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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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tust, ist nicht ehrlich.«
    »Du und deine Ehrlichkeit. Du mußtest ja auch ganz schnell Okuhara anrufen, ohne vorher mit mir zu sprechen!« Hughs Wut brach nun doch aus ihm heraus.
    »Ich kann halbe Wahrheiten nicht ausstehen. Ich habe Okuhara angerufen, weil ich versuchen wollte, die Teile zusammenzusetzen. Wenn Informationen zurückgehalten werden, kann man das nicht.«
    »Wenn sich Setsuko nur zurückgehalten hätte.« Hugh starrte in die goldene Flüssigkeit in seinem Glas. »Sie hatte kein Problem damit, die Telefongespräche ihres Mannes zu belauschen. Es hat ihr Spaß gemacht, weil sie ihn gehaßt hat.«
    »Und weil sie dich wollte«, sagte ich. Mir war schmerzlich bewußt geworden, wie einen das Begehren dazu bringen konnte, sehr dumme Dinge zu tun.
    »Ich habe ihr schon ein bißchen gefallen. Wahrscheinlich habe ich das ausgenutzt.«
    »Wie du es mit uns allen tust, nehme ich an.«
    »Möchtest du mein Herz aufgeschnitten zu den Getränken serviert bekommen? Ich habe es satt, mit dir zu flirten.« Hugh erhob sich, aber ich wollte vor ihm draußen sein.
    »Danke, daß du mich daran erinnert hast. Dann gehe ich wohl besser.« Ich bedeutete Kozo, die Rechnung zu bringen.
    »Du willst es so beenden?« Hugh zuckte zusammen, als sein linker Fuß den Boden berührte.
    »Was beenden?«
    »Du fährst mich nach Hause«, sagte er. »Das kannst du wenigstens noch für mich tun. Ich kann nicht laufen und habe etwas getrunken, und Roppongi Hills ist nur fünf Minuten von hier entfernt.«
    »Hast du noch nie etwas von Taxis gehört? Dein Freund Kozo kann dir bestimmt eines rufen, und wenn du kein Geld hast, kann ich dir etwas leihen.«
    »Ich stehe im Parkverbot. Wenn ich das Auto über Nacht dort lasse, ist es morgen abgeschleppt.«
    »Ich darf in Japan nicht fahren!« Ich hatte zwar einen internationalen Führerschein, aber er war abgelaufen. Außerdem war ich noch nie im Linksverkehr gefahren, schon gleich gar nicht in Tokio. Ich versuchte, Hugh das alles begreiflich zu machen, aber er winkte nur ab.
    »Du bist nüchtern, hast die richtige Hautfarbe, dich halten sie in hundert Jahren nicht an! Rei, und wenn es das letzte ist, was du für mich tust, bitte bring mich nach Hause.«
    Ich mußte auf der linken Seite bleiben, das wiederholte ich immer wieder wie ein Mantra. Wie ein ängstlicher Zombie fuhr ich die Roppongi Dori entlang, doch sobald wir in einer ruhigeren Nebenstraße waren, entspannte ich mich. Das Auto war nicht schwierig zu fahren. Es hatte sogar einen Sensor, der summte, wenn man zu nahe an etwas heranfuhr. Mit so einem System konnte es mir gar nicht passieren, daß ich etwas rammte.
    Als ich mir überlegte, wie es wohl wäre, mit dem Windom auf der Autobahn zu fahren, ragten die Zwillingstürme von Hughs Wohnhaus auf wie eine sterile Monsterkolonie. Hugh dirigierte mich am Haupteingang von Roppongi Hills vorbei. Ich bog um eine Ecke und fuhr direkt in die Tiefgarage. Ich parkte an dem mit seinem Namen bezeichneten Platz. Ziemlich nobel, mit den Acuras und Mercedes, die auf den benachbarten Parkplätzen standen.
    »Soll ich nicht absperren?« fragte ich, nachdem ich seine Kleidertasche und den Laptop vom Rücksitz geholt hatte.
    »Das ist eines der billigeren Autos in der Garage. Niemand, der auch nur halbwegs bei Verstand ist, käme auf die Idee, es anzurühren.« Hugh humpelte in Richtung Aufzug, und ich nahm sein Gepäck und folgte ihm. Ich kam mir vor wie sein Packesel.
    Mit einem elektronischen Piepsen öffneten sich die Aufzugtüren im zweiundzwanzigsten Stockwerk auf einen Korridor, der mit einem cremefarbenen Wollteppich ausgelegt war. Ich warf einen Blick auf die verspiegelte Wand und runzelte die Stirn, als ich meine zerzauste, mitgenommene Erscheinung sah.
    »Ich weiß, hier sieht es aus wie in den siebziger Jahren, lächerlich«, sagte Hugh, als wäre mein unglückliches Gesicht eine Reaktion auf die Ausstattung. »In der Wohnung sieht es genauso aus. Sie war fast vollständig möbliert, also gib mir nicht die Schuld daran.«
    Entspannt machte ich mich also auf etwas ziemlich Erbärmliches gefaßt. Die geöffnete Tür gab den Blick auf einen gekachelten Eingangsbereich frei, in dem große, teuer gerahmte Poster von völlig verdreckten Rugbyspielern hingen, die sich fest umklammert hielten.
    »Du bist ja ein richtiger Kerl!« Ich war platt.
    »Ich dachte, ich hätte alle Lichter ausgeschaltet, bevor ich in Urlaub gefahren bin. Die Stromrechnung wird mörderisch«, stöhnte Hugh, als ich die

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