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Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Titel: Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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nützt. Es scheint eher so, als würde der Therapeut die Patientin in ihrem Trauma gefangen halten.«
    »Das kann sein.« Marianne nickte.
    »In eine andere Rolle zu schlüpfen ist eine hervorragende Möglichkeit, um mit seinem Inneren in Kontakt zu treten. Man muss sich mit der fremden Person identifizieren. Sich hingeben. Vielleicht sollte ich meiner
Patientin das vorschlagen? Rollenspiel zu therapeutischen Zwecken?« Kristian lachte.
    »Das wäre durchaus denkbar, aber um eine Empfehlung abzugeben, bin ich mit der Materie nicht vertraut genug.«
    »Allerdings ist es wahrscheinlich nicht ganz in Ordnung, wenn sich ein Arzt in seiner Freizeit mit Liverollenspielen beschäftigt. Asko und ich haben uns in unserer Jugend oft verkleidet. Sowohl hier bei meinem Vater auf dem Gut als auch in Marstrand. Die Orte sind dafür schließlich wie geschaffen. Ich glaube, es ist gut, wenn man der Wirklichkeit etwas Märchenhaftes verleiht. Das bringt einen auf andere Gedanken. In einer anderen Rolle erlaubst du dir auch, anders zu denken.«
    »Und vielleicht lernt man beim Rollenspiel wenigstens Frauen kennen …«
    »Womit wir wieder beim Thema wären.« Er hatte plötzlich einen verkniffenen Zug um den Mund.
    Marianne lächelte.
    »Du musst lernen, Leute an dich heranzulassen. Ihnen überhaupt eine Chance zu geben. Es ist ja nicht so, dass es an Gelegenheiten oder interessierten Frauen gemangelt hätte.«
    Er zuckte die Achseln.
    »Glaubst du, es hätte Asko geholfen, ihnen zu begegnen?«, fragte er plötzlich.
    »Wem? Seiner Mutter und seinen Schwestern?«
    »Ja.«
    »Darüber habe ich viel nachgedacht, und normalerweise hätte ich es für eine gute Idee gehalten, aber nicht in Askos Fall. Du siehst ja, in welchem Zustand er ist.«
    »Ich habe sie getroffen. Hjördis Hedlund. Eine bösartige Alte, die behauptet, sich an nichts zu erinnern.«
    »Wie bitte? Du kennst sie? Was führst du im Schilde, Kristian? Und wie bist du überhaupt an sie rangekommen?«
    »Reiner Zufall.«
    »Zufall? Das glaube ich kaum.« Marianne hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt, saß nun ganz vorne auf der Kante ihres Korbstuhls und kümmerte sich nicht darum, dass ihr die Wolldecke von den Schultern geglitten war. »Kristian. Das ist jetzt wichtig. Du darfst ihn auf keinen Fall mit so etwas konfrontieren.« Sie sprach langsam und sah ihm dabei in die Augen.
    »Glaubst du denn nicht …«, begann Kristian.
    »Nein«, fiel ihm Marianne ins Wort. »Asko ist in einem furchtbaren Zustand, und ich mache mir wirklich Sorgen um ihn. Wir dürfen seine mentale Gesundheit unter keinen Umständen aufs Spiel setzen.«
    »Natürlich nicht.« Er setzte sich noch gerader hin. »Er ist schließlich mein bester Freund. Fast so etwas wie ein Bruder.«
    »Wo ist sie?«, fragte Marianne.
    »Im Altenheim Björndalsgården. Ich wurde mit der Bezirkskrankenschwester gerufen und habe wirklich erst kapiert, dass es sich um Askos Mutter handelte, als ich das Haus wiedererkannte. Unten im Keller habe ich ein Gefühl erlebt, dass ich kaum beschreiben kann. Es war der Horror, Marianne.«
    »Hast du mit ihr gesprochen? Hast du ihr gesagt, dass du Asko kennst?«
    »Ich habe gesagt, dass ich von ihrem Sohn weiß …«
    »Und was hat sie erwidert?«
    »Sie hat es geleugnet und forderte mich auf zu gehen.«
    »Du hörst es ja selbst. Eine Begegnung mit ihr ist das Letzte, was Asko nach all dem gebrauchen kann.
Ich werde dafür sorgen, dass er sich sicher fühlt. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wozu ich fähig wäre, wenn ich sie in die Finger bekäme.«
    Sie stand so hastig auf, dass der Korbstuhl umfiel, und entfernte sich mit schnellen Schritten.
     
    Es war fünf Minuten vor zwei an einem Montagnachmittag, und Tomas und Sara saßen im Büro der Krankenversicherung in Kungälv.
    »Möchtest du, dass ich dich begleite?«, hatte Tomas am Abend zuvor gefragt. Sara kam sich lächerlich vor, weil der Termin sie so beunruhigte, aber dann rief sie sich ins Gedächtnis, wie es beim letzten Mal gelaufen war und wie mies sie sich danach gefühlt hatte. Angesichts dieser Erinnerung hatte sie zu Tomas gesagt, sie würde sich freuen, wenn er mitkäme. Nun warteten sie auf die Sachbearbeiterin. Tomas nahm ihre Hand.
    »Das wird schon«, sagte er. Sie hoffte, er hätte recht, machte sich aber keine große Hoffnung mehr, sondern spürte nur, wie sich die Nervosität in ihrem Körper ausbreitete und ihr Puls von Minute zu Minute stieg.
    Weiteratmen, dachte sie. Tiefe, lange Atemzüge. Sie atmete

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