Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
und die Frage, wie man seine innere Kraft entfaltete. Robban gestand sich widerwillig ein, dass er vieles bereits von Sofias Kursbericht aus Glastonbury wusste.
»Die Sache ist verzwickter, als ich dachte«, sagte Hektor zufrieden. »Wenn die Leute sich ein bisschen anstrengen, macht es viel mehr Spaß. Hier scheinen jedenfalls mehrere der Benutzernamen von eurer Liste aufzutauchen.« Hektor zeigte auf den hellgrünen Text neben einem glitzernden Kristall. »›Willkommen in unserem geistigen Zentrum in Göteborg. Hier beginnt deine Reise. Wer weiß, wo sie endet …‹«
Robban wurde eiskalt. Dort ging Sofia zum Yoga.
11
Gut Nygård, Vargön, Herbst 1971,
Grab der Familie Bagge
Das Auto hielt an, und der Chauffeur machte die Tür auf. Kristian und Asko stiegen aus und sogen die Landluft ein.
»Herrlich, wieder hier zu sein«, sagte Kristian. Asko nickte.
»Ja, es ist schon eine Weile her.«
Die Eingangstür wurde geöffnet, und Torsten kam heraus. Er stützte sich auf seinen Stock. »Da seid ihr ja. Willkommen.«
»Hallo, Papa.« Kristian wirkte plötzlich angespannt.
»Wirklich schön, dich wiederzusehen, Asko.« Torsten legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Freut mich auch, Torsten«, sagte Asko.
Sie aßen im großen Salon zu Mittag. In die vier Ecken der Decke waren in einem schönen Dunkelblau die Initialen von Kristian und seiner Familie gemalt. Zwei Namen kannte er nicht, vielleicht waren es die von Kristians Mutter und seiner Schwester. Asko wagte nicht zu fragen. Die schweren Vorhänge passten farblich zu den Buchstaben. Die goldgelben Kordeln waren so an dem dunkelblauen Stoff festgenäht, dass sie an den Zinnenkranz eines Burgfrieds erinnerten.
»Ein wenig körperliche Arbeit kann nicht schaden, wenn man seine Nase so oft in Bücher steckt wie ihr«, sagte Torsten, der am anderen Ende der langen Tafel saß. Asko und Kristian blickten auf und warteten auf die
Fortsetzung, die tatsächlich nicht lange auf sich warten ließ.
»Ihr könnt entweder den Friedhof in Ordnung bringen«, er zupfte an seinem Schnurrbart und setzte eine Denkermiene auf, »oder den Dachboden aufräumen.« Dann murmelte er sich in den Bart: »Da oben steht zweihundert Jahre alter Krempel herum.« Er nahm den Rest Soße mit einem Stück Brot auf und legte das Silberbesteck auf den Teller. »Na? Wofür habt ihr euch entschieden?«
Asko und Kristian sahen sich an und blickten dann nach draußen in die schöne Herbstlandschaft.
»Friedhof.«
Als sie nach dem Mittagessen auf den weißen Gartenstühlen Kaffee tranken, sah Asko sich um. Er und Kristian hatten über das Schicksal und die Frage diskutiert, wie viel im Leben vorherbestimmt sein mochte. Hier waren ihre Meinungen auseinandergegangen. Asko behauptete, man könne sein Leben selbst gestalten und in jedem Augenblick eine freie Entscheidung treffen, während Kristian der Ansicht war, vieles wäre vorherbestimmt. Er sprach über das Blut, das in seinen Adern floss, und zeigte auf die Häuser, die seine Vorfahren vor mehr als zweihundert Jahren erbaut hatten. Natürlich hatte man eine stärkere Verbindung zu seinen früheren Familienmitgliedern, wenn man den Ort übernahm, den sie einst ausgewählt und zu dem sie den Grundstein gelegt hatten. Nygård verfügte sogar über einen eigenen Friedhof, auf dem nur das Geschlecht der Bagges beigesetzt werden durfte.
Nach dem Mittagessen waren sie zu der von einer Mauer umgebenen Grabstelle gegangen, die sich vierhundert Meter vom Wohnhaus entfernt befand. Torsten ging ihnen hinterher. Er zeigte auf das Denkmal, das ein
Stück entfernt am Weg stand. »Begleitet ihr mich auf einen Spaziergang, bevor ihr anfangt?«
»Klar«, erwiderte Asko. Kristian lehnte die Harke an die Friedhofsmauer. Die Sonne schien ihnen auf die Köpfe, als sie über einen Kiesweg zu dem steinernen Denkmal gingen.
Torsten zeigte auf die Umgebung. »Ich weiß nicht, ob es mit meinem Alter zusammenhängt, aber ich finde, das ist ein merkwürdiger Ort.«
»Wie meinst du das?«, fragte Asko.
»Das Torstenssondenkmal hier wurde Harald Torstensson zu Ehren errichtet, ein erfolgreicher und ziemlich angesehener Kriegsherr, der zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts auf Forstena geboren wurde, dem Hof nebenan.
Von Forstena wurde nach und nach ein Stück abgespalten – Nygård, der neue Hof. Diese Erde hier wurde schon lange vor uns von unseren Vorfahren bestellt, und unser eigener Gammelgård wurde zwei Mal von den Dänen niedergebrannt. Manchmal, wenn ich die
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