! Besser, Sie stecken Ihre Nase nicht zu tief in Andresens Angelegenheiten! Aber ich werde tun, was ich kann. Fietje und ich, wir helfen Ihnen, Andresen zu überführen. Mal sehen, was Fietje zu melden hat, wenn er kommt. Er wollte sich heute Vormittag in der Nähe von Fisch-Andresen rumtreiben und ein Auge auf Sie haben, Signora.« Tove zog seine Mundwinkel nach unten. »Wenn Fietje sich irgendwo rumtreibt, schöpft ja niemand Verdacht.«
Mamma Carlotta fühlte die Dankbarkeit wie wohltuende Wärme in sich aufsteigen. »Wie nett von ihm.« Voller Freude fiel ihr ein, dass sie sich revanchieren konnte. »Sagen Sie Fietje, ich weiß jetzt, wo der Freund wohnt, der ihn schon lange sucht.«
Tove starrte sie eine Weile nachdenklich an, dann fragte er: »Was für ein Freund?«
»Einer, der ihn lange nicht gesehen hat. Ich sollte ihm sagen, wo Fietje wohnt, aber das wusste ich ja nicht. Ich fand es komisch, dass er Fietje nicht in Käptens Kajüte besucht hat, wo er ihn doch des Öfteren hier gesehen hat. Aber anscheinend möchte er lieber mit Fietje allein sein.«
»Allein?«, wiederholte Tove gedehnt und wurde noch nachdenklicher.
Mamma Carlotta konnte sich keinen Reim auf seinen Tiefsinn machen. »Jedenfalls kann Fietje seinen Freund besuchen, wenn er will«, fuhr sie resolut fort. »Ich habe nämlich heute zufällig erfahren, dass er in der Pension Störtebeker wohnt. Direkt neben Fisch-Andresen. Aber ich sag’s Ihnen ganz ehrlich, Tove: Besonders gut gefällt mir dieser Freund nicht. Er hat mich erkannt, als er mich im Laden angetroffen hat. Schließlich hatte ich ihn schon mehrmals in der Nähe von Käptens Kajüte gesehen und einmal sogar mit ihm gesprochen. Aber er hat über mich hinweggesehen, als wäre er mir niemals begegnet. Das ist nicht nett.«
Mamma Carlotta wartete darauf, dass Tove ihr beipflichtete, aber nichts geschah. Er schien plötzlich unter seinen Würsten nach einem verborgenen Schatz zu suchen, denn er hob jede einzelne hoch und besah sich ihre Rückseite. Dann fragte er: »Wie sah er denn aus, dieser Freund von Fietje?«
Mamma Carlotta brauchte nicht lange
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