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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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ihr Vater? Ausgerechnet … Ich sollte einfach auflegen.« Er tat es nicht.
    »Ich weiß es nicht sicher, aber jemand im Veteranenverein meinte, er könne es sein. Es tut mir wirklich leid.« Ich schluckte.
    »Ich habe mich immer gewundert«, sagte Rod. »Ich habe mich immer gewundert, weshalb er Asiatinnen auf der Straße so nachgesehen hat, vor meiner Mutter, als wäre sie gar nicht da.«
    »Es tut mir leid«, wiederholte ich.
    Eine weitere Pause folgte, dann gab mir Rod seine Faxnummer. »Faxen Sie mir diesen Brief. Ich fahre heute abend noch vorbei.«
    »Würden Sie das tun?«
    »Aber falls irgend jemand Anspruch auf sein Erbe erhebt, da besteht keine Chance. Er hat nichts, und in seinem Testament berücksichtigt er nur mich und Marshall …«
    »Niemand möchte hier irgend etwas anfechten«, sagte ich. »Unter Umständen hat Setsuko ihn erpreßt. Nach allem, was ich über sie weiß, würde mich das nicht überraschen. Ihr Vater könnte eine Art Opfer gewesen sein …«
    »Behandeln Sie mich nicht so von oben herab, okay? Faxen Sie mir diesen verdammten Brief, und ich sage Ihnen, was ich davon halte.«
     
    Ich vergrub das Gesicht in den Händen. Ich hatte alles vermasselt. Roderick Evans war stinksauer, verletzt und wütend. Er wäre niemals so gerissen gewesen, nach Japan zu fliegen und Setsuko umzubringen. Ich war nicht sehr viel weitergekommen.
    Ich nahm noch einmal das Telefon und wählte die Nummer des St. Luke’s, die ich mittlerweile auswendig wußte.
    »Zimmer vier-dreiundzwanzig, bitte.«
    »Das Zimmer ist nicht belegt«, sagte mir die Vermittlung.
    »Hat Mr. Glendinning wieder ein neues Zimmer? Hier spricht Rei Shimura.«
    »Ah, die Cousine von Shimura -sensei !Wissen Sie nicht, daß Mr. Glendinning nicht mehr hier ist? Er hat gegen den ärztlichen Rat das Krankenhaus verlassen, und zwar in Begleitung.«
    »In Begleitung?« Ich bekam Panik, als ich daran dachte, wie gefährlich Yamamoto geworden war.
    »Ja. Er ist heute frühmorgens mit einer Frau weggegangen«, vertraute mir die Telefonistin an. »Die Oberschwester war fürchterlich wütend. Diese Frau muß ihm die Treppe hinunter und nach draußen geholfen haben. Da war es schon zu spät, um noch etwas zu unternehmen.«
    »War die Frau Ausländerin oder Japanerin?«
    »Gaijin. Shimura -sensei ist sie häufig während der Besuchszeit aufgefallen. Eine blonde Frau in einem langen schwarzweißen Kleid und einem Pelzmantel.«
    »Vielen Dank«, sagte ich und wollte auflegen.
    »Gern geschehen, Shimura-san. Ihr Cousin möchte wissen, ob Sie heute vorbeikommen. Er hat nachmittags Dienst und würde Sie gerne sehen.«
    »Sagen Sie ihm, daß ich es versuchen werde.« Wenn ich weiterhin der Familie Shimura angehören wollte, mußte ich mich für meinen letzten Ausbruch ernsthaft entschuldigen.
    »Da jetzt keine Fotografen mehr draußen stehen, wird es
    angenehmer für Sie sein, herzukommen!« piepste die Telefonistin, und sogar ich mußte lachen.
     
    Auf dem Weg zum Lebensmittelgeschäft hielt ich die Augen nach etwaigen Verfolgern offen. Als ich es schließlich in den Laden geschafft hatte, sprach ich ein stilles Dankesgebet.
    »Ein schönes Bild haben wir heute.« Mr. Waka hielt die aufgeschlagene Yomiuri Shimbun hoch. Die Aufnahme vom Vorabend zeigte, wie mir Joe Roncolotta ins Taxi half.
    »Rei no ka rei sa«, sagte Mr. Waka. Es war ein neues Wortspiel mit den vielen Bedeutungen meines Namens – diesmal hieß es soviel wie Reis Schönheit.
    »Zweifellos der Versuch einer Satire. Was steht in dem Artikel?« Ich suchte in meiner Tasche nach Kleingeld, um den Umschlag und den Brief zu fotokopieren.
    »Nun, hier steht, daß Sie ein sehr abenteuerlustiges Mädchen sind. Sie hatten gestern einen Unfall am Bahnhof? Bitte seien Sie vorsichtiger. Es wird auch viel über Ihren Begleiter geredet, Mr. Roncolotta, den älteren Geschäftsmann aus Tokio. Der Journalist glaubt, er hat Ihnen das Kleid, das Sie anhatten, gekauft, weil sich eine Lehrerin so etwas niemals leisten könnte. Mr. Roncolottas verstorbene japanische Ehefrau wird erwähnt, und die diversen Damen, die er seither gekannt hat – er ist zweiundsechzig Jahre alt! Ehrlich gesagt, ich halte das für keine gute Idee!«
    »Das ist völlig harmlos«, beruhigte ich ihn, aber er sah nicht glücklicher aus.
    »Und was ist mit dem armen Mr. Glendinning, der allein im Krankenhaus liegt? Die öffentliche Meinung ist zu seinen Gunsten umgeschlagen. Jetzt, wo Sie mit so vielen Männern ausgehen, haben die

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