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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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dich nicht.« Piers Clancys Augen ruhten eine halbe Sekunde auf mir, bevor er den Blick abwandte, als hätte er etwas Scheußliches gesehen. »Hast du vor, Ota zu behalten?«
    Als Hugh nickte, sagte Piers: »Du solltest Ichikawa in Betracht ziehen. Er hat damals Raymond bei der Anzeige wegen Notzucht freigekriegt. Er ist großartig.«
    »Ich bin nicht halb so schlimm dran wie Raymond. Immerhin war ich es ja nicht«, gab Hugh zurück.
    Von allen Seiten waren nun Beteuerungen wie: »Vergiß es, wir wissen, daß du sauber bist!« und »Deine Freunde halten zu dir, Shug!« zu hören, die verstummten, als Piers seinen Burberry holte und sich verabschiedete.
    »Er hat sicher zu arbeiten.« Ich versuchte, das Ganze positiv zu sehen.
    »Es war nett, Hugh, aber ich muß los.« Ein schlaksiger Engländer klopfte Hugh auf die Schulter. Einem anderen Freund fiel plötzlich ein, daß er in der Wohnung einen Anruf aus dem Büro in London entgegennehmen mußte, und die Australier brachen auf, um ein paar Models im Motown zu treffen.
    »Mit dem Bein hast du bestimmt keine Lust zu tanzen«, sagte einer von ihnen, bevor er ging.
    »Danke.« Hugh sah auf die Uhr. »Es hat also genau fünf Minuten gedauert, um praktisch als Paria eingestuft zu werden.«
    »Warum sagen alle Shug?« fragte ich.
    »Das ist nur ein Spitzname für Hugh. Ein schottischer Ausdruck, den du nicht verstehen würdest.«
    »Stimmt, sprachlich bin ich überhaupt nicht begabt. Warum hast du mich hierhergebracht? Hier geht es ja zu wie am Hauptbahnhof.«
    »Ich wollte nicht mit dir allein sein.« Hugh blickte an mir vorbei und betrachtete den Verkehr durch das Fenster. »Beim letzten Mal gab es doch diese Komplikationen. Ich entschuldige mich, daß ich die Beherrschung verloren habe.«
    Kozo kam wieder. Hugh bestellte sich ein Tennent’s Lager, während ich in Anbetracht meines leeren Magens beim Perrier blieb.
    »Wo war ich stehengeblieben?« fragte Hugh, als Kozo wieder weg war.
    »Du hast gesagt, daß du dich nicht mehr für mich interessierst.« Ich starrte ihn an und hoffte, er würde das abstreiten.
    »Du wirst nichts mehr mit mir zu tun haben wollen, wenn du die Wahrheit kennst. Das garantiere ich dir.«
    »Die Wahrheit? Du meinst, was du mir in Shiroyama sagen wolltest?« Als er nickte, sagte ich: »Versuch’s.«
    »Na gut, also los. Erinnerst du dich noch an den Artikel in der Japan Times über amerikanische Geschäftsmänner in Japan, die japanische Geschäftsleute für besondere Informationen bezahlen?«
    »Die Industriespione.« Ich erinnerte mich. »Es hat sich herausgestellt, daß die CIA dahintersteckt. Wenn ich solche Geschichten höre, schäme ich mich, einen amerikanischen Paß zu haben.«
    »Genau. Einige europäische Länder fanden die Idee ganz vernünftig; damit konnten sie ihre Ausgangsposition für potentielle Handelsbeziehungen verbessern. Also habe ich – na ja, du kannst es dir ja vorstellen.«
    Die Vorstellung, daß dieser Mann, der kein Japanisch sprach und kaum mit Eßstäbchen umgehen konnte, herumschlich, um an Firmengeheimnisse zu kommen, war einfach grotesk. Ich fing an zu lachen, eine Reaktion, die ihm gar nicht gefiel.
    »Verdammt noch mal, Rei, verstehst du nicht, was das bedeutet? Wenn Okuhara nur genügend ausgräbt, dann bin ich schneller aus diesem Land draußen als mit der U-Bahn von Roppongi in Hiroo.«
    »Aber was hat das mit Setsuko zu tun?« Ich bemühte mich, wieder ernst zu sein.
    »Sie war eine meiner Quellen.« Ich hatte das Gefühl, er hätte mir einen Schlag in die Magengrube versetzt. Ich konnte ihn nicht mehr ansehen, sondern starrte nur auf mein Mineralwasser und sah zu, wie die Blasen zerplatzten. »Weißt du noch, wie du mir vorgeworfen hast, daß ich ihr Geschenke gemacht habe? Das war eigentlich gar nicht ich. Es war ein international tätiger staatlicher Konzern.«
    »Oh, das macht die Sache natürlich viel besser! Du kommst in dieses Land und streckst die rechte Hand aus, um bezahlt zu werden. Und währenddessen stiehlst du mit der linken!«
    »Ich glaube nicht, daß es so unrecht ist, was ich mache.« Er hob eine Augenbraue. Nie mehr wieder würde ich das reizvoll finden. »Hast du eine Ahnung, wie hoch das jährliche Handelsdefizit in deinem Heimatland ist? Über fünfzig Milliarden im Jahr. Meine Arbeit treibt nur den freien Handel voran.«
    »Das Handelsungleichgewicht wird nicht deshalb größer, weil die Japaner so skrupellos sind, sondern weil der US-Dollar stärker wird! Gib es doch zu! Was du

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