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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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Schuldgefühle verpflichtet fühlst, oder weil wir einmal eine Nacht zusammen verbracht haben.«
    »Sprich nicht so mit mir!« Ich hatte mich also nicht über den kalten, distanzierten Stil des Faxes getäuscht. Ein verkrampftes Schweigen senkte sich über uns, das erst gebrochen wurde, als Hugh ein Taschentuch aus dem Handschuhfach nahm und es mir reichte.
    »Du bist keine Träne wert.« Ich knüllte es zusammen und warf es ihm zurück.
    »Danke, aber dein Eis tropft trotzdem auf meinen Autositz.«
    Ich hatte den Batzen Erdbeereis, der mir hinuntergetropft war, nicht bemerkt. Ich wischte ihn hastig auf.
    »Was steht denn nun in dem Adreßbuch?« Er versuchte es wieder.
    »Namen. Ich überprüfe die wichtigen Leute.«
    »Und weshalb solltest du das besser können als mein Rechtsanwalt?«
    »Weil ich ständig auf die Leute stoße. Ich habe sogar schon ihre Nichte Mariko in meiner Obhut.«
    »Was! Wie alt ist das Kind?« Hugh bremste scharf, um nicht auf einen Minibus aufzufahren.
    »Vierundzwanzig. Sie wohnt im Moment bei mir, falls ich dir beweisen soll, daß es sie wirklich gibt …«
    »Ich glaube dir«, sagte er mürrisch. »Erzähl weiter.«
    Ich berichtete, was ich über Setsukos einfache Herkunft und ihre wenigen noch lebenden Verwandten erfahren hatte. Als ich zu dem Überfall auf Mariko kam, schnalzte er mißbilligend mit der Zunge.
    »Ist sie denn wirklich in Sicherheit bei dir? In dem Haus, in dem du wohnst, gibt es keinen Pförtner, geschweige denn irgendeine Art von Sicherheitssystem.«
    »Bist du oben gewesen?« Es hätte mich nicht überrascht, wenn Mariko und Richard ihm die Tür geöffnet hätten. Dummerweise hatte ich die Wohnung so unordentlich hinterlassen.
    »Nein. Ich habe gerufen, und sie haben mir geantwortet, du seist ausgegangen. Sie haben gesagt, ich solle hochkommen, aber ich kann keine Treppen steigen. Deshalb habe ich beschlossen, in meinem bequemen Auto zu warten.«
    Hugh fuhr langsamer, als er den Expressway Richtung Roppongi Crossing verließ, das Zentrum des Nachtlebens. Dreimal mußte die Ampel umschalten, bis wir es über die Kreuzung schafften, die vollgestopft mit Luxusmotorrädern und Taxis war, aber wenigstens konnte ich die Menschen betrachten: die dramatische Wiedervereinigung eines ledergekleideten Pärchens, junge Mädchen auf dem Weg in die Diskothek, Straßenhändler in Smoking und Minirock, nicht immer entsprechend dem Geschlecht. Beim Roi Building bog Hugh nach links ab und fuhr einen steilen Hügel hinunter. Im Halteverbot vor einem Friedhof blieb er stehen.
    »Könntest du mir beim Aussteigen behilflich sein?« bat er und zog die Krücken von der Rückbank hervor. »Mein kleines Lieblingslokal ist gleich dort drüben.« Er zeigte auf einen Kellerpub mit dem Union Jack davor.
    Während wir darauf zuhumpelten, eilte uns ein japanischer Türsteher zu Hilfe, der gekleidet war wie ein Rugbyspieler. »Hugh-san, Hugh-san! Endlich sind Sie wieder da, aber Sie sind verletzt …«
    »Nichts Schlimmes, Kozo«, sagte Hugh, als der starke junge Mann übernahm.
    »Abunai, Hugh-san. Bitte Sie seien Sicherheit …« Kozo bemühte sich, Stühle für einen winzigen Tisch in der Ecke des dunklen, verrauchten Raums zu finden, in dem lauter rotgesichtige Ausländer vornehmlich mittleren Alters saßen.
    »Hugh-san wird es bequem haben, denke ich«, sagte der Kellner und legte Hughs Bein auf einen weiteren Stuhl.
    »Danke, Kozo«, sagte Hugh, und als ich mich endlich aus meinem Mantel befreit hatte, ertönten Stimmen aus allen Ecken und Enden des alten Britischen Empire.
    »Es ist Shug, er ist doch wieder da!«
    »Haben sie dir die Beine gebrochen, um ein Geständnis aus dir herauszubekommen?«
    »Das hätte ich mir denken können, daß du mit einer weiblichen Polizeieskorte auftauchst!«
    »Das war so ungefähr das einzig Vernünftige, was ich in den japanischen Alpen gefunden habe: jemanden, der englisch spricht«, brummte Hugh, als jeder seinen Kommentar abgegeben hatte. »Aber ich bin überrascht, euch an einem Samstag abend so früh hier zu sehen. Habt ihr nichts Besseres zu tun?«
    »Wir hatten so das Gefühl, daß etwas Interessantes passieren könnte. Ein Tip von einer guten Quelle«, antwortete ein Australier grinsend.
    »Piers.« Hugh hatte seine Aufmerksamkeit einem sehr blassen Mann in Anzug zugewandt, der auf uns zukam. »Exzellente Verhandlungsführung. Ich bin dir zu Dank verpflichtet.«
    »Bleib in der Stadt und halte dich von Schwierigkeiten fern, Hugh. Um mehr bitte ich

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