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Die Tote am Watt

Die Tote am Watt

Titel: Die Tote am Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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»Die Geschäfte gehen nicht besonders gut«, sagte er. »Ich kann es mir nicht leisten, einen Kunden zurückzuweisen.«
    »Auch nicht eine Kundin, die so unangenehm war wie Christa Kern«, insistierte Erik.
    Andresens Mundwinkel zuckten noch stärker, das überhebliche Lächeln, zu dem er sich zwingen wollte, misslang ihm gründlich. »Man soll ja über Tote nichts Schlechtes sagen«, begann er. »Aber sie war wirklich keine besonders nette Dame.«
    »Sie mussten sich auch von ihr schlecht behandeln lassen?«, fragte Erik und ließ einen bedeutungsvollen Blick durch den Laden wandern. »Weil Sie auf jeden Kunden angewiesen sind? Was hat sie denn von Ihnen verlangt?«
    »Mal dies, mal das.«
    Sören wurde ungeduldig. »Geht’s auch ein bisschen genauer?«
    »Nun … manchmal kam ich eine halbe Stunde früher als vereinbart, dann verlangte sie von mir, noch einmal zurückzufahren und pünktlich wiederzukommen. Wenn ich zu spät kam – und waren es auch nur ein paar Minuten –, nahm sie manchmal die Lieferung nicht ab und ich musste unverrichteter Dinge nach Westerland zurück. Aber es war möglich, dass sie dann eine Stunde später anrief und sagte, sie hätte es sich anders überlegt. Dann musste ich wieder nach Kampen aufbrechen und ihr die Ware bringen.« Er stieß ein Lachen aus, das wie ein Ächzen klang. »Und das alles für ein einziges Forellenfilet oder ein paar Langusten.«
    Erik nickte, als hätte er vollstes Verständnis für Andresens Erregung. »Haben Sie Beobachtungen gemacht, die uns weiterhelfen können? Glauben Sie, dass Christa Kern Feinde hatte?«
    »Ich weiß es nicht. Niemand mochte sie. Aber Beobachtungen habe ich keine gemacht.«
    »… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.« Eine weibliche Stimme war zu hören.
    Erik lächelte und nickte zu dem Perlenschnurvorhang. »Ihre Frau und Ihr Kind?«
    Andresen nickte. »Meine Frau kann nur noch selten im Laden helfen, seit unsere Tochter krank ist.«
    Hinter dem Vorhang wurde ein Stuhl gerückt, kurz darauf raschelten die Perlenschnüre. Eine blasse Frau – Erik schätzte sie auf Ende dreißig – stand im Laden. »Was habe ich gehört? Die Kern ist tot? Ermordet? Na, das musste ja mal so kommen.«
    Die Ladentür öffnete sich, die Glocke schepperte, eine ganze Familie in Wanderkleidung drängte in den kleinen Laden. »Ich will keinen Fisch«, schrie das Kind, das von seinem Vater auf dem Arm getragen wurde.
    »Wenn überhaupt, dann mit Pommes«, fielen die älteren Geschwister ein. »Gibt’s hier überhaupt Pommes?«
    Wolf Andresens Frau griff zwischen die Perlenschnüre und dehnte sie zu einer Öffnung. »Kommen Sie«, sagte sie zu Erik und Sören gewandt.
    Ihr Mann sah nicht so aus, als gefiele es ihm, dass die beiden Polizisten in seine Privatsphäre eindrangen, aber er hatte genug damit zu tun, den Kindern der Feriengäste die Pommes auszureden und sie von seinem Kartoffelsalat zu überzeugen.
    Erik und Sören betraten einen dämmrigen Raum, der Wohnzimmer und Küche zugleich war. Gegenüber dem Perlenschnurvorhang gab es zwei winzige Fenster und eine schmale Tür, die zum Garten hinausgingen und wenig Licht hereinließen. Ein Raum, der erfüllt war vom Warten und von einer Trostlosigkeit, die nach Fisch roch.
    »Ich heiße Ulla Andresen, und das ist meine Tochter Saskia.«
    »Mein Kollege Kretschmer«, stellte Erik vor, »und mein Name ist Wolf.«
    Er erschrak heftig, als sich das Kind, das die beiden Männer mit großen Augen betrachtet hatte, herumwarf und zu schreien begann – mit einer schrillen, kraftlosen Stimme, die dennoch durchdringender war als das Gebrüll der Kinder im Laden, die keinen Kartoffelsalat haben wollten. Entsetzt starrten Erik und Sören das Kind an, dessen Stimme immer dünner wurde und schließlich auf seinem Höhepunkt erstarrte. Verzweifelt ruderten die dünnen Arme, das Gesicht lief blau an, Erik griff sich an den Hals, als bedrängte ihn selbst die Atemnot … Dann hatte die Mutter das kleine Mädchen aufgerichtet, der erlösende Moment trat ein, in dem der Atem den schmalen Körper wieder verließ. Auch Erik atmete erleichtert aus, Sören gab einen erstickten Laut von sich.
    Das Kind barg sein Gesicht an der Brust der Mutter. »Wolf«, schluchzte es, »böser Wolf. Weg! Weg!«
    Ulla sah Erik an, als hätte er etwas Schreckliches getan. »Sie heißen wirklich Wolf?«
    »Böser Wolf! Böser Wolf!«, keuchte das Kind.
    Erik nickte hilflos. »Ja, aber …«
    »Dann gehen Sie besser. Ein

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