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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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anrufen!«
    »Das würdest du nicht tun.« Ich blieb ein paar Minuten auf hundertzehn und verlangsamte dann wieder, weil mich der Summer langsam wahnsinnig machte. Die eingebaute Überwachungsmaschine in dem Toyota funktionierte wirklich.
    »Du stellst dich gar nicht dumm an für jemanden, der noch nie links gefahren ist. Du bist nicht sonderlich oft auf den Seitenstreifen gefahren, und es war beeindruckend, wie du in der Stadt abgebogen bist«, lobte mich Hugh.
    »Danke.« Gegen meinen Willen freute ich mich doch.
    »Du solltest dir ein eigenes Auto kaufen«, fuhr er fort. »Jeder verkauft hier nach ein paar Jahren sein Auto, um keine Steuern zahlen zu müssen; du kannst sicher günstig einen Gebrauchtwagen bekommen. Es wird allerdings schwierig sein, in deinem Ghetto eine Parkgarage zu finden.«
    »Suchst du mir bitte was im Radio?« Der Gedanke, Tokio wegen Osaka verlassen zu müssen, belastete mich.
    Hugh stellte den Sender ein, mit dem ich jeden Morgen aufwachte.
    »Einen schönen Nachmittag, es ist zwei Uhr, sagt die singende Uhr von J-WAVE!« Ich sang zu dem blöden Trailer des Senders mit, auf den ein Hit von den Spice Girls folgte. Er wurde in ein altes Lieblingsstück von Echo and the Bunnymen übergeblendet, und Hugh begleitete es mit einem vollen Tenor. Irgendwie überraschte es mich nicht, daß er gut singen konnte. Was mich jedoch wirklich überraschte, war die Tatsache, daß er den Text von »Lips Like Sugar« ebensogut konnte wie ich.
    »Wie alt bist du noch mal?« fragte ich.
    »Zweiunddreißig. Uralt, weißt du nicht mehr? Das ist Musik aus den achtziger Jahren, dazu habe ich in Deutschland und in New York getanzt.«
    »Wir sind fünf Jahre auseinander.« Ein halbes Jahrzehnt.
    »Du bist gut in Mathe, warum unterrichtest du das nicht? Oder Musik. Deine Stimme gefällt mir.«
    Gemeinsam sangen wir noch ein Weilchen weiter. Hugh ahmte Robert Smith, den traurigen Leadsänger von The Cure nach, was mich so sehr zum Lachen brachte, daß ich die Ausfahrt Hayama verpaßte. Mir war es völlig unbegreiflich, wie ich so fröhlich sein konnte, wo ich doch kurz davor stand, ein Verbrechen zu begehen. Es stellte sich heraus, daß die Einfahrt von Hayama über die Mautstraße anders war als die Strecke, die ich mit Hikari im Taxi gefahren war. Nachdem ich eine Weile ziellos herumgerirrt war, gestand ich Hugh, daß ich keine Ahnung hatte, wie es weiterging.
    »Hikari hat gesagt, wir sollen Richtung Norden fahren.« Hugh zog wieder seine Karte heraus.
    »Hikari sagt viel, was ich ihr nicht glaube. Ich würde lieber bei einem Polizeiwachhäuschen halten und fragen.«
    »Spinnst du? Möchtest du unsere Namen und Gesichter wieder bei der Polizei registrieren lassen?«
    »Mich kennt niemand. Ich könnte hineingehen, während du dich versteckst. Wenn du dich ein bißchen anders hinsetzt … nein, nicht mit dem Kopf in meinen Schoß.« Ich schob ihn weg und fuhr weiter. Wo war das Meer? Um mich herum waren nur Hügel. Schließlich entdeckte ich den Laden, den ich noch in Erinnerung hatte.
    »Ich bleibe im Auto, damit ich dir dein Putzfrauenimage nicht verderbe.« Hugh sah aus wie eine riesige, in graues Flanell gekleidete Schnecke, die sich vor dem Beifahrersitz zusammengerollt hatte. Ich hätte gelacht, wäre es nicht so gefährlich gewesen.
    Wir gingen den Plan ein letztes Mal durch. Ich würde das Auto auf die Rückseite des Hauses fahren und mit den Putzutensilien aussteigen. Hugh sollte fünf Minuten warten, um sicherzugehen, daß niemand hinsah, dann das Auto irgendwo unauffällig parken und zu Fuß zurückkehren.
    Ein paar Hausfrauen aus der Nachbarschaft plauderten und fegten vor Nakamuras Haus Blätter von der Straße. Ich fuhr an ihnen vorbei und bog in die schmale Gasse ein, die hinter dem Block entlangführte. Ich parkte vor dem Gartentor Nakamuras.
    »Wenn wir hier ungeschoren davonkommen, bist du mir was schuldig«, sagte ich zum Abschied.
    »Ich habe dir bereits Geld angeboten.« Von seiner unbequemen Position aus blickte er hoch zu mir.
    »Das ist nicht das, was ich will.« Ich stieg aus und schlug die Tür zu.

22
    Als ich das Haus betrat, empfand ich zuallererst Dankbarkeit. Dankbarkeit, daß die Tür problemlos aufgegangen war, daß niemand zu Hause war und daß der Partyservice nach der tsuya so gut aufgeräumt hatte, daß mir nur noch wenig sauberzumachen blieb. Ich zog die Schuhe aus, ging durch das Erdgeschoß und stellte fest, daß ich nur auf die Küche ernsthaft Energie verwenden

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