Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
vereinbart man einen Termin mit dem jeweiligen Sammlungsleiter. Im Fall des Schwertes müsste man also mit Harald reden.«
Carsten nickte.
Carsten und Börje waren gemeinsam die Sicherheits- und Alarmanlage durchgegangen und machten sich wieder auf den Weg zu Karin und Harald.
Karin hatte gerade ein Paar weiße Handschuhe übergestreift und nach dem Schwert gegriffen, das Harald ihr reichte.
»Das verschwundene Schwert ist diesem hier ziemlich ähnlich«, sagte er bekümmert.
Ein ganz besonderes Gefühl erfüllte sie. Es war großartig und unheimlich zugleich. Genauso hatte vor langer Zeit der Henker dagestanden und denselben Gegenstand in den Händen gehalten wie sie jetzt. Vorsichtig gab sie Harald das Schwert zurück. Er nahm es behutsam entgegen, verstaute es wieder in der Stoffhülle und legte es zurück an seinen Platz zwischen einer Armbrust und einem Offiziersschwert. Karin zog die weißen Handschuhe aus.
»Dann sind wir hier vorerst fertig«, sagte Carsten zu Karin und Harald. »Tja, Harald, ist dir denn einer der Besucher in besonderer Erinnerung geblieben?«
Harald dachte nach. »Wenn man mit Waffen zu tun hat, tauchen immer wieder Menschen mit ungesundem Interesse daran auf, aber dieser Typus konzentriert sich meist auf Sachen aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Mehrere dieser Personen haben hier mittlerweile keinen Zutritt mehr, und im Hinblick auf das Henkersschwert und ähnliche Dinge hatte ich hauptsächlich Besuch von Sammlern und Historikern. Alle, die von mir empfangen wurden, sind registriert worden, du darfst dir gerne unser Archiv ansehen. Ich werde auch meine eigenen Notizen noch einmal durchgehen, aber aus dem Stegreif fällt mir kein auffälliger Besucher ein, und es handelt sich auch nicht um besonders viele Menschen.«
»Falls die Möglichkeit bestünde, jetzt sofort mit Maja zu sprechen, die sich um alle Anfragen kümmert, wären wir äußerst dankbar.«
»Natürlich«, erwiderte Börje. »Das ist kein Problem. Folge mir.«
Karin bedankte sich bei Harald und reichte ihm ihre Visitenkarte. Dann steckte sie ihr Portemonnaie wieder ein und folgte Carsten und Börje. Sie betrachtete die vielen Kisten und dachte an die Gegenstände, die hier behutsam von Sammlungsmitarbeitern und Textilkonservatoren umsorgt wurden, damit auch kommende Generationen sie sehen konnten. Sie drehte sich zu Harald um, weil sie ihm genau diesen Gedanken mitteilen und ihm zeigen wollte, dass sie die Faszination verstand, die von diesen alten Dingen ausging. Harald stand bedächtig da und sah sie an.
»Ist dir noch etwas eingefallen, Harald?«, fragte Karin.
»Äh … nein, ich war mit meinen Gedanken nur gerade ganz woanders.«
»Es muss phantastisch sein, mit diesen Sachen zu arbeiten. Vielleicht darf ich noch einmal wiederkommen, um mir alles in Ruhe anzusehen? Rein privat, meine ich.«
»Sehr gern. Du hast ja meine Nummer.« Er winkte ihr zum Abschied und ging in die Halle nebenan. Karin folgte Carsten und Börje mit dem Gefühl, etwas übersehen zu haben.
Maja trug eine Brille mit einem blauen Gestell, das von selbst zu leuchten schien. Ihr dunkles Haar war kurzgeschnitten, und auf ihrem Schreibtisch herrschte militärische Ordnung. Carsten musste den Empfang des Besucherverzeichnisses quittieren und unterschreiben, dass sie Dokumente des Stadtmuseums mitnahmen. Es war geradezu erheiternd, dass sich ausgerechnet die Polizei so strengen Sicherheitsmaßnahmen unterwerfen musste, obwohl sie gekommen war, weil das Museum ein Schwert verloren hatte.
Maja verschwand und kehrte mit sechs prall gefüllten Ordnern und einem schwarzen Besucherverzeichnis zurück. Rasch erklärte sie ihnen, wie die Register aufgebaut waren. Anschließend legte sie alles in einen Pappkarton und überreichte ihn Carsten.
»Tja.« Karin bog nach rechts ab und fuhr auf die Älvborgsbron. »Wer hat das Vergnügen, das alles durchzugehen?«
»Darüber denke ich gerade nach. Eigentlich ist das nicht unser Bier, aber falls es mit unseren Ermittlungen zu tun hat, sollten wir überprüfen, ob wir darin Anhaltspunkte entdecken.«
»Wer um alles in der Welt macht sich die Mühe, ein Henkersschwert zu stehlen, um jemanden zu ermorden?«
»
Falls
es überhaupt die Mordwaffe ist, Karin. Und wie hat er …«
»Oder sie …«
»Gut, okay. Wie hat er oder sie das Schwert aus dem Magazin des Stadtmuseums herausgeschmuggelt? Es wurdekein Alarm ausgelöst, und keine der Türen weist Schäden auf. So ein Schwert steckt man sich
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